Essen-Byfang. Vom Internationalen Marketing zur Gartengestaltung: Eveline Hagemann hat den Job gewechselt und in Essen-Byfang eine Familienoase geschaffen.
Gestern noch ein Kugelgrill, heute ein Pflanzentopf: Das ist ein Motto von Eveline Hagemann (52) in ihrem Garten, in dem sie gern Dinge wiederverwendet. So hängt hier das Skateboard ihres Sohnes, steht da ein Kessel, baden Vögel im Wok, sprießt es aus einem Koffer oder ihrer früheren Schreibtischlampe. Es gedeihen zahllose Gräser, Stauden, Bäume, Blumen, es gibt Sonnen- und Schattenbeete, viele Sitzmöglichkeiten und nun erneut die Einladung in die grüne Oase nach Byfang. Sie nimmt im neunten Jahr an der Aktion Offene Gartenpforte teil.
„Die Scheinkamelie blüht dieses Jahr ganz toll“, sagt Eveline Hagemann, die nun eine dunkelrote Lilie erwartet. Das Mädchenauge folgt auch bald. Eine Lieblingspflanze auszuwählen fällt ihr da schwer, aber den goldenen Baum mit seinen filigranen Blättern mag sie schon sehr (Gleditschie), den Judasbaum dahinter allerdings auch. Und Gräser, die haben es ihr angetan: „Sie lockern die Gartenstruktur auf und verbinden extreme Farben.“
Von jedem Sitz ergibt sich neue Perspektive in den Garten in Essen-Byfang
Wenn Blüte an Blüte knallt, das findet sie wiederum nicht so schön. So wechseln sich auf der Fläche verschiedene Bereiche ab, stehen dort Tische, Bänke, Liegen und Loungemöbel auf unterschiedlichen Untergründen (Gras, Holzhäcksel, Kiesel), ergibt sich von jedem Sitz eine andere Perspektive in den Garten. In diesem türmen sich zerbrochene Bodenplatten an einigen Stellen nun zu kleinen Mauern, an anderen umrahmen sie Beete.
Am Nöckersberg steht das Bruchsteinhaus (um 1900 erbaut), dessen rund 1200 Quadratmeter großer Garten sich in den Bereich davor („Vorgarten“) und dahinter („Hanglage“) aufteilt. Nach zwei Jahren Suche haben Eveline Hagemann und ihr Mann es 2006 gekauft, sind aus Steele nach Byfang gezogen. Längst gehören nicht nur die beiden Kinder (12 und 15) zur Familie, verändert haben sich im Laufe der Jahre ebenso der berufliche Weg der Essenerin und der große Garten, den hatten zuvor mehrere Mieter unter sich aufgeteilt. „Es war schon recht verwildert“, blickt Eveline Hagemann zurück. Geblieben aus der Zeit sind lediglich ein Rhododendron und die Birke daneben.
Zuletzt lautete die gärtnerische Herausforderung im Frühjahr, den hinteren Teil des Vorgartens zum Leuchten zu bringen, der im Halbschatten und Schatten liegt. Dabei helfen nun viele gelblaubige Büsche und Bäume wie die hohe Gleditschie (Sunburst), der japanische Ahorns (Orange Dream), dazwischen wachsen helle Blüten wie die Wolfsmilch, die im Frühjahr blüht, und das Mädchenauge. Gepflanzt hat Eveline Hagemann auch japanisches Waldgras und der Fläche hat sie mit der Schokoladenblume dunklere Farbtupfer gegeben.
Im hinteren Garten des Hauses in Essen-Byfang gibt es durch die Hanglage Weitblick
Wie in diesem etwa 20 Quadratmeter großen Areal ist im gesamten Garten immer wieder etwas Neues entstanden, ist die Familienoase gewachsen. Neben den bepflanzten Bereichen zählen Elemente wie das Trampolin im Boden, die selbst gebauten Loungemöbel oder die Sauna dazu – und die Idee, ein Abkühlbecken soll her. Geworden ist es schließlich ein Naturpool, mit Kiesfilter statt Chlor, der nun in die dritte Badesaison startet.
Während ihr Mann und ihre Kinder sich jetzt darin erfrischen, ist Eveline Hagemann gar kein großer Wasserfan. „Ich genieße hier dann vielmehr die Ruhe“, sagt sie im Gartenbereich hinter dem Haus, wo sich vor allem zu den Jahreszeiten, wenn die Bäume kein Laub tragen, eine Sicht weit in die Ferne ergibt. Dafür nimmt sie in Kauf, dass der meterhohe Hang sich eben nicht gestalten lässt. Den hätten stattdessen Brombeeren und Insekten erobert, während ihr Sohn von einer Mountainbikestrecke träume, verrät sie lächelnd, da sie inzwischen auch Gärten für andere plant.
Denn Eveline Hagemann hat sich vor rund drei Jahren selbstständig und ihr Hobby zum Beruf gemacht. Studiert hat sie Ökologische Chemie, hat das Studium als Diplom-Ingenieurin abgeschlossen und zuletzt als umwelttechnische Redakteurin im internationalen Marketing gearbeitet. Das bedeutete eine 40-Stunden-Woche und tägliches Pendeln nach Düsseldorf. Als die Halbtagsstelle abgelehnt wurde, zog sie ihre Konsequenzen. „Ich bin jetzt offline“, sagt sie und nennt die Entscheidung auch Rückbesinnung, ihr Unternehmen einen „Ein-Frau-Betrieb“.
Immer wieder gibt es neuen Trödel für den Garten in Essen-Byfang
Die 52-Jährige folgt nun ihrer Leidenschaft und berät Gartenbesitzer bei der Gestaltung. Immerhin stammt sie nicht nur aus einer Gärtnerfamilie („ich habe damals aber zunächststudiert“) und bringt eigene Erfahrungen mit, hat sich zudem etwa an der Landwirtschaftskammer Münster und in einer Gartenbau-Bildungsstätte fortgebildet. Hat bei einem Grafiker gelernt, ihre Ideen auch aufs Papier zu bringen. Dann greift ihr großes Netzwerk, mit dessen Hilfe diese Ideen beispielsweise von Mitarbeitern eines Garten- und Landschaftsbetriebes umgesetzt werden.
In ihrem Garten aber, da packt sie nach wie vor selbst an, wird dabei von ihrem Mann unterstützt. Manchmal bleibt alles auch mal liegen, dann wiederum schuften sie in ihrer Oase. Immer wieder findet sich zudem Trödel, der hier seinen Platz findet, wie zuletzt der alte Koffer. „Wo nichts wächst, wächst Kunst“, erklärt die Eveline Hagemann, der stets etwas ein- oder in die Hände fällt. Und weil ihr Garten offenbar auch anderen gefällt, ist er sogar in einem Buch gelandet („Die wahren Paradiese“).
Die Byfänger Gärtnerin selbst beschreibt ihn mit einer Spur von Wildnis, in der es keinen englischen Rasen, aber durchaus Wühlmäuse und Maulwürfe gibt. Eine geordnete Wildnis hat sie geschaffen, in der als nächstes ein kleines Gewäschhaus für Tomaten entstehen könnte.