Essen-Bochold. Für seinen eigenen Tod hat Sandy Sandgathe vorgesorgt. Schicksalsschläge haben den 56-jährigen Essener nachdenklich gemacht.
Von Jubel und Gesang umgeben im Stadion an der Hafenstraße – so kennen die Fans von Rot-Weiss Essen „ihren“ Sandy. Jetzt sitzt Thomas alias Sandy Sandgathe auf dem Matthäusfriedhof in Bochold, nur Vogelgezwitscher und das Brummen der Gerätschaften der Friedhofsgärtner sind zu hören. Hier auf dem offiziellen RWE-Fanfriedhof wird Sandgathe still. Denn er sitzt an seinem eigenen Grab.
Festgelegt hat er das schon vor einiger Zeit. Der 56-jährige RWE-Sänger und Botschafter der Essener Chancen will nach seinem Tod genau hier in einer Urne beigesetzt werden, mit rot-weißem Grabstein und anderen treuen Fans um sich herum. „Meine Frau und ich waren unter den Ersten, die ein Grab reserviert haben“, sagt Sandgathe und dreht seinen Hut in den Händen. Das mit Ansteckern übersäte Markenzeichen nimmt er auf dem Friedhof aus Respekt ab und offenbart seine nachdenkliche Seite.
Essener Musiker wünscht sich eine Rot-Weisse Party nach seinem Tod
„Seit dem Tod meines Bruders fällt es mir unfassbar schwer, auf Friedhöfe zu gehen“, sagt Sandgathe. „Ich besuche die Gräber meiner Familienangehörigen zwar, aber mit einem komischen Gefühl im Bauch.“ Durch einen Unfall als Jugendlicher erlitt sein Bruder schwere Verletzungen und erlag ihnen Jahre später. „Er war elf Jahre älter als ich und immer mein Vorbild“, sagt Sandgathe. „Er hat mich zur Musik gebracht und war auch sehr sozial eingestellt.“ Die Belastung, die er selbst teils bei Friedhofsbesuchen verspüre und die er bei Freunden beobachtet habe, die nach dem Tod geliebter Menschen Entscheidungen fällen mussten, möchte er seinen Töchtern einmal ersparen. Deshalb hat er vorgesorgt und ein Urnengrab reserviert, das von der Friedhofsgärtnerei gepflegt wird.
„Der Tod gehört nun mal zum Leben dazu, damit muss man sich auseinandersetzen“, findet Sandgathe. „Ich bin beruhigt, dass alles geregelt ist.“ Auch von der Trauerfeier hat er bereits klare Vorstellungen: Eigentlich möchte er gar keine. „Ich würde mir wünschen, dass es eine Rot-Weisse Party gibt, auf der vielleicht jemand zur Klampfe greift und meine Songs spielt.“ Denn sein Verein ist der zweite ausschlaggebende Grund, warum er die Grabstelle auf dem Matthäusfriedhof bereits reserviert hat.
Hier wurde ein Teil zum RWE-Fanfriedhof gewidmet. Bei der Eröffnung spielte Sandgathe einige Lieder, umgeben von Sitzschalen und Flutlicht aus dem 2013 abgerissenen Georg-Melches-Stadion sowie Statue und Grab des Vereinsmitgründers Georg Melches. Mittlerweile sind hier bereits einige treue RWE-Fans beigesetzt worden, mache kannte Sandgathe selbst gut.
Rot-Weiss Essen ist für Sandy Sandgathe eine zweite Familie
Rot-Weiss Essen ist Sandgathes Leben, seine zweite Familie, wie er selbst sagt. An den Tag, an dem er sein erstes Spiel sah, kann er sich noch genau erinnern. Es war der 23. August 1975. „Da hat mich mein großer Cousin zum ersten Mal mit ins Stadion genommen, ausgerechnet gegen die Blauen“, sagt er. Das Spiel gegen Schalke ging 0:0 aus und die Fußball-Leidenschaft des damals achtjährigen Sandgathe war geweckt.
Bis heute ist er bei so gut wie jedem Heimspiel dabei, bei den Auswärtsspielen muss er meist passen, dann geht sein Engagement für die Essener Chancen vor. Er spielt bei Auftritten in ganz Deutschland Spenden ein, um denjenigen Herzenswünsche zu erfüllen, mit denen es das Leben weniger gut meint. „Ich finde, wenn man ein Talent hat, ist es verpflichtend, es dementsprechend einzusetzen“, sagt Sandgathe.
Wenn er einmal auf dem RWE-Fanfriedhof begraben sein wird, in dem Stadtteil, in dem er groß geworden ist und auch heute lebt, dann hofft er auch darauf, dass sich die Menschen an ihn erinnern werden. An seine Musik und sein soziales Engagement. Dass sie nicht nur trauern, sondern ein Lächeln im Gesicht haben werden: „Man denkt ja auch an die schönen Momente zurück, dazu ist ein Friedhof ja auch da.“
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