Essen. Silvester wurden in Essen Polizisten angegriffen. Gegen einen Böllerwerfer ist jetzt ein Urteil gefallen. Der ist damit nicht einverstanden.

Nach den stadtweiten Ausschreitungen in der Silvesternacht, in der Polizisten und Feuerwehrleute in Essen angegriffen wurden, ist erstmals ein Urteil gefallen: Mohammed E. bekommt neun Monate auf Bewährung, außerdem muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Der 24-Jährige musste sich am Dienstag (25. Juli) im Amtsgericht Essen-Steele unter anderem wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verantworten.

In der Nacht auf den 1. Januar 2023 hatte er auf der Krayer Straße einen Knallkörper auf Polizisten geworfen. Ein Handy-Video dokumentiert den Vorgang, bei dem niemand verletzt wurde. Im Januar hatte die Polizei das Video veröffentlicht, um nach dem Mann zu fahnden.

Mohammed E. meldete sich – aber nicht nur, um zu gestehen

Nur einen Tag später hatte sich der Arbeitslose bei der Polizei gemeldet: Doch nicht nur, um zu gestehen, dass er die gesuchte Person ist, sondern vor allem wollte er, dass die Behörden die Dokumente aus dem Netz nehmen. „Das hat mir unheimlich geschadet, ich bin sehr oft darauf angesprochen worden“, erklärte Mohammed E. im Amtsgericht mit einigem Selbstbewusstsein, das auf Beobachter einen durchaus irritierenden Eindruck hinterließ.

Mit dem Urteil war Mohammed E. erkennbar nicht einverstanden – Minuten nach der Verkündung stand er gemeinsam mit seinem Verteidiger Volker Schröder vor dem Gebäude am Grendplatz und rief: „Es gibt überhaupt keine Beweise!“ Schröder kündigte an, in Berufung zu gehen. Er hatte auf Freispruch plädiert. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Monate auf Bewährung gefordert.

Angeklagter: „Ich wollte niemanden verletzen“

Zwar zeigt das Video eindeutig, dass E. einen Knallkörper in jene Richtung wirft, in der im Bildhintergrund Polizisten und Einsatzwagen zu sehen sind. „Aber der Böller war höchstens zwei oder drei Zentimeter groß, der war viel zu leicht, um so weit zu fliegen“, sagte Mohammed E. direkt zum Prozessauftakt. Er habe den Knaller lediglich „hoch werfen“ wollen, „keinesfalls wollte ich jemanden treffen oder sogar verletzen.“

Das Gericht ließ sich von dieser Darstellung nicht überzeugen – und sah es als bewiesen an, dass E. durchaus in Kauf genommen hatte, dass der Knallkörper die Einsatzkräfte hätte verletzen können.

Ausnahmezustände in der Silvesternacht

„Das einzig Gute an dieser Geschichte ist, dass zufällig niemand getroffen wurde“, erklärte der Vertreter der Staatsanwaltschaft kurz vor der Urteilsverkündung, und ermittelnde Polizisten, die als Zeugen ausgesagt hatten, berichteten nur kurz, wie ihren Kollegen in dieser Silvesternacht ständig die Böller um die Ohren flogen. „Arbeitsintensiv“ hatte die Polizei nüchtern Anfang Januar die Silvesternacht genannt – dabei gab es in mehreren Stadtteilen tatsächlich phasenweise Ausnahmezustände: Knallkörper wurden extra unter Autos gezündet, an zwei Bahnhöfen wurden Ticket-Automaten in die Luft gesprengt, im Hörsterfeld und im Südostviertel bewarfen sich Bürger gegenseitig mit Böllern, Verkehrsschilder wurden in die Luft gesprengt. Erstmals richtete die Polizei Essen nach der Silvesternacht ein Portal ein, in das Bürger anonym Handyvideos hochladen konnten. So kam die Behörde an das Video, das Mohammed E. beim Böllerwurf zeigt.

Silvesternacht mit Raketen gegenseitig beschossen. Auch dort wurden Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit behindert.
Silvesternacht mit Raketen gegenseitig beschossen. Auch dort wurden Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit behindert. © WTV | WTV

Der 24-Jährige hat in seiner Jugend bereits etwas mehr als zwei Jahre Jugendstrafe in einem Gefängnis abgesessen. Seit dem Jahr 2014 – da war E. 15 Jahre alt – war er wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt geraten – und zwar nicht wegen vergleichsweise harmloser Delikte wie Ladendiebstahl, sondern direkt ging es um räuberische Erpressung oder gefährliche Körperverletzung. Zuletzt, im Jahr 2019, musste E. wegen diverser Drogen-Delikte eine Geldstrafe ableisten.

Dass E. jetzt mit einer Bewährungsstrafe davonkommt und einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt bekommt, begründete das Gericht damit, „dass die letzten Strafen schon einige Jahre her sind.“

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