Essen. . Thomas Kufen gegen Thomas Kutschaty – aus diesem Zweikampf um den Oberbürgermeister-Posten wird’s 2020 nichts. Die Genossen gehen auf die Suche.

Wenn stimmt, was sie sich bei den Sozis so hinter vorgehaltener Hand zuraunen, dann gratulierten an jenem Dienstagvormittag die Falschen zuerst. Die hiesigen Genossen, sie waren vielleicht noch zu perplex, als Thomas Kutschaty mit 35:31 Stimmen zum neuen SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag gewählt worden war – gegen den üblichen Regional-Proporz, gegen alle parteiinternen Wetten.

Also machte ausgerechnet Essens CDU-Chef Matthias Hauer das Rennen und sandte dem großkoalitionären Amtskollegen der örtlichen Sozialdemokratie einen freundlichen Gruß über den Kurznachrichten-Dienst WhatsApp.

„Für unseren Kandidaten kämpfen statt gegen andere“

Die Gratulation, sie kam von Herzen, denn dank seines Karrieresprungs im Land hat sich mit Kutschaty der wohl aussichtsreichste Konkurrenz-Kandidat der SPD ums Amt des Essener Oberbürgermeisters aus dem Rennen genommen. „Die Schwatten“, heißt es bei den „Roten“ irritiert, seien seither „wohl in Champagner-Laune“.

Scheint so. Aber auch wenn man das Grinsen regelrecht durchs Telefon hört – natürlich muss CDU-Mann Hauer so etwas offiziell dementieren: „Wir konzentrieren uns lieber auf uns und kämpfen für unseren Kandidaten statt primär gegen andere“, sagt Hauer also: „Wir haben ja eh nicht zu entscheiden, wer da bei der SPD antritt.“

Keine Antwort auf das „hätte, wäre, würde“

Auch wieder wahr, und so lehnt man sich gemütlich zurück, um zu beobachten, welche personelle Alternative die Genossen zu einem OB aufbieten wollen, der selbst vom DGB oder gar sozialdemokratischen Altvorderen reichlich mit Lob bedacht wird.

Ohnehin wird auf ewig ungeklärt bleiben, ob es zu dem von vielen erhofften Zweikampf um die Stadtspitze – Kufen gegen Kutschaty – überhaupt gekommen wäre. Jene, die spürbar näher dran sind an dem 49-Jährigen Ex-Justizminister, wagen das füglich zu bezweifeln, und Thomas Kutschaty selbst denkt gar nicht daran, die Frage nach dem „hätte, wäre, würde“ zu beantworten.

Die aktuellen Mandatsträger halten sich zurück

Sondern kündigt stattdessen dieser Tage einen „Findungsprozess“ an, der nach dem hiesigen SPD-Parteitag am 7. Juli in Fahrt kommen soll. Das sei – mehr lässt er sich derzeit nicht entlocken – die vornehmlichste Aufgabe des dann neu gewählten Parteivorstands.

Einer, der diesem Gremium mutmaßlich angehören wird, sagt voraus, dass die Antwort auf die K-Frage werden dürfte: „Wenn Thomas Kutschaty nicht zur Verfügung steht, sehe ich weit und breit keinen, der die notwendige Statur hätte“, heißt es vielmehr entwaffnend. Dies zumal es offenbar so etwas wie eine Verabredung unter den aktuellen Mandatsträgern gibt zurückzustehen und stattdessen jemandem eine Chance zu geben, der – noch – in der zweiten Reihe agiert.

Erst mal nur einen Achtungserfolg erzielen?

Man denkt mittel- bis langfristig, ja, mancher scheint sogar bereit, die anstehende OB-Wahl im Herbst 2020 verloren zu geben und setzt deshalb als Ziel, einen „Achtungserfolg“ gegen Thomas Kufen zu erzielen. „Das würde natürlich bedeuten, dass wir im Falle einer Niederlage im ersten Anlauf nicht gleich unser Lieblingsspiel spielen“, seufzt jemand aus der sozialdemokratischen Führungsriege, und das gehe so: „Wer ist schuld? Auf Wiedersehen!“

Nein, gegen einen 44-jährigen, talentierten Christdemokraten müsse man mit langem Atem agieren. Einen Kandidaten jenseits von Essen zu suchen, will man sich ersparen, „auch wir haben viele junge Talente“. Eines davon müsste man in einem ersten Schritt bekannt machen, keine leichte Sache, sagt ein Mandatsträger, denn die Bekanntheit lokaler Politiker würde meist überschätzt: „In manchen Stadtteilen könnte selbst der Fraktionschef eine Bank überfallen – den würde keiner erkennen.“

Umso mehr sorgt man sich um bekannte Konkurrenz: Ex-Genosse Guido Reil hat angekündigt, dass seine AfD einen OB-Kandidaten aufstellen werde. Womöglich macht er’s sogar selbst. Angesichts des Zuspruchs zur AfD gerade in sozialdemokratischen Hochburgen darf man annehmen: Falscher könnte die Wahl für die SPD dann wohl kaum laufen.

>> OB- UND RATSWAHL: 2020 WIEDER GEMEINSAM

Weil OB Reinhard Paß – anders als manche Amtskollegen – seine Amtszeit nicht vorzeitig beenden wollte, gab es im Mai 2014 „nur“ eine Wahl zu Rat und Bezirksvertretungen.

Die isolierte OB-Wahl folgte zum regulären Ende von Paß’ Amtszeit im September 2015. Im Herbst 2020 werden die beiden Wahlen wieder zusammengelegt erfolgen.