Essen-Huttrop. Zehn Jahre Schützengilde Essen-Ost. Das soll gefeiert werden. Die Grünröcke lassen es ordentlich krachen, aber in einer ganz besonderen Location.
Die Schützengilde Essen-Ost 2013 feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Zum Jubiläum fand der Verein einen wirklich außergewöhnlichen Ort: Die Bürgerschützen dürfen die leergezogene und vor dem Abriss stehende Kirche St. Michael am Wasserturm in Essen-Huttrop nutzen.
Gemeinsam mit Nachbarn, befreundeten Vereinen und Ehrengästen möchten es die 38 Vereinsmitglieder an der Michaelstraße ordentlich krachen lassen und laden vom vom 11. bis zum 14. August zum Bürgerschützen- und Stadtteilfest ein. Auch werden sie dort ihr traditionelles Trophäen- und Königsschießen abhalten. Im ehemaligen Gotteshaus wird also scharf geschossen – natürlich nur auf den Adler. Ehrungen stehen zum runden Jubiläum übrigens auch an: Polizeipräsident Andreas Stüve soll zum Schirmherrn der Schützengilde Essen-Ost, Weihbischof Wilhelm Zimmermann zum Ehrenmitglied ernannt werden.
Wie der Vereinsvorsitzende Peter Eckert berichtet, habe er sich gemeinsam mit Bezirksbürgermeister Peter Valerius habe auf Suche gemacht nach möglichen Festplätzengemacht: „Und dabei fiel der Blick auch auf St. Michael.“ Der im Jahre 1954 errichtete Sakralbau gehörte früher zur 2008 gegründeten katholischen Pfarrei St. Gertrud. Die Kirche wurde aber im Jahr 2019 aufgegeben und wartet derzeit auf ihren Abriss.
Der Abriss verzögerte sich jedoch, und so fragte Eckert beim Investor „Commonground MUC GmbH“ in München nach – und stieß auf viel Entgegenkommen: „Der Geschäftsführer war sehr aufgeschlossen für unsere Bitte und hat uns erlaubt, in diesen Räumlichkeiten unser Schützenfest abzuhalten.“
Alle fassen mit an, um die verlassene Kirche in Essen-Huttrop auf Vordermann zu bringen
Zurzeit arbeiten Helferinnen und Helfer daran, im Gebäude aufzuräumen und für Strom- und Wasserversorgung zu sorgen. Eifrig schwingt die kleine Svenja den Besen: „Ich habe auch schon altes Parkett rausgeschleppt und Stühle gesäubert.“ Die Zehnjährige ist über Diana Kölling zur Schützengilde gekommen. Ihre Patentante ist nämlich amtierende Schützenkönigin. Svenja möchte dem Verein beitreten und natürlich auch das Schießen erlernen. Damit müsse sie aber noch ein wenig warten, erklärt der Vorsitzende: „Der Schießsport ist erst Jugendlichen möglich.“
Junge Leute für das Schützenwesen zu begeistern, sei mittlerweile wirklich schwierig geworden: „Die sitzen lieber an der Playstation und am Smartphone.“ Svenja werde eine wichtige Rolle zufallen: „Sie wird beim Umzug mit anderen Kindern den Fest-Adler begleiten.“ Die Zehnjährige ist schon mächtig aufgeregt: „Wie viel Leute da wohl zuschauen?“ Eckert lächelt: „Na, wir rechnen schon mit jeweils 400 bis 500 Besuchern pro Tag und beim Festzug mit noch größerem Zuspruch.“
Schützengilde Essen-Ost musste vor Jahren Insolvenz anmelden
Peter Eckert selbst ist schon seit fast 60 Jahren Bürgerschütze, war bereits 1964 der Schützengilde Essen-Ost beigetreten. Er erlebte ihre Hoch-Zeiten Ende der 1960er Jahre mit bis zu 250 Mitgliedern in der Spitze. Er erlebte aber auch das absolute Tief vor gut zehn Jahren: „Unser damaliger Geschäftsführer hat es geschafft, den Verein in die Insolvenz zu treiben“ erinnert er sich an. Und wir haben da jahrelang nichts von mitbekommen.“ Der Verein gründete sich 2013 neu, musste aber den Schießstand aufgeben. Das Vereinslokal ist die von Eckert betriebene „Turmwache“.
Er selbst wollte nie Schützenkönig werden: „Ich bin eher der Mann für die Vereinsarbeit im Hintergrund.“ Und doch ist er seit dem letzten Schützenfest 2018 amtierender Peter I. und wird am 12. August seinen Ausstand geben? Der 72-Jährige lächelt gequält: „Ich schieße immer mit, wollte aber bestimmt nicht König werden. Doch dann flog der Adler ausgerechnet bei mir von der Stange.“
Bürgerschützen- und Stadtteilfest vom 11. bis zum 14. August
chütze Peter Eckert sagt, seines Wissens werde sein Club der einzige in Essen sein, der in diesem Jahr „größer“ feiere: „Aufgrund der Corona-Pandemie konnte jahrelang kein Schützenfest mehr stattfinden. Nun ist es noch schwieriger geworden, weil es kaum noch geeignete Flächen gibt. Vereine weichen in kleine Pfarrsäle aus oder sagen ihr Schützenfest ganz ab.“ Die Zeltwirte hätten ihre Preise massiv erhöht. Eckert hat durchaus Verständnis, fragt aber doch: „Wer kann das noch bezahlen?“
Die ehemalige Kirche sei eine gute Alternative, nur die fehlenden Sitzmöglichkeiten hätten eine Herausforderung dargestellt: „Aber wir haben noch ein paar Stühle gefunden und welche aus einem ehemaligen Hotel bekommen. Und wir hoffen stark auf Bestuhlung und Tische von der Messe Essen.“
Schützengilde Essen-Ost findet die passenden Stühle in einem ehemaligen Hotel
Am Freitag, 11. August, erfolgt beim Ehrenmal am Wasserturm eine Totenehrung mit Kranzniederlegung. Es spricht Polizeipräsident Andreas Strüve. Um 20 Uhr wird im Festsaal offiziell eröffnet. Am Samstag geht um 11 Uhr das Trophäenschießen los, um 16 Uhr das Königsschießen. Ab 20 Uhr steigt die Schlagernacht. Am Sonntag setzt sich um 16 Uhr der Festzug durch den Stadtteil in Bewegung, ab 20 Uhr steigt der Schützenball. Am Montag, 14. August, ist ab 16 Uhr Schützenkommers in der Turmwache, ab 20 Uhr folgen die Inthronisierung des neuen Königspaares und der „Große Zapfenstreich“.
Vor der ehemaligen Kirche St. Michael werden Bierwagen und Verköstigungsstände bereitstehen. Für musikalische Untermalung sorgen Entertainer Ingo Eickelkamp, das Blasorchester „Blaue Jungs“ Herne 1907, der Spielmannszug Herne-Süd 1987 und der Spielmannszug Essen-Ost 1981