Essen. . Die Verkehrswacht Essen befürchtet, dass es zu schweren Unfällen auf Gehwegen kommen wird. Die sollen für Elektro-Tretroller freigegeben werden.

Die Essener Verkehrswacht schlägt Alarm. Sie läuft Sturm gegen die geplante Bundes-Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge, die im aktuellen Entwurf sogar schon Zwölfjährigen das Fahren mit Elektro-Tretrollern auf Gehwegen und in Fußgängerzonen erlauben will. „Es wird hier zu vielen und schweren Unfällen kommen“, sagt Karl-Heinz Webels, Vorsitzender der Essener Verkehrswacht, voraus. In einem Brandbrief hat er jetzt Oberbürgermeister Thomas Kufen auf die neuen Unfallgefahren hingewiesen. Unterstützung bekommt er bereits von der Essener Polizei. „Wir teilen die Bedenken der Verkehrswacht“, erklärt Polizeidirektor Wolfgang Packmohr.

Noch sind elektrisch betriebene Elektro-Tretroller (auch „E-Scooter“ genannt) im öffentlichen Straßenraum nicht zugelassen. Das soll sich bald ändern. Bereits im Mai wird der Bundesrat darüber abstimmen. „Wir werden diese Entwicklung nicht aufhalten können“, weiß Karl-Heinz Webels.

Sicherheitsexperten warnen vor Lockerungen

Ihn regt aber auf, dass ein neuer, gelockerter Entwurf des Bundesverkehrsministeriums von Sicherheitsexperten empfohlene Mindestvoraussetzungen nicht mehr erfüllt. „Da dürfen dann Kinder ab zwölf Jahren, also schuldunfähige Verkehrsteilnehmer, auf Gehwegen mit einem Kraftfahrzeug fahren“, wettert Webels. „Denn auch ein mit einem Elektromotor betriebener Tretroller ist ein Kraftfahrzeug.“

Die Leidtragenden werden nicht nur Kinder sein, die leicht stürzen können, sondern auch Fußgänger, die plötzlich auf dem Gehweg umgefahren werden können. Auch die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 12 für Tretroller auf Gehwegen beruhigt Webels nicht. Damit sei man immer noch mindestens doppelt so schnell wie ein Passant. Zudem seien E-Tretoller wegen der kleinen Räder und der schmalen Lenkstange weniger fahrstabil und wegen des hohen Gewichtes für Kinder noch schwieriger zu steuern.

Auf heftige Kritik stößt auch die zweite Regelung, dass maximal 20 km/h schnelle E-Scooter bereits von 14-Jährigen auf Radwegen oder (falls nicht vorhanden) auf Fahrbahnen benutzt werden dürfen. „Die brauchen nicht mal einen Mofa-Prüfschein. Und einen Helm müssen sie auch nicht tragen“, schimpft Webels. Er fordert, das Mindestalter auf 15 Jahre hinauf zu setzen, eine generelle Helmpflicht für alle E-Kleinstfahrzeuge einzuführen sowie einen Nachweis dafür zu verlangen, dass der Nutzer die wichtigsten Verkehrsregeln beherrscht.

Essener Polizei und Verkehrswacht fordern Helmpflicht

Und: Auf Gehwegen haben solche Roller überhaupt nichts zu suchen. Das findet auch Wolfgang Packmohr, Leiter der Verkehrsdirektion des Essener Polizeipräsidiums. „Wir haben die Befürchtung, dass es zu einem Chaos auf den Gehwegen kommen wird“, erklärt der Polizeidirektor auf Anfrage dieser Zeitung.

„Ich sehe eine erhöhte Unfallgefahr, und es wird mit Sicherheit mehr Stürze geben“, so Packmohr weiter. Wer mit 20 Stundenkilometern ohne Helm fährt, kann bei einem Unfall schwere Verletzungen erleiden. „Auch erwarte ich von den E-Scooter-Nutzern ein gewissen Grundwissen. Die sollten zumindest die Mofa-Prüfbescheinigung haben“, meint der Polizei-Verkehrsexperte.

>>VERKEHRSWACHTEN SIND SICH EINIG

  • Karl-Heinz Webels fuhr vor wenigen Tagen zu einer Arbeitstagung der deutschen Großverkehrswachten nach Mainz.
  • Dort waren sich die Verkehrsexperten einig, dass der Bundesrat den Entwurf für Elektrokleinstfahrzeug-Verordnung verschärfen müsse.
  • Sonst erhöhe sich gerade für schwächere Verkehrsteilnehmer – also Kinder, ältere Menschen und Eltern mit Kinderwagen – die Unfallgefahr, vor allem auf schmalen Gehwegen.