Essen. . Für die Kredite bürgt Essen noch, danach aber soll der Steag-Anteil zügig verkauft werden. Dahinter steckt die Einsicht, sich verlaufen zu haben.

Wenn die Stadtwerke alle paar Monate mal über ihre Steag-Beteiligung berichten, weht ein Hauch von großer weiter Welt durch den städtischen Finanz-Ausschuss: Dann ist von Kraftwerken in der Türkei und auf den Philippinen die Rede, von Aktivitäten in Kolumbien, einem Fernwärme-Projekten in Polen und der großen Hoffnung, den vulkanischen Untergrund Indonesiens per Geothermie anzuzapfen. Überall dort ist Essen mittelbar mit von der Partie, doch damit dürfte bald Schluss sein: Noch in diesem Monat soll die Politik den Einstieg in den Ausstieg aus der Steag beschließen.

Dass der Rat im nichtöffentlicher Sitzung kommende Woche dennoch noch einmal einen Millionen-Beschluss zugunsten der Steag fällt, täuscht: Es geht dort nur darum, per Ausfallbürgschaft eine Anschlussfinanzierung für jene Gesellschaft zu sichern, in der sieben Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet vor acht Jahren ihre Steag-Anteile bündelten.

Städte springen per Ausfüllbürgschaft ein

Dieser sogenannten KSBG fällt es angesichts der heiklen Lage auf dem Energiemarkt zunehmend schwerer, Bankkredite zu bekommen. Also springen jetzt die Städte ein – Essen etwa mit einer Bürgschaft von bis zu 20 Millionen Euro. Man sichert damit vorzeitig die Mitte 2020 auslaufende Finanzierung.

Zugleich aber lässt sich die Stadt das Recht einräumen, ihre Anteile auch an dritte nicht kommunal beherrschte Interessenten verkaufen zu dürfen – nur für den Fall, dass die Stadtwerke-Kollegen aus Duisburg oder Dortmund, Bochum, Oberhausen oder Dinslaken diese nicht übernehmen mögen.

Den Städten fehlen Erfahrung und Finanzkraft

Es handelt sich dabei um mehr als einen bloßen Vorratsbeschluss, denn ausdrücklich soll das Stadtparlament absegnen, dass für die Essener Steag-Anteile „zeitnah ein Verkaufsprozess gestartet“ wird. Die knappe mitgelieferte Begründung ist nicht weniger als ein Offenbarungseid für die Befürworter der Steag-Beteiligung: „Aufgrund der bekannten massiven Änderungen im energiewirtschaftlichen Umfeld wird die Steag zukünftig hohe Investitionen überwiegend im internationalen Umfeld tätigen müssen, um ihr Geschäftsmodell nachhaltig zu transformieren“, schreibt die Stadt in der Ratsvorlage: „Die Kommunen bzw. deren Stadtwerke sind aufgrund fehlender internationaler Erfahrung, begrenzter Finanzkraft und eigener regionaler Fokussierung für diesen Prozess nur begrenzt der richtige Partner.“

Den richtigen Partner zu finden, das soll mithilfe eines „offenen und wettbewerblichen Verkaufsprozesses“ gelingen. An diesen „finanzstarken Investor“ wolle man die Steag-Mehrheit dann „kurz- bis mittelfristig“ abgeben. Allein: Schon einmal suchten die sieben Stadtwerke einen ebenso finanzkräftigen wie kundigen Mit-Investor – und fanden keinen. Notgedrungen übernahmen sie die Steag damals ganz. Und damit auch das ganze Problem.

>>> STEAG – SEIT 2011 IN STADTWERKE-HAND

  • Im Jahre 2011 kauften sieben Stadtwerke aus sechs Revier-Städten Evonik 51 % der Steag ab – weil sich kein Mit-Investor fand kam in einer zweiten Tran- che 2014 auch der Rest dazu.
  • Beteiligt sind über die KSBG die Städte Dortmund (36 %), Duisburg (19%), Bochum (18%), Essen (15%), Oberhausen und Dinslaken (je 6%).