Essen-Altenessen. Das KD 11/13 in Altenessen steht vor dem Aus. Einer der Mitbegründer fordert von der Stadt, den Betrieb weiter zu finanzieren. Seine Gründe.

Ein ehemaliger Pfarrer hatte sich vor mehr als fünf Jahren maßgeblich für die Gründung des Zentrums für Kooperation und Inklusion (KD 11/13) eingesetzt. Jetzt steht das Kulturzentrum in Altenessen vor dem Aus und jener Willi Overbeck ist empört darüber, dass die Stadt in Erwägung zieht, das Haus zu kaufen, um es dann abzureißen.

Seine Argumentation: „Den Bedarf bestreitet niemand.“ Das zivilgesellschaftliche Engagement werde jedoch nicht gewürdigt, viele Vereine hätten an der Karl-Denkhaus-Straße ein Zuhause, eine Zukunft. Overbeck: „Wie empathielos kann man sein, hier über einen Abriss zu diskutieren? Das ist eine Mentalität, da steckt mehr als Menschenverachtung drin.“

Zukunft des KD 11/13 auf der Tagesordnung der Ratssitzung

Die Stadtverwaltung sieht das nüchterner, schaut auf die Zahlen. In Planungsausschuss und Bezirksvertretung haben sich auch die Politiker über eine Vorlage gebeugt, die der Redaktion vorliegt, jedoch stets im nichtöffentlichen Teil diskutiert wird. Der Rat der Stadt soll am Mittwoch (30. August) einen Entschluss fassen.

In der Vorlage heißt es: „Den Verantwortlichen der KD 11/13 gGmbH und des Vereins KD 11/13 ist es leider nicht gelungen, Projekte im erforderlichen Maße zu akquirieren und Aktivitäten für den Stadtteil zu etablieren.“ Sollte sich kein anderer Käufer finden, würde die Stadt das Gebäude kaufen. Es bestehe jedoch kein Interesse an dem eigentlichen Gebäude oder am Weiterbetrieb des unwirtschaftlichen Konzepts. Der Ankauf würde daher den Abriss der Immobilie zur Folge haben. Nach dem Abriss könnte die Stadt das Grundstück dann wiederum vermarkten.

Altenessener Kulturzentrum: 250.000 Euro Defizit im Jahr

Dazu haben die Betreiber des Kulturzentrums jetzt Zahlen genannt: „Wenn wir so weitermachen, kommen wir auf ein Defizit von 250.000 Euro jährlich“, so Geschäftsführer Tuncer Kalayci. Bisher habe man noch alle Rechnungen bezahlen und keine Insolvenz anmelden müssen. Wenn die Stadt den Betrieb jedoch nicht bezuschusse, gingen Ende des Jahres die Lampen aus. Der Betrieb des Kulturzentrums koste jährlich 400.000 Euro. Die kompletten Einnahmen durch die Vermietung an verschiedene Vereine müsse man jedoch mittlerweile in die Instandhaltung des maroden Gebäudes investieren – etwa 150.000 Euro.

Bis zur Coronapandemie hätten Betriebs-, Personal- und Instandhaltungskosten immer gedeckt werden können. Als die Mieteinnahmen ausblieben und dann die Energiekrise ihre Auswirkungen zeigte, sei das nicht mehr möglich gewesen, so der Geschäftsführer. Das Kulturzentrum als Anlaufstelle für Vereine sei zudem durch die Großspende eines Einzelnen lange Zeit möglich gewesen. „Es war klar, dass das nicht ewig geht, deswegen muss die Stadt jetzt übernehmen“, so Overbeck, der sich dagegen ausspricht, dass ein Einzelner weiter für den Erhalt spendet: „Das können wir nicht erwarten.“ Man habe bewiesen, dass das Haus gebraucht werde, jetzt sei die Stadt am Zug.

Furcht vor Süd-Nord-Gefälle in Essen

Willi Overbeck: „Wir sind der Meinung, dieses Zentrum muss von der öffentlichen Hand, also der Stadt betrieben werden.“ Sein Sohn Till ist Projektleiter im KD 11/13 und wirft die Frage auf: „Warum sollen öffentliche Probleme privat durch bürgerschaftliches Engagement gelöst werden?“ Er wohne seit 45 Jahren in Altenessen und befürchtet, dass sich mit dem Wegfall des Kulturzentrums das Süd-Nord-Gefälle verstärkt und man langfristig im Stadtteil weitere Radikalisierungsprozesse befürchten müsse.

Das Zentrum für Kooperation und Inklusion in Altenessen steht vor der Pleite.
Das Zentrum für Kooperation und Inklusion in Altenessen steht vor der Pleite. © FUNKE Foto Services | Dirk A. Friedrich

Das KD 11/13 sei ein Ort für alle Altenessener, ein Ort für eine vielfältige Gesellschaft, sagt Tuncer Kalayci: „Hier wird in angemessenem Rahmen gestritten und diskutiert.“ Hunderte Menschen würden dort zudem Kunst- und Kreativangebote wahrnehmen, Deutsch und Yoga lernen. 13 Vereine sind Hauptmieter, darunter das Forum Russlanddeutsche, die Neue Arbeit der Diakonie und das Zukunft-Bildungswerk. Die Mietverträge laufen allesamt Ende des Jahres aus.

Die Vereine müssten sich demnach alle eine Bleibe suchen, sollte sich kein Käufer finden, der die Einrichtung weiter als Kulturzentrum betreibt – die Stadt verspricht Unterstützung. Kaufinteressenten gibt es allerdings schon jetzt, wenn auch keine festen Zusagen. Einige wollen nicht namentlich genannt werden, ein im Stadtteil bekannter Interessent ist ebenfalls Mieter im KD 11/13: Der Betreiber des Dein-Kult-Cafés, Eyyüphan Duy. Ein Gutachten, dass das KD 11/13 in Auftrag gegeben hatte, beziffert den Wert des Gebäudes mit 2600 Quadratmetern Nutzfläche, Innenhof, Saal und Gemeinschaftsgarten auf 1,8 Millionen Euro. Ob diese Summe tatsächlich gezahlt wird, ist fraglich: „Am Ende kriegt der Bestbietende den Zuschlag“, so Tuncer Kalayci. Im nächsten Schritt berät allerdings der Rat am Mittwoch, 30. August, über die Zukunft des Gebäudes.

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