Essen. Drei Jahre nach Präsentation der Pläne gibt es grünes Licht von den Fördergebern für den Umbau der Krankenhaus-Landschaft im Essener Norden.
Gesundheitspolitik ist ganz offensichtlich nichts für Ungeduldige: Drei geschlagene Jahre sind ins Land gegangen, seit der Essener Klinik-Konzern Contilia nach dem hoch umstrittenen Aus für zwei Krankenhäuser der Stadtspitze seine „Ersatz“-Pläne für die umgepflügte Krankenhaus-Landschaft im Essener Norden präsentierte. Der Kern: Die Psychiatrie soll vom Philippusstift an den Standort des einstigen Marienhospitals in Altenessen umziehen und so auf dem Borbecker Klinik-Gelände den Platz für einen riesigen Neubau freimachen, alles in allem ein 118-Millionen-Euro-Projekt, das nicht möglich wäre ohne eine massive Förderung aus öffentlichen Kassen. Genau dafür gibt es jetzt eine Zusage.
Nicht weniger als 94 Millionen Euro sollen dazu aus dem so genannten Strukturfonds fließen, ein entsprechender Bescheid der Bezirksregierung Münster sei am Dienstag in der Chefetage der Contilia-Tochter KKE – die Kurzform für Katholisches Klinikum Essen – eingetroffen, so teilte das Gesundheits-Unternehmen mit.
In Borbeck verspricht man sich „große Schubkraft“ für die Modernisierung des Standorts
Und freute sich, damit eine weitere, vielleicht die wichtigste Etappe geschafft zu haben: „Das ist ein guter Tag für die gesundheitliche Versorgung der Menschen in dieser Region“, formulierte KKE-Geschäftsführer Carsten Preuß, „und es ist eine gute Nachricht für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Philippusstift, im Geriatrie-Zentrum Haus Berge und im Gesundheitspark Altenessen, die dort bereits seit drei Jahren mit großem Engagement am Ausbau der Versorgungsangebote arbeiten“. Diese „großartige Unterstützung“ werde der Modernisierung der Standorte zusätzliche große Schubkraft verleihen.
Unklar ist allerdings, wie der Klinik-Konzern seine Pläne im bisher geplanten Umfang wird umsetzen können, denn die Baukosten haben in den vergangenen drei Jahren einen rasanten Sprung nach oben gemacht, die Bauzinsen vervierfachten sich in dieser Zeit. Kann man also mit den einst avisierten 118 Millionen Euro – davon 94 Millionen aus öffentlichen Kassen und 24 Millionen Euro aus Eigenmitteln – die damals skizzierten Pläne ohne Abstriche umsetzen?
Die alten Baupläne lassen sich im Umfang nicht so ohne weiteres stutzen
Man könne jedenfalls, so gab eine Sprechern der Contilia-Tochter KKE am Dienstagabend zu bedenken, nicht so ohne weiteres die alten Baupläne stutzen, weil auf ihnen die Förderzusage ruht. Allein der Neubau der Psychiatrie an der Hospitalstraße in Altenessen soll schließlich, so hieß es anno 2020, mit rund 20 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Immerhin habe man auf dem Weg zu einem modernen Philippusstift in Borbeck schon einen Gutteil der Strecke zurückgelegt: Insbesondere die Notfallversorgung, so hieß es von Seiten der KKE, stand bei den bereits umgesetzten Maßnahmen im Mittelpunkt. Die Menschen im Essener Norden bräuchten schließlich „die Sicherheit, dass sie in jeder Notsituation, vom Knochenbruch bis zum Schlaganfall, Tag und Nacht in ihrem Krankenhaus schnell, umfassend und bestmöglich behandelt werden“, so Jens Egert und Dirk Albrecht. Die beiden Contilia-Geschäftsführer hatten die Schließung der beiden Krankenhäuser in Altenessen und Stoppenberg verantwortet.
Im Philippusstift verweist man auf die bereits erfolgten Investitionen ins Krankenhaus
Der neue Trakt mit der Zusammenführung der Endoskopie und der Erweiterung der Herzkatheterlabore um einen dritten Messplatz sei schon seit Monaten in Betrieb. Die Modernisierung der Radiologie stehe vor dem Abschluss. „Der inzwischen dritte und damit letzte Bauabschnitt in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) wird noch in diesem Jahr abgeschlossen“, berichtet Carsten Preuß über die Fortschritte am Philippusstift.
Neben der Erweiterung des Borbecker Krankenhauses – des letzten „klassischen“ Krankenhauses im Essener Norden mit seinen rund 200.000 Einwohnern – würden die Fördermittel nun genutzt, um einen Anbau mit neuer Notaufnahme, Bettenstationen und der Weiterentwicklung des Gesundheitsparks Altenessen voranzutreiben. Um dieses Ziel zu erreichen, würden neben der EU-weiten Ausschreibung von Bauleistungen in einem weiteren Schritt die notwendigen Bauanträge für beide Standorte beim Bauamt der Stadt Essen eingereicht.
Förderzusage aus Düsseldorf macht den Weg für die „Stadtteil-Klinik“ Stoppenberg frei
Parallel dazu macht die Zusage der Fördergelder auch den Weg für ein anderes ehrgeiziges Gesundheits-Projekt im Norden der Stadt im ehemaligen St. Vincenz-Krankenhaus in Stoppenberg frei: Dort soll, wie berichtet, zum 1. April kommenden Jahres eine „Stadtteil-Klinik“ neuen Typs entstehen, mit 30 Betten für Kurzzeit-Aufenthalte von ein, zwei Tagen, mit (Fach-)Arztpraxen und Notdienst, Apotheke und Sanitätshaus, pflegerischen Angeboten und begleitendem Service.
Der für dieses Vorhaben notwendige Verkauf der Contilia-Immobilie war stets an die Förderzusage fürs Philippusstift gekoppelt. Da diese jetzt vorliegt, steht einer Unterschrift unter die längst ausgehandelten Verträge nichts mehr im Wege. Auf das „neue“ Philippusstift wird man dagegen spürbar länger warten müssen: Vor drei Jahren war noch 2027 als Zielmarke im Gespräch. Da dürfte wohl doch noch etwas mehr Geduld gefragt sein.