Essen. . Die städtische Umweltdezernentin Simone Raskob setzt auf die Nachrüstung der Dieselautos. Die Kosten sollen die Hersteller tragen.

Die städtische Beigeordnete Simone Raskob unterstützt die jüngste Forderung der Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) für einen Diesel-Stufen-Plan. „Das wäre die schnellste und effizienteste Maßnahme, um die Stickoxidbelastung in Essen zu verringern“, erklärt Raskob dieser Zeitung. Wie berichtet, würde Essen nach Vorstellungen der Ministerin unter den ersten 17 am höchsten belasteten Kommunen zählen, in denen zuerst Diesel-Autos, die nicht die Abgas-Norm Euro 6 erfüllen, auf Kosten der Hersteller technisch nachgerüstet werden.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) bleibt skeptisch: „Frau Schulze ist bisher die einzige im Kabinett, die das wirklich will. Der Bundesverkehrsminister sträubt sich dagegen und die Autohersteller weigern sich, die Kosten zu tragen“, gibt NRW-Sprecher Dirk Jansen zu bedenken.

Prioritätenliste für bessere Luft in Essen

In Essen aber kriegt Schulze von der Stadt und von der Politik Rückenwind. „Wir könnten dann sehr schnell Stickoxid-Grenzwerte einhalten, etwa auf der Gladbecker Straße“, glaubt die städtische Umweltdezernentin Simone Raskob. „Ob es auch für die Alfredstraße mit einer höheren Belastung reichen würde, können wir noch nicht sagen.“ Auf jeden Fall würde die Luftverschmutzung in Essen zurückgehen. Hauptverursacher für die Grenzwert-Überschreitungen seien die Diesel-Fahrzeuge, so Raskob. „Wir müssen das Problem an der Quelle lösen.“

Aus diesem Grund hat die Stadt die Hardware-Nachrüstung für Diesel-Autos mit auf ihre Prioritätenliste gesetzt und diese ans Bundesumweltministerium geschickt. Essen soll als eine von bundesweit fünf Modellstädten (Lead-City) aufzeigen, wie man kurzfristig für „saubere“ Luft sorgen kann, um Fahrverbote zu vermeiden. Die Vorschläge aus dem Rathaus werden vom Ministerium länger als vorgesehen geprüft. „Wir rechnen jetzt in zwei bis drei Wochen mit einer Rückmeldung“, so Raskob.

Während bisher nur von einer Förderung für die Nachrüstung die Rede war, geht der jüngste Vorstoß von Svenja Schulze weiter. Die Autoindustrie soll die Rechnung bezahlen. In diese Richtung argumentiert nun auch Simone Raskob: „Es wäre klug, wenn der Verursacher zur Kasse gebeten würde – und nicht der Steuerzahler.“

Guntmar Kipphardt, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, will auch die Nachrüstung. „Ja. Machen!“, sagt er klipp und klar. Dass die Autoindustrie die Kosten tragen soll, hält er angesichts der hohen Gewinne für zumutbar. „Die Aktionäre werden nicht darunter leiden.“

Umweltschützer fordern Fahrverbote für Übergangszeit

Rolf Fliß (Grüne), Vorsitzender des Bau- und Verkehrsausschusses, findet es selbstverständlich, dass die Hersteller in die Pflicht genommen werden sollten. „Aber das kommt viel zu spät“, bedauert er. Zudem sei eine „Blaue Plakette“ nötig, die nur Autos mit geringem Stickoxid-Ausstoß in die Innenstädte lässt. „Wir brauchen eine einheitliche Regelung.“

Dirk Jansen vom BUND unterstützt die Hardware-Nachrüstung. „Aber es wird Jahre dauern, bis das umgesetzt worden ist. In der Übergangszeit brauchen wir Fahrbeschränkungen“. Die aktuelle Diskussion sei nur ein „Ablenkungsmanöver, um das Wort Fahrverbote nicht in den Mund zu nehmen.“

>>DIESEL-HARDWARE FÜR ESSEN KOSTET VIELE MILLIONEN

Laut Bundesumweltministeriums würde die Nachrüstung für Dieselautos in den 17 am stärksten belasteten Städten 2,9 Millionen Euro kosten. In Essen wäre dafür ein mindestens zweistelliger Millionenbetrag nötig. In Essen fährt fast jeder Zweite Diesel.

Vor einem Jahr (August 2017) waren 157 000 Diesel-Fahrzeuge zugelassen, davon über 134 000 Pkw. Nur 22 300 hatten Euro 6.

An fünf von zehn Messstellen wird der Stickoxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm überschritten.