Essen-Südviertel. Seit 30 Jahren gibt es die holländische Kneipe „De Prins“ im Essener Südviertel. Mitten im Jubiläumsjahr gab es einen krassen Traditionsbruch.
Eine Traditionskneipe wird 30 Jahre alt: der Holländer! Dabei gibt es „den Holländer“ gar nicht. „Ich mag die Niederlande, habe mit dem Land aber eigentlich nichts zu tun“, sagt Betreiber Sven Dülfer (67). Also: Wer ist der Holländer? Die Kneipe selbst!
Im „De Prins“ an der Isenbergstraße, Ecke Schornstraße, gibt es niederländische Fritten mit Erdnuss-Soße, Saté-Spieße, Frikandeln, Bitterballen, und einmal im Monat wird die „Mayo des Monats“ gekürt. Es gibt „Budvar“ vom Fass, also Budweiser, und Weizenbier vom Fass, und es gibt holländisches Bier: Grolsch. Das gab es in den letzten Wochen übrigens nicht, was wiederum ein leichtes Beben auslöste.
Wenig Stress: „Drei Hausverbote in 30 Jahren sprechen eine klare Sprache“
Die Geschichte des „De Prins“ ist eine Geschichte der Ruhe und Kontinuität, „drei Hausverbote in 30 Jahren sprechen wohl eine klare Sprache“, sagt Dülfer. Im Mai dann der Paukenschlag: kein Grolsch mehr! So kündigte es Dülfer auf Facebook an, die Liste der Kommentare ist lang und dokumentiert Entsetzen, Erschrecken und Ratlosigkeit.
Dülfer sah sich von jetzt auf gleich einem Lieferstopp des Brauerei-Eigentümers ausgesetzt, in Deutschland verschwanden über Nacht die berühmten Bügelflaschen („Plopp“), mit denen „Grolsch“ bei vielen Fans punktete. Schnell schuf Dülfer Ersatz, orderte fortan „Fiege“ aus Bochum, denn auch das hat die berühmte Bügelflasche. „Doch viele Gäste waren traurig, dass eine Tradition so endet“, berichtet Dülfer.
Schon mal gab es in der Geschichte des „De Prins“ einen Schock, und der war tatsächlich berechtigt: Im März 2009 brannte die Kneipe komplett aus. „Die Ursache ist bis heute unklar, wahrscheinlich ein Kurzschluss.“ Verletzt wurde damals niemand, doch die kunterbunte Inneneinrichtung war komplett verbrannt. „Es musste sogar der Putz von den Wänden gekratzt werden, alles war wegen des Qualms vergiftet.“ Ein sattes halbes Jahr brauchte das „De Prins“, um wieder neu öffnen zu können.
2009 brannte das „De Prins“ komplett aus
Denn so originell wie die Speisekarte ist: Auch die Innen-Einrichtung macht das „De Prins“ bis heute aus. Schrille Wandfarben, Nippes aus Porzellan, alte Werbe-Emaille-Schilder, buntes Licht, gerahmter Kitsch, ein röhrender Hirsch, der sich übergeben muss, und nicht zuletzt eine Modell-Eisenbahn, die auf Gleisen entlang an den Wänden fährt. Selbst, wer sich nichts aus Pommes macht, kann dem „De Prins“ wegen seiner Einzigartigkeit eine Menge abgewinnen.
Dülfer übernahm das „De Prins“ im Juni 1993 von Freunden. Er selbst war mehr oder weniger „durch das Kellnern“ in die Gastro-Szene hineingerutscht, „mir gefiel die Idee, eine Kneipe für alle zu betreiben.“ Das hatte er bei seinen vielen Holland-Besuchen zuvor festgestellt: „Dort sind die Kneipen offen für alle, für Arm und Reich, für Alt und Jung.“ Genau so wollte Dülfer es im Südviertel hinbekommen – und es klappte. „Am Anfang war das Publikum noch verhalten, doch dann wurde es besser und besser.“ Nur einige Gäste missverstanden zunächst das Konzept: Holländische Kneipe – ja. Aber nicht Coffee Shop. „Manche haben öfter versucht, am Tresen zu kiffen.“
Eine kurze Debatte über sexistische Herren-Toiletten
Der Erfolg blieb bestehen: Wer heute mit mehreren Leuten abends ins „De Prins“ will, sollte auch an Wochentagen besser einen Tisch reservieren. Zwölf Leute beschäftigt Dülfer mittlerweile, die meisten von ihnen sind Studenten, und trotz des enormen Betriebs, sagt Dülfer, gebe es kaum Konflikte mit Anwohnern wegen möglicher Ruhestörungen. „Das war vor Jahren noch anders, als die Betriebe damit anfingen, draußen Stühle hinzustellen. Da haben wir dem ,Click’ am Isenbergplatz viel zu verdanken, das in Sachen Außengastronomie Pionierarbeit geleistet hat.“
Der letzte Aufreger in 30 Jahren „De Prins“? Ach ja, die Pissoirs im Männer-Klo, 2017 angeschafft, großformatige Frauenmünder. Die Kussmund-Keramiken hat eine niederländische Künstlerin hergestellt. Es gab eine kurze, aber heftige Sexismus-Debatte, die so schnell ging, wie sie gekommen war.
Auch der „Grolsch“-Schock ist schon wieder Schnee von gestern: Ab sofort gibt es das holländische Bier wieder im „De Prins“. Dülfer behält die „Fiege“-Bügelflaschen bei, konnte aber erreichen, dass „Grolsch“ ab sofort wieder geliefert wird – wenn auch in 0,3er-Flaschen ohne „Plopp-Verschluss“.
So gesehen: Dann können die nächsten 30 Jahre ja kommen! Für Dülfer steht fest: „Ich arbeite hier so lange, bis man mich waagerecht hinaustragen muss.“