Essen. Gleich mehrere Essener Start-up-Unternehmer haben jüngst Geld bei Investoren eingesammelt. Mit diesen Ideen haben sie sie überzeugt.
Das junge Essener Unternehmen, Greenlyte Carbon Technologies, kann recht entspannt in die nahe Zukunft schauen. Nach 3,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr haben dessen Investoren noch einmal 4,5 Millionen Euro in das Start-up gesteckt. „Wir sind jetzt für die nächsten drei Jahre durchfinanziert. Eine komfortable Situation“, betont Geschäftsführer und Mitgründer Florian Hildebrand. Greenlyte wurde 2022 gegründet, steht also noch ganz am Anfang. Es arbeitet an einer Technologie, klimaschädliches CO2 aus der Luft zu filtern. Im September soll die erste Pilotanlage - eine Art riesiger Staubsauger – in Essen in Betrieb gehen.
Das frische Geld wird dem Start-up vor allem helfen, Entwicklungen vorzuziehen und schneller als geplant neue Stellen zu besetzen. Ohne solches Risikokapital von Investoren würde es jungen Firmen nicht gelingen, ihre Ideen voranzutreiben und in Zukunft irgendwann zu einem tragfähigen Geschäftsmodell zu kommen. „Das Geld ist entscheidend dafür“, sagt Hildebrand und ist besonders froh, dass es Greenlyte gelungen ist, Kapitalgeber aus Europa zu finden. „Die Gefahr besteht, dass zwar die Forschung in Deutschland stattfindet, das Know-how später aber mit Investoren aus den USA dorthin abwandern könnte“, meint der Gründer.
Firmen wie Greenlyte, die sich das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben, sind bei Investoren nach wie vor hoch im Kurs. Ansonsten sitzt mit gestiegenen Zinsen und eingetrübten Wirtschaftsaussichten das Geld der Kapitalgeber seit einigen Monaten nicht mehr so locker. Sie sind vorsichtiger geworden, schauen genauer auf Geschäftsmodelle und Strategien. Umso beachtlicher ist es, dass neben Greenlyte zuletzt auch mehrere andere Essener Start-ups Millionen bei Investoren eingesammelt haben.
Esforin leistet bedeutenden Beitrag zur Energiewende
Esforin gehört dazu. In der jüngsten Finanzierungsrunde bekam das Unternehmen 7,5 Millionen Euro und gewann zudem mit der schwedischen SEB-Bank einen neuen Großinvestor hinzu. Esforin ist die Abkürzung für „Energy Services for Industry“. Der frühere RWE-Manager und gebürtige Essener Christian Hövelhaus hat das Unternehmen vor achteinhalb Jahren gegründet. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien könnte Esforin eine immer wichtigere Rolle in der Energiewende spielen.
Esforin bietet Unternehmen einen von Algorithmen gesteuerten Stromhandel an und macht Energie damit für die Kunden billiger. Die Idee dahinter: Unternehmen, die nicht zu jeder Tag- und Nachtzeit gleich viel Strom brauchen, beziehen immer dann mehr Strom, wenn viel davon vorhanden und er somit an der Börse günstig ist. Das ist meist dann der Fall, wenn die Sonne scheint und der Wind weht - also die erneuerbaren Energien einspeisen.
Herrscht dagegen Flaute, hilft Esforin mit seinem Algorithmus, den Stromverbrauch zu senken. So kann unter Umständen sogar vermieden werden, dass teure und CO2-emittierende Kraftwerke ans Netz müssen. Eine solch flexible Versorgung großer Stromverbraucher in der Industrie wird mit dem Ausbau von Windkraft und Photovoltaik noch bedeutsamer werden. Denn die Schwankungen im Stromnetz nehmen dadurch zu.
