Essen. Das Essener Huyssensstift hat Besuchern das Da-Vinci-OP-System gezeigt. Und klargestellt, dass nicht der Roboter operiert – sondern der Arzt.
Es sollte um Spitzentechnologie und künstliche Intelligenz gehen, doch bevor die Besucher und Besucherinnen im Essener Huyssensstift Bekanntschaft mit moderner Medizintechnik machten, nahm sie der Ärztliche Direktor, Prof. Dr. Andreas du Bois, mit auf eine Reise in die Gründungszeit des Krankenhauses.
Kliniken brauchen Leuchttürme – und müssen anderes aufgeben
Was durch großzügige Stifter im Jahr 1854 als Rundumversorger mit zunächst 36 Betten begann, habe sich bis heute zu einem hochspezialisierten Klinikverbund mit drei Standorten entwickelt: die Evangelischen Kliniken Essen-Mitte (KEM). Dank der freigemeinnützigen Trägerschaft gelte noch immer: „Wir müssen anders als Krankenhäuser, die von Investoren betrieben werden, keinen Gewinn machen“, sagt du Bois und ergänzt: „Aber wir müssen jeden Euro verdienen.“
Das gelinge nur, in dem man in einigen Fachbereichen „Leuchttürme aufbaut“ – und auf anderes ganz verzichte. So haben die KEM vor langer Zeit ihre Geburtsstation aufgegeben, beherbergen aber zum Beispiel das größte Brustkrebszentrum Deutschlands. Auch in anderen Disziplinen liege man regional oder gar international vorn und sei mit diesem Zuschnitt auf die geplante Krankenhausreform gut vorbereitet.
Weniger Strahlendosis bei der Computertomographie
Die ein Dutzend Besucher, die auf unsere Einladung an dem besonderen Krankenhausbesuch teilnehmen, fragen kundig nach Fallzahlen und Zimmergrößen, nach Verpflegung und Wartezeiten. Du Bois freut sich über das Interesse, beantwortet ihre Fragen.
Und weil zur Expertise der Ärzteschaft auch die entsprechende technische Ausstattung gehört, geht es anschließend zur Vorführung einer sekundenschnellen Computertomographie mit dem CT „Aquilion Serve“ von Canon, der gerade erst eingebaut und in Betrieb genommen wurde. Die Röhre des Geräts hat eine größere Öffnung, der Tisch lässt sich auch seitlich verschieben, „der Komfort hat sich deutlich verbessert“, sagt die Leitende Oberärztin Dr. Birgit Rauchfuss-Hartych. „Das ist vor allem für Schmerzpatienten ein großer Vorteil.“
Für die Puppe, die zu Demonstrationszwecken in die Röhre geschoben wird, spielt das keine Rolle. Für die Patienten biete das neue Gerät auch eine verringerte Strahlendosis, erklärt die Radiologin. Für das Team habe sich die Handhabung des Geräts vereinfacht. Und die Radiologen, die die Bilder befunden, profitierten davon, dass künstliche Intelligenz für eine verbesserte Bildqualität sorge.
Operation mit der roboterassistierten Technik muss trainiert werden
Innovative Medizintechnik erleben die Besucher auch beim OP-Besuch, bei dem sie das roboterassistierte Da-Vinci-OP-System kennenlernen, das im Huyssensstift seit vielen Jahren im Einsatz ist. Vorgeführt wird die „neueste Version“, wie Anastasios Athanassiou vom Vertrieb der Herstellerfirma erklärt. Er sei kein Mediziner, aber regelmäßig im Haus, erarbeite den Trainingsplan für die Ärzte: An der Konsole sitzend, bewegen sie vier Roboterarme, die feiner agieren können als die menschliche Hand. Auf dem Bildschirm sehen sie vergrößert jeden Schritt, jeden Schnitt.
Verloren geht bei dieser OP-Technik der taktile Sinneseindruck. „Es macht schon einen Unterschied, ob man einen Widerstand des Gewebes spürt, wenn man mit der Hand operiert oder nicht“, sagt Thoraxchirurgin Vanessa Werner. Die Technik sei nur für erfahrene Operateure geeignet, erklärt die Oberärztin, und sie biete sich zum Beispiel nicht für jeden Eingriff an.
Nicht der Roboter macht den Eingriff, sondern den Arzt
Vielfach angewandt werde sie etwa in der Urologie, bei der KEM kommt sie auch im Lungenkrebszentrum bei komplizierten Eingriffen mit Präzisionsmedizin zum Einsatz. Das Da-Vinci-System arbeitet unglaublich exakt und ermüdet auch in stundenlangen Operationen nicht. Es steuert allerdings keine einzige Bewegung, betont der Direktor der Klinik für Thoraxchirurgie Dr. Jan Volmerig und gibt den Besuchern mit auf den Weg: „Sie werden nicht von einem Roboter operiert, sondern von einem Arzt.“
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