Essen. Mitarbeiter im Lager von Fiege und Galeria stimmen über unbefristete Streiks ab. Sie wollen mehr Lohn, bevor ihr Standort dicht gemacht wird.
Im Logistiklager von Fiege und Galeria Karstadt Kaufhof an der Hafenstraße in Essen stehen nicht nur wegen der hohen Sommertemperaturen heiße Tage bevor. Denn der seit Monaten schwelende Tarifkonflikt könnte sich dramatisch zuspitzen. Am Freitag hat die Gewerkschaft Verdi ihre Mitglieder im Essener Lager zur Urabstimmung aufgerufen. Noch bis Montag können sie entscheiden: Soll es einen unbefristeten Streik geben? Ja oder nein.
Stimmen am Ende 75 Prozent der Mitglieder dafür, wären die Tarifverhandlungen gescheitert. Neben dem Essener Standort sind auch Mitarbeiter in Unna und Kremmen gefragt. Denn auch diese beiden Lager gehören zur Fiege Karstadt Logistik. Das Ergebnis der Urabstimmung soll kommende Woche Freitag (14. Juli) verkündet werden. Unter anderem von Essen-Vogelheim aus werden die Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof mit Mode versorgt. Wie sich ein unbefristeter Streik der Lagerarbeiter in den Kaufhäusern auswirken würde, bleibt abzuwarten.
Modelager in Vogelheim schließt Mitte 2024
Für die Essener Mitarbeiter ist der Tarifkonflikt ohnehin ein Besonderer. Denn das Lager soll Mitte nächsten Jahres geschlossen werden. Das Interesse der Essener Belegschaft dürfte daher besonders groß sein, bis dahin noch einen möglichst hohen Tarifabschluss zu erkämpfen. Schließlich würde ein deutliches Lohnplus auch auf das Arbeitslosengeld einzahlen.
Verdi-Sekretär Frank Indervoort sieht deshalb gerade in Essen eine hohe Streikbereitschaft. „Die Leute dort haben nichts mehr zu verlieren“, betont er. Aber auch an den anderen Standorten glaubt Verdi an eine hohe Zustimmung zum Streik. „Die Beschäftigten haben die Nase voll“, meint Indervoort.
Tarifverhandlungen: Verdi will 11,5 Prozent mehr
Fiege hatte vor wenigen Jahren mit Galeria ein gemeinsames Logistikunternehmen gegründet. Die Positionen zwischen dem Arbeitgeber, der Fiege Karstadt Logistik, und der Gewerkschaft lagen auch in der jüngsten Tarifrunde noch deutlich auseinander. Verdi fordert eine Lohnerhöhung von 11,5 Prozent, mindestens jedoch 500 Euro mehr für jeden Beschäftigten. Die Laufzeit des Tarifvertrages soll nach Vorstellung von Verdi 12 Monate betragen.
Fiege und Galeria jedoch boten zuletzt 5 Prozent in zwei Schritten bei einer Laufzeit von 24 Monaten an sowie eine Inflationsprämie von 500 Euro. Der Arbeitgeber habe klar gemacht, dass nicht mehr möglich sei, erklärt Indervoort und schiebt hinterher: „Er lässt uns damit keine andere Wahl, als eine Urabstimmung.“
Vor allem Galeria Karstadt Kaufhof dürfte sich mit den hohen Forderungen der Arbeitnehmerseite schwer tun. Schließlich hat der Konzern gerade erst das zweite Insolvenzverfahren hinter sich und steckt noch mitten in der Sanierung. Außerdem verhandelt Galeria mit Verdi gerade auch über Lohnerhöhungen für die Beschäftigten dort. Ein allzu hoher Abschluss in der Logistik wäre da sicher Wasser auf die Mühlen der Gewerkschaftsseite.
Sozialplan für die Essener Beschäftigten liegt vor
Hinzu kommt: Die Schließung des Essener Lagers kommt Fiege und Galeria nun doch deutlich teurer als gedacht. Zunächst boten die Partner gerade einmal 25.000 Euro an Abfindungen für die gesamte Belegschaft an. Nach ersten Verhandlungen mit dem Betriebsrat erhöhten sie auf 750.000 Euro – was aus Sicht der Arbeitnehmervertreter immer noch eine „lächerliche Summe“ gewesen wäre. Vor wenigen Wochen haben sich Fiege und Galeria nun mit dem Betriebsrat auf einen Interessenausgleich und Sozialplan geeinigt, wie eine Fiege-Sprecherin bestätigte. Über Vertragsdetails wollte sie keine Angaben machen.
Üblich sind Abfindungen zwischen einem halben und einem Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr, also einer Quote von 0,5 bis 1,0. Nach Informationen der Redaktion liegen die Essener Beschäftigten aber deutlich darunter. Auch dies dürfte nicht gerade dafür gesorgt haben, dass die Streikstimmung im Hause befriedet wurde.