Essen-Gerschede. Ein Kirchturm ohne Kirchenschiff steht aktuell im Essener Westen. Auf dem Areal drumherum ist einiges im Wandel, das weckt Emotionen.

Nach einem für viele schmerzhaften Abschied von der Kirche St. Paulus tut sich in Gerschede etwas: Das neue Paulushaus ist fertig. Wo sich bis vor einigen Jahren die Kita befand, gibt es jetzt Platz für das soziale Leben in der Gemeinde – nach den drastischen Einschnitten in den vergangenen Jahren geht es vor allem um den Zusammenhalt im Stadtteil.

Die katholische Kirche in Deutschland wird von immer neuen Skandalen, Diskussionen und Austrittswellen erschüttert, währenddessen muss sich die Pfarrei vor Ort vor allem finanziell und personell neu aufstellen. Das bedeutet auch Einschnitte wie den Verkauf des ehemaligen Kirchengrundstücks von St. Paulus an die Caritas-SkF-Essen gGmbH (cse), die dort ein neues Hospiz bauen wird. Viele Gemeindemitglieder hatten zunächst die Hoffnung, dass die Kirche als Gebäude erhalten und umfunktioniert werden würde.

Aus einem Architekturwettbewerb ging dann aber der Entwurf der „dreibund Architekten“ aus Bochum als Sieger hervor, der einen Abriss des Kirchenschiffs vorsah. Erhalten geblieben ist nun nur noch der Kirchturm, der aktuell etwas verloren auf dem Grundstück steht und bald Teil des neuen Hospizes werden soll.

Rund eine Million Euro für neues Paulushaus in Essen-Gerschede

„Der Abschied von der Kirche ist allen schwer gefallen und es trauern ihr auch noch viele hinterher“, sagt Ricarda Zühlke-van Hulzen aus dem Pfarrgemeinderat St. Josef. „Da gibt es noch viele offene Wunden, die Zeit brauchen.“ So einige Unstimmigkeiten lösen die Prozesse aus, bei vielen wecken sie aber auch umso mehr den Willen, sich für die Zukunft der Gemeinde zu engagieren.

Über den Einzug ins neue Paulushaus freuen sich Stephanie Czernotta (Gemeindeleitung St. Josef), Thomas Angenendt (Kirchenvorstand St. Josef), Ricarda Zühlke-van Hulzen (Pfarrgemeinderat St. Josef), Anke Augustin (Vorsitzende des Presbyteriums der ev. Kirchengemeinde Dellwig-Frintrop-Gerschede) und Elke Muhlack (Gemeindemitglied St. Josef, von links).
Über den Einzug ins neue Paulushaus freuen sich Stephanie Czernotta (Gemeindeleitung St. Josef), Thomas Angenendt (Kirchenvorstand St. Josef), Ricarda Zühlke-van Hulzen (Pfarrgemeinderat St. Josef), Anke Augustin (Vorsitzende des Presbyteriums der ev. Kirchengemeinde Dellwig-Frintrop-Gerschede) und Elke Muhlack (Gemeindemitglied St. Josef, von links). © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

So haben Ehrenamtliche etliche Arbeitsstunden in den Umbau des Gebäudes an der Askaristraße 15 gesteckt, in dem sich vorher die Kita befand und das direkt an das frühere Kirchengelände angrenzt. Hier ist nun das neue Paulushaus entstanden. „Ohne diesen außergewöhnlichen ehrenamtlichen Einsatz wäre all das nicht möglich gewesen“, sagt Thomas Angenendt aus dem Kirchenvorstand, der entschieden hatte, einen Teil des Geldes aus dem Verkauf des Kirchengeländes in die Kernsanierung zu stecken.

„Es sollte weiterhin einen Standort im Stadtteil geben, an dem sich die Menschen treffen können“, erklärt die Pfarrbeauftragte Stephanie Czernotta. Und Gemeindemitglied Elke Muhlack ergänzt: „Vor allem für die Jüngsten und die Älteren ist es wichtig, fußläufig etwas erreichen zu können.“ Das gilt auch für die Mitglieder der evangelischen Kirche, die im Paulushaus zur Freude der Presbyteriumsvorsitzenden Anke Augustin ebenfalls einen neuen Ort gefunden haben.

Elektrik, Sanitäranlagen, Böden, Wände, Dach, das Treppenhaus, einige Fenster, die Küche – alles ist für rund eine Million Euro überarbeitet worden. Auf drei Geschossen gibt es nun Platz für Musik, Theater, Gruppentreffen und Feiern. Kinder- und Jugendchor, Paulaner-Ensemble, Theater Paulinchen und Messdiener treffen sich hier, es gibt Angebote für Jugend und Senioren, außerdem steht das Paulushaus auch externen Gruppen zur Vermietung offen. Den 120 Quadratmeter großen Saal im Erdgeschoss ziert ein rundes Kirchenfenster aus St. Paulus.

Baustart für neues Hospiz nach den Sommerferien

Nach den Sommerferien sollen auf dem ehemaligen Kirchengelände die Bauarbeiten für das neue Hospiz Cosmas und Damian beginnen. Bei einer geschätzten Bauzeit von 18 Monaten soll das Hospiz Anfang 2025 den Betrieb aufnehmen können. Vorgesehen sind elf Einzelzimmer, in denen schwerst kranke Menschen ihren letzten Lebensabschnitt verbringen können, außerdem Gemeinschaftsräume und Angehörigenzimmer. Der ambulante Hospizdienst Cosmas und Damian sowie der Förderverein mit der Kreativgruppe „Kreative Könner“ werden ebenfalls neue Räume an diesem Standort beziehen.

An den Kirchturm von St. Paulus wird das neue Hospiz angebaut (rechts). Drei Gebäude mit barrierefreien Wohnungen werden nun doch nicht gebaut (links), zumindest vorerst.
An den Kirchturm von St. Paulus wird das neue Hospiz angebaut (rechts). Drei Gebäude mit barrierefreien Wohnungen werden nun doch nicht gebaut (links), zumindest vorerst. © Koblank/Hems, dreibund architekten PartGmbB, Bochum

Ursprünglich waren drei weitere Gebäude geplant, die cse wollte barrierefreie Servicewohnungen anbieten und auf dem Areal ein neues „Paulus-Quartier“ schaffen. Aufgrund der Wirtschaftslage ruhen die Pläne für die Wohngebäude jetzt aber, ob und wann sie noch umgesetzt werden könnten, ist aktuell ungewiss. Der Neubau des Hospizes wird zum Teil über Spenden finanziert. Wer den Bau und die Hospizarbeit unterstützen möchte, kann sich auf www.cse.ruhr/spenden/ informieren.

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