Essen. Vier Paare lassen sich beim Geburtstagsfest des Baldeneysees auf dem Wasser vom Oberbürgermeister vermählen. Hier erzählen sie, warum.

Der Baldeneysee wird 90 – am 19. August wird das groß gefeiert. Die Vereine am Wasser laden zu Aktionen, Kaffee und Kuchen ein, es gibt ein Höhenfeuerwerk – und schon morgens ab neun eine ganz besondere Aktion: Vier Essener Paare lassen sich auf der MS Isenberg, dem ältesten Schiff der „Weißen Flotte“, von Oberbürgermeister Thomas Kufen höchstpersönlich trauen.

Die Stadt hatte im Frühjahr Paare gesucht, die sich auf dem Wasser das „Ja“-Wort geben wollen – viele bewarben sich. „Für uns sind die Ruhr und die Ruhrlandschaft ein Stück Heimat“, sagen Petra Titze (63) und Klaus-Dieter Nelle (68). Als sie vom Aufruf des Oberbürgermeisters im Radio hörten, bewarben sie sich sofort.

Heiraten auf dem Wasser: Thomas Kuta (links) und Björn Sendzik. Hoffentlich ist am 19. August besseres Wetter als am 23. Juli, dem Tag, als dieses Foto am Anleger Scheppen gemacht wurde.
Heiraten auf dem Wasser: Thomas Kuta (links) und Björn Sendzik. Hoffentlich ist am 19. August besseres Wetter als am 23. Juli, dem Tag, als dieses Foto am Anleger Scheppen gemacht wurde. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Denn heiraten wollten die beiden – nach, sage und schreibe, mehr als 20 Jahren wilder Ehe – sowieso: „Der Termin im Standesamt in Kray für Oktober stand schon fest“, erzählt Klaus-Dieter Nelle. „Doch dann erfuhren wir von den Trauungen auf dem Baldeneysee, und uns war klar, das ist genau unser Ding.“

Wohnzimmer mit Ruhrblick: „Wir leben da, wo andere Urlaub machen“

Petra Titze und Klaus-Dieter Nelle sind leidenschaftliche Kreuzfahrer. „In elf Jahren haben wir 36 Kreuzfahrten auf der ,Aida’ hinter uns, wir sind fast süchtig danach“, sagt Petra Titze. Und dass es für die Hochzeit nicht der Atlantik oder das Mittelmeer sein soll, sondern der Baldeneysee, wird auch schnell klar: „Wir wohnen in Überruhr-Holthausen, und aus dem Wohnzimmerfenster sehen wir die Ruhr. Sie gehört zu unserem Leben. Wir sagen immer: Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen.“

Petra Titze kommt aus Leipzig, Klaus-Dieter Nelle aus Oberhausen, hat außerdem viele Jahre im Sauerland verbracht. Trotzdem fühlen sie sich mit Essen sehr verbunden: „Wir interessieren uns für die Geschichte der Stadt, besuchen regelmäßig die Villa Hügel und andere Sehenswürdigkeiten.“

Bleibt noch die Frage zu klären: Warum heiraten sie erst jetzt? Er sagt: „Es hat sich so ergeben.“ Sie sagt: „Erst beim dritten Antrag hab’ ich ,Ja’ gesagt. Bei den ersten beiden hatte er sich nicht genug Mühe gegeben.“ Und dann lachen sie.

Das älteste Schiff der „Weißen Flotte“, die „MS Isenberg“, stammt aus dem Jahr 1955.
Das älteste Schiff der „Weißen Flotte“, die „MS Isenberg“, stammt aus dem Jahr 1955. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Deutlich schneller mit der Hochzeit geht es jetzt bei Thomas Kuta (49) und Björn Sendzik (39), die im Internet vom Aufruf des Oberbürgermeisters lasen – und sich sofort bewarben. „Eigentlich hatten wir das Thema Hochzeit noch gar nicht so sehr im Fokus, aber uns gefiel vor allem der kleine Rahmen.“ Jedes Hochzeitspaar darf nur ein halbes Dutzend Gäste mit aufs Schiff nehmen, und nach der Vermählung auf dem Wasser laden Kuta und Sendzik engste Freunde und die Familie am „Haus Scheppen“ zu Pommes, Currywurst, Bier und Sekt ein. Von dort, dem Anleger Scheppen, startet die MS Isenberg am 19. August stündlich mit je einer Hochzeitsgesellschaft; vermählt wird im Stundentakt von morgens bis mittags.

Erstes Date im Lockdown: Die Liebe in Zeiten der Pandemie

Kuta und Sendzik lernten sich im März 2020 kennen. Es war direkt zu Beginn des ersten Corona-Lockdowns. „Alles hatte geschlossen, wir hatten uns mit einer Dating-App kennengelernt und trafen uns zum ersten Mal auf einer Bank am Rüttenscheider Stern.“ Nichts war möglich, was man sonst so bei ersten Treffen macht: kein Kino, kein Kaffee, kein Essengehen. „Selbst ein Glas Wein gab es nur im Pappbecher, den musste man draußen trinken.“

„Also verabredeten wir uns zum Wandern“, erzählt Sendzik, es wurde schnell ihr größtes, gemeinsames Hobby und der Baldeneysteig eine ihrer Lieblingsrouten. Kein Wunder also, dass sie sich jetzt auf dem Baldeneysee das Ja-Wort geben wollen. „Und direkt am gleichen Tag fahren wir noch in den Urlaub, der war aber schon vorher gebucht – jetzt sind es halt die Flitterwochen.“ Wanderurlaub übrigens, Südtirol.

Auf einem Schiff der Weißen Flotte kann man übrigens auch ganz regulär heiraten – fürs Jahr 2024 gibt es fünf Termine. Weitere Hochzeitsorte in Essen: Rathaus Heisingen, Rathaus Kettwig, Rathaus Kray, Schloss Borbeck, Zeche Zollverein, Standesamt Gildehof, „Weißer Saal“ in der Philharmonie. Infos: www.essen.de/heiraten