Essen. Rezo Tschchikwischwili verabschiedet sich vom Schauspiel Essen. Was sein Liederabend „Vielen Dank und Auf Wiedersehen“ über den Georgier erzählt.
Als Rezo Tschchikwischwili mit 36 Jahren nach Essen kam, war er in Georgien ein Theater- und Filmstar von Bedeutung. Hier kannte ihn niemand. Der damalige Intendant Jürgen Bosse hatte ihn in der Gastproduktion von „König Ödipus“ gesehen und ihm ein Engagement angeboten. „Ich war überglücklich. In meinem Land herrschte Krieg und Chaos. Ich dachte, es würde nur ein Jahr dauern, bis alles vorbei ist und ich wieder in Ruhe arbeiten könnte“, erzählt Rezo Tschchikwischwili. Er blieb fast 30 Jahre, in denen er Sprachbarrieren bewältigte, menschliche Zuwendung und berufliche Erfüllung erfuhr.
Zur Premiere am georgischen Nationalfeiertag ist das Grillo-Theater gefüllt mit Zuschauern, die ihn kennen und lieben, mit Essenern und natürlich georgischen Landsleuten. Sie alle sind gekommen, um ihn noch einmal in seinem Lieblingsformat zu sehen, dem persönlichen Liederabend.
Liederabend fächert Lebens- und Karrierestationen auf
Gemeinsam mit der langjährigen Gesangspartnerin Nino Wijnbergen-Shatberashvili und Liveband fächert er in „Vielen Dank und Auf Wiedersehen“ Lebens- und Karrierestationen mit georgischen und deutschen Liedern, Bildern und Anekdoten auf. Szenisch fein abgestimmt hat ihn Christian Tombeil, einer der Intendanten neben Bosse und Weber, die ihn begleitet haben.
„Aller Anfang ist schwer“, sagt der 66-Jährige, „aber die Abschiede sind viel schwerer“, weiß er. Und so erzählt er von seiner Mutter, die ihm, dem Arztsohn aus Tiflis geholfen hat, seinen Lebenstraum zu erfüllen und Schauspieler zu werden. Mit 22 wurde er bekannt mit „Hinter Fensterläden ist Frühling“, gefeiert für seine Art, Liebe und Schmerz zu zeigen, ausgezeichnet und verehrt. In Deutschland zählte das nicht. „Ich war verzweifelt, hatte ein schlechtes Gewissen. Was hatte ich zu bieten? Ich konnte kaum Deutsch. Mir fehlte die Sprache, meine Familie, vertrauten Freunde. Da bot mir Bosse an, einen Liederabend zu machen“, berichtet er. „Heimweh nach Georgien“ war der erste. Viele weitere folgten. Mitreißende Benefizabende und selbstironische „Männerschmerz“-Abende, ein bewegender biografischer Abend und ein federleichter italienischer Abend.
Rund 100 Rollen zeigen seine künstlerische Bandbreite
Dazu hat er rund 100 Rollen, die mit dem packenden Monolog „Dreck“ ihren Lauf nahmen, gespielt. „Rassismus wie in diesem Stück habe ich nie erlebt. Alle waren immer sehr nett zu mir und haben mich unterstützt“, sagt Rezo Tschchikwischwili. In all den Jahren konnte er in „Cabaret“, „Gitarrenmann“, „Alles ist erleuchtet“ oder „Ein Bericht für eine Akademie“ seine künstlerische Bandbreite zeigen. Davon zeugen die eingeblendeten Fotos auf der Bühne und von einer fröhlichen Familie, die ihm den Rücken freigehalten hat. Wann immer in den Theaterferien Zeit war, hat er in seiner ersten Heimat gedreht. Zuletzt 2020 45 Folgen für die Serie „Der Therapeut“. In diesem Jahr fliegt er hin, um zwei Filme zu machen.
Ob es ihn nach dem Abschied vom Theater zurückzieht nach Georgien, weiß er nicht. „Ich werde das überprüfen. Am liebsten würde ich in meinen beiden Heimatländern leben und arbeiten. Es schmerzt mich, dass ich nicht mehr jeden Tag ins Theater gehen kann“, meint der Vollblutschauspieler. Daran ändert die Tatsache, dass ihn einer seiner erwachsenen Söhne gerade zum Opa gemacht hat, wenig. „Eine Rolle im Jahr würde mir reichen, um ein bisschen Bedeutung zu schaffen.“
Der Liederabend wird am 8. Juni, 19 Uhr, noch einmal im Grillo-Theater gezeigt. Karten unter 0201 8122 200 oder auf www.theater-essen.de
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