Essen. Auf der Huyssenallee haben Fahrradfahrer nun eine eigene breite Spur – zulasten des Autoverkehrs. Der ADFC ist aber noch lange nicht zufrieden.

An der Einrichtung einer Fahrradspur entzündet sich mitunter eine ideologisch aufgeladene Auseinandersetzung: Auto- versus Radverkehr. Beispiele gibt es dafür aus anderen Städten, aber auch in Essen war die Radspur auf der Schützenbahn stark umstritten. An der Huyssenallee hat die Stadt nun in aller Stille und ohne Protestbegleitung eine solche Spur eröffnet.

Dort geben neue Markierungen Fahrradfahrern auf einer Strecke von 750 Metern mehr Platz. 3,5 Meter sind es, so dass Radler bequem nebeneinander radeln oder einander überholen können. Autofahrern wurde dafür eine von zwei Fahrspuren weggenommen, was aber voraussichtlich keine großen Folgen hat, da für das Verkehrsaufkommen eine Spur in der Regel ausreichen dürfte.

Die Fahrradspur auf der Huyssenallee soll noch durch Sicherheitsbaken ergänzt werden

Ganz fertig ist die neue Fahrradspur noch nicht. Schäden im Asphalt, die durch das Abfräsen der alten Markierungen entstanden sind, müssen noch ausgebessert werden, damit niemand bei Nässe stürzt. In Fahrtrichtung Innenstadt werden im Abstand von 30 Metern Leitbaken entlang der Radspur installiert, was für mehr Sicherheit sorgen soll. Die Deutschlandtour, das große Radsportereignis am 26. August, will die Stadt noch abwarten, dann werden die Baken auf der Fahrbahn angebracht.

An der Freiheit müssen Radfahrer im fließenden Verkehr „mitschwimmen“.
An der Freiheit müssen Radfahrer im fließenden Verkehr „mitschwimmen“. © Kokoska

Die Fahrradspur ist eines der Projekte im Rahmen des Radentscheides, mit denen die Stadt den Radverkehr in Essen fördern will. Als Hauptverkehrsachse sei die Huyssenallee dafür gut gewählt, heißt es vonseiten des Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC). Auch wenn man dort mit der Umsetzung nicht vollends zufrieden ist.

Der neuen Fahrradspur fehlt eine Anbindung nach Rüttenscheid

„Es fehlt eine Anbindung an die Rüttenscheider Straße“, bedauert ADFC-Sprecher Mirko Sehnke. Auch in Richtung Innenstadt mündet die Spur für Fahrradfahrer im Nirvana, sie müssen sich an der Freiheit in den fließenden Verkehr einfädeln, was nicht frei von Risiko ist. So sei die Fahrradspur auf der Huyssenallee zwar eine deutliche Verbesserung und bleibe doch Stückwerk.

Auf der Frankenstraße können Radfahrer in Richtung Stadtwaldplatz ebenfalls auf einer eigenen Spur fahren.
Auf der Frankenstraße können Radfahrer in Richtung Stadtwaldplatz ebenfalls auf einer eigenen Spur fahren. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Überhaupt ist die Stadt aus Sicht der Fahrradlobby zu zurückhaltend, wenn es um die Einrichtung von Fahrradspuren geht. Einige wenige Beispiele gibt es: An der Frankenstraße hat sich aus Sicht des ADFC bewährt, dass eine separate Spur für Fahrradfahrer markiert wurde – zulasten des Autoverkehrs. Anders als mutmaßlich auf der Huyssenallee, gibt es hier aber Folgen: Zu den Stoßzeiten bilden sich jetzt vor der Ampel am Stadtwaldplatz mehr oder weniger lange Rückstaus, die es vorher kaum gab.

Autofahrer missachten häufig den Mindestabstand von 1,50 Meter

Auf der Wittenbergstraße in Richtung Innenstadt radeln Fahrradfahrer auf einer eigenen Spur, allerdings ist diese stellenweise sehr schmal. Die verbliebene Fahrbahn ist gerade so breit, dass zwei Pkw noch nebeneinander fahren können. Häufig aber kommen Autofahrer Radfahrern gefährlich nahe, den Sicherheitsabstand von 1,50 Metern hielten sie häufig nicht ein. „Ich erlebe als Rad-Vielfahrerin an sich selten rücksichtslose Überholmanöver, auf den „Radschutzstreifen“ passiert mir das allerdings ständig“, berichtet eine Radfahrerin von ihren Erfahrungen auf der Wittenbergstraße.

Mirko Sehnke vom ADFC hält es aus Sicherheitsgründen für angebracht, dass Fahrradspuren nicht nur durch eine durchgezogene Linie vom Autoverkehr getrennt werden, sondern häufiger auch durch Schutzbaken und Schwellen.

Auf der Wittenbergstraße bietet eine Fahrradspur nur unzureichenden Schutz.
Auf der Wittenbergstraße bietet eine Fahrradspur nur unzureichenden Schutz. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Auf der Frohnhauser Straße/ Ecke Hans-Böckler Straße hat die Stadt eben solche Hindernisse entlang des dort markierten Radweges platziert. Der Anlass: Regelmäßig blockierten Autofahrer den Radweg, wenn sie sich in die Schlange zur Waschanlage an der Frohnauser Straße einreihten. Vollends ist dieses Problem nicht aus der Welt. Häufig werde die Zufahrt noch durch querende Autos blockiert, was sich durch bauliche Elemente aber nicht verhindern lässt. Baken und Schweller sollen aber bleiben.

Die Umweltspur in der Essener Innenstadt ist für Radfahrer eine Herausforderung

Zurück zur Huyssenallee: ADFC-Sprecher Mirko Sehnke setzt darauf, dass es mit der neuen Fahrradspur nicht getan ist. „Grundsätzlich muss man auch über den City-Ring reden.“ Es wäre ein neuer Anlauf, der erste mündete in einem Kompromiss. Die „geschützte“ Radspur durch den Tunnel der Helbingstraße kann aus Sicht der Fahrradlobby nur ein Anfang sein. Die Umweltspur, die sich daran anschließt, ist auch für geübte Radfahrer aufgrund ihrer Streckenführung eine Herausforderung.

Die Stadt lässt auf Anfrage wissen, die Verwaltung arbeite an der Planung weiterer „Pop-up-Radspuren“, Details könne man noch nicht nennen. Sollte die Friedrich-Ebert-Straße als Teil des Innenstadtrings dazugehören, wäre das angesichts des hohen Verkehrsaufkommens aber eine Überraschung.