Darauf setzt Unternehmenschef Christian Hövelhaus. Schon heute sei Esforin mit einem Umsatz von zuletzt 650 Millionen Euro in Deutschland Marktführer in der flexiblen Stromvermarktung. Mit dem frisch eingesammelten Kapital der Investoren soll das Unternehmen nun noch schneller als geplant wachsen. Vor allem aber will Hövelhaus das Geschäft internationaler aufstellen. Dabei soll ihm auch das gute Netzwerk des neuen Großinvestors SEB helfen. Die Ziele sind ehrgeizig: In den kommenden anderthalb Jahren will das Essener Start-up 25 bis 30 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor allem im Vertrieb, Energiehandel und der IT einstellen. Damit würde sich die Mannschaft von heute 40 Beschäftigten deutlich vergrößern.
Talpasolutions macht den Einsatz von Maschinen intelligenter
Schon etwas länger liegt die jüngste Finanzierungsrunde bei Talpasolutions zurück. Im März dieses Jahres sicherte sich das Start-up 15 Millionen Euro und gewann im selben Atemzug vier neue Geldgeber hinzu. Talpasolutions entwickelt seit 2016 KI-Steuerungen, die eine effizientere Nutzung von Maschinen unter anderem im Bergbau möglich machen.
Das Investoren-Geld ist fest verplant: Zum einen will Talpasolutions damit den „Aufbau internationaler Repräsentanzen“ finanzieren und zum anderen soll das frische Kapital einen „produkttechnischen Entwicklungsschub“ bringen, wie Geschäftsführer und Mitgründer Sebastian-Friedrich Kowitz bereits im Frühjahr ankündigte. Über 40 Beschäftigte zählt das junge Unternehmen, das noch im Gründerzentrum Triple Z sitzt. Allerdings wird der Platz auch angesichts des weiteren Wachstums dort mittlerweile zu klein. Deshalb hat Talpasolutions in der Bismarckstraße 57, vis a vis vom Folkwang-Museum, neue Büroräume angemietet.
Pottsalat kann mit frischem Geld neue Filialen eröffnen
Auch der Online-Lieferdienst Pottsalat hat sich in diesem Jahr weiteres Kapital gesichert. Die bisherigen Investoren haben dem Start-up nochmals drei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zu den Geldgebern von Pottsalat gehören die Backwerk-Gründer und „Hans im Glück“-Gesellschafter Dirk Schneider und Hans-Christian Limmer sowie der Energiewendepionier Matthias Willenbacher von Wi Venture. Das Geld soll dabei helfen, weitere Filialen von Pottsalat zu eröffnen. In Essen gestartet, gibt es aktuell bereits weitere acht Pottsalat-Standorte.
Essener Verleger steigt bei Afree Gems ein
Mit dem Verleger Martin Sutter hat sich das Start-up Afree Gems einen lokal bekannten Investor an die Seite geholt. Das 2017 von Andrea Bolz und Stefan Reiss gegründete Unternehmen bringt Produkte direkt von afrikanischen Produzenten zum Konsumenten nach Deutschland und Europa. Unter dem Slogan „Free and Fair Trade. With Africa“ verstehen sich die Gründer als Social Food Start-up. Um Afree Gems weiter und schneller auszubauen, hoffen die beiden Gründer, noch mehr Kapitalgeber für ihre Idee begeistern zu können. Sutter hat jetzt zehn Prozent der Unternehmensanteile erworben. Die genaue Summe wollte das Unternehmen nicht nennen.
Flixcheck vereinfacht Kommunikation
Schließlich sicherte sich jüngst Flixcheck eine Million Euro an Investorengeld. Die Essener haben sich das Ziel gesetzt, Unternehmen zu helfen, ihren Kundenservice zu verbessern. Flixcheck hat ein Tool entwickelt, mit dem Kunden Formulare etc. an Unternehmen digital übermitteln können. Das spart auf beiden Seiten Zeit und Papier. Flixcheck wird zum Beispiel im Kundenservice der Deutschen Telekom deutschlandweit eingesetzt.
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