Essen-Holsterhausen. Eine Holsterhauser Initiative hat Blumenampeln und ein Straßenmusikfest für den Stadtteil organisiert. Doch das Engagement wird schwieriger.

Die Blumenampeln mit bunten Blüten hängen entlang der Gemarkenstraße, am Samstag, 20. Mai, gibt es wieder ein Event mit Straßenmusik: Harald Hagen von der Initiative „Wir sind Holsterhausen“ hat gute Neuigkeiten für den Stadtteil. Gleichzeitig plagen ihn aber auch Sorgen. Ehrenamtliches Engagement, so die Erfahrung des pensionierten Polizeioberrates (65), werde immer schwieriger und belastender.

2018, ein Jahr nach seiner Pensionierung, hatte Hagen gemeinsam mit anderen Engagierten die Initiative „Wir sind Holsterhausen“ ins Leben gerufen. Seit 1965 lebt der gebürtige Mainzer in Holsterhausen, seine Familie ist schon seit Generationen im Stadtteil ansässig und zog nur aus beruflichen Gründen zeitweise nach Rheinland-Pfalz. „Ich hatte so viel Glück im Leben, einen tollen Job und eine gesunde Familie“, sagt er. Deshalb habe er etwas zurückgeben wollen.

Essener: „Ich bekomme tagtäglich zu hören: ,Warum machst du das überhaupt’?“

In seiner Arbeit als Polizeichef im Essener Norden hat Hagen die Erfahrung gemacht: Stadtteile sterben langsam. Und etwas zu reparieren, das schon kaputt ist, kann lange dauern. Solche Entwicklungen wollte er in Holsterhausen verhindern. „Die Gemarkenstraße war mal eine blühende Einkaufsstraße. Irgendwann gab es immer mehr Leerstand. Da dachte ich: Man muss reagieren“, erinnert er sich. Also habe er sich mit anderen Akteurinnen und Akteuren zusammengesetzt, um darüber zu sprechen, was den Stadtteil lebens- und liebenswert mache.

Aus diesen Gesprächen entstand seine Initiative, die seither regelmäßig Veranstaltungen wie die Straßenmusikfeste und Musiknächte auf die Beine stellt. 2019 organisierte Hagen mit Hilfe von Sponsorinnen und Sponsoren zum ersten Mal Blumenampeln, um den Stadtteil optisch zu verschönern. Auch in diesem Jahr hängen sie wieder. Das umzusetzen, werde allerdings nicht leichter, berichtet Hagen.

Diesmal sei es schwierig gewesen, genug Sponsoren zu finden, um die Summe von über 8000 Euro für 37 Blumenampeln aufzubringen. Und nicht nur das. Es fehle grundsätzlich an Wertschätzung für bürgerschaftliches Engagement, manchmal auch am Bewusstsein, dass es allen nütze, wenn der Stadtteil aufgewertet werde: „Ich bekomme tagtäglich zu hören: ,Warum machst du das überhaupt’?“

Die Essener Initiative „Wir sind Holsterhausen“ organisiert Jahr für Jahr Blumenampeln für den Stadtteil.
Die Essener Initiative „Wir sind Holsterhausen“ organisiert Jahr für Jahr Blumenampeln für den Stadtteil. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Essen-Holsterhausen: Ehrenamtlicher wünscht sich mehr Verständnis

Gründung eines Vereins möglich

Um die Zukunft der Initiative „Wir sind Holsterhausen“ zu sichern, könnte sich Harald Hagen vorstellen, einen Verein zu gründen. Dabei ist es ihm allerdings wichtig, nicht einfach Posten zu vergeben, sondern Kompetenzen zu bündeln.

Denkbar wäre demnach, dass sich Engagierte mit Expertise in verschiedenen Fachgebieten – zum Beispiel Social Media oder Verwaltungsrecht – zusammenschließen.

Wer mehr Informationen über die Initiative möchte oder den Kontakt sucht, kann das über die Facebook-Seite „Wir sind Holsterhausen“ tun.

Erklärungsansätze hat Hagen mehrere. Einer ist dieser: „Vielen Geschäftsleuten und Privatpersonen geht es finanziell schlechter – oder sie haben zumindest die Angst, dass es ihnen in Zukunft finanziell schlechter gehen könnte und wollen deshalb ihr Geld zusammenhalten.“ Außerdem beobachte er, dass die jüngere Generation oft nicht so eine starke Bindung an den Stadtteil habe, in dem sie lebe. Und zu guter Letzt habe sich bei vielen Bürgerinnen und Bürgern eine Art „Helikopterstaat“-Mentalität festgesetzt. „Darum soll sich die Stadt kümmern“, höre er häufig als Antwort auf ehrenamtliche Vorstöße.

Hagen will ausdrücklich nicht jammern oder gar um Geld betteln. Er wünscht sich mehr Verständnis und Respekt für die Rolle von Ehrenamtlichen. „Manchmal hat man das Gefühl, man wird den Leuten regelrecht lästig, wenn man um Unterstützung für ein Projekt bittet“, ist seine Erfahrung. Nach einem Bericht unserer Redaktion über die Suche nach Sponsoren für die Blumenampeln habe es in den Sozialen Medien sogar hämische Kommentare gehagelt: „Es hieß, ich sei peinlich, dass ich um Geld betteln müsse, oder ob ich die Blumen nicht selbst gießen könne.“

Straßenmusik in Essen-Holsterhausen für den 20. Mai geplant

Dabei hat der 65-Jährige nicht den Eindruck, dass die Menschen im Stadtteil auf Blumen und Musikfeste verzichten wollen. Oft werde er sogar gefragt: Wann kommen denn die Blumenampeln? „Die Leute halten das einfach für selbstverständlich, kommen gar nicht Idee zu fragen, ob es dieses Jahr klappt“, sagt er. Hagen hat sogar schon darüber nachgedacht, sein Engagement 2024 einfach einmal ruhen zu lassen. „Das will ich aber auch nicht wirklich, dafür ist mir der Stadtteil zu wichtig.“

Also richtet er den Blick erst einmal nach vorn, auf das Straßenmusikfest am Samstag, 20. Mai. Zwölf Musikerinnen und Musiker – wer genau, bleibt noch geheim – spielen ab 18.30 Uhr an vier Standorten entlang der Gemarkenstraße. Gespielt wird ein Mix aus Coversongs, Rock und anderen Musikrichtungen an der Gemarkenstraße/Ecke Carmerstraße, auf dem Vorplatz der Kirche St. Mariä Empfängnis, an der Savignystraße und an der Gemarkenstraße 45. Der Eintritt ist frei, für die Musikerinnen und Musiker geht der Hut herum.

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