Essen. . Peinliche Rüge aus Gelsenkirchen: Dem vom Justizministerium als Präsident des Landessozialgerichts ausgeguckten Bewerber fehle Eignung zum Job.

Zum wiederholten Male hat sich das Justizministerium des Landes eine extrem peinliche juristische Niederlage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen eingefangen. Die Richter haben der obersten Behörde untersagt, die Stelle des Präsidenten am Landessozialgericht (LSG) in Essen wie geplant mit einem ihrer Abteilungsleiter zu besetzen.

Ministerialdirigent und Sozialdemokrat Andreas Christians (58) war schon vom neuen Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion und damaligen Justizminister Thomas Kutschaty für diesen Posten ausgeguckt worden. An dieser Personalie hielt nach dem Regierungswechsel auch der neue Justizminister Peter Biesenbach (CDU) fest. Offenkundig, um den dann freiwerdenden einflussreichen Posten der Abteilung II a (Öffentliches und Zivilrecht) mit einem Christdemokraten zu besetzen.

Nachfolge nur aus eigenem Hause

Diesem parteiübergreifenden Personalgeschacher schob das Gericht nun einen kräftigen Riegel vor. Christians (Besoldungsgruppe B7, ca. 9700 Euro monatlich) darf die Stelle des obersten Sozialrichters nicht antreten, weil er nicht den Anforderungen des Präsidentenamtes genügt. Das gerichtliche Signal geht weit über diesen Einzelfall hinaus und bereitet der Methodik des Ministeriums ein Ende, irgendeinem Topjuristen aus eigenem Hause den Spitzenposten der Sozialgerichtsbarkeit anzuvertrauen. Die Richter um den Vorsitzenden Prof. Bernd Andrick hoben in ihrem Beschluss hervor, dass die Behörde in ihrem eigenen Anforderungsprofil festgelegt habe, dass nur derjenige Präsident des LSG werden könne, der sich dort als Richter bewährt habe.

Volljurist Christians hat aber nie an einem Sozialgericht gearbeitet. Dies hatte nach Bekanntwerden seiner Beförderung eine Protestwelle in der Gerichtsbarkeit ausgelöst. Der kommissarische Präsident des LSG, Vizechef Martin Löns, und die Präsidentin des Sozialgerichts Gelsenkirchens, Sylvia Fleck, hatten daraufhin Konkurrentenverfahren beim Verwaltungsgericht eingereicht. Ursprünglich hatte auch Peter Brückner, Präsident des Sozialgerichts Düsseldorf, zu diesem Kreis gezählt, war dann aber im Laufe des Verfahrens ausgestiegen. Diese drei einte der unbedingte Wille, einen Chef ohne Stallgeruch zu verhindern. Damit hatten sie jetzt vermutlich dauerhaft Erfolg.

Denselben Fehler nicht zweimal machen

Auf den Umstand, dass ein LSG-Präsident aus dem eigenen Haus kommen müsse, hatten auch schon der Präsidialrat für Richter-Ernennungen und die Einigungsstelle beim Ministerium unter Vorsitz des ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichts Aachen, Prof. Dr. Herbert Limpens, hingewiesen. Beide Gremien hatten der Berufung Christians’ widersprochen. Seltsamerweise hatte der Präsidialrat die Ernennung des letzten LSG-Präsidenten, Joachim Nieding, nicht gestoppt, obwohl auch der aus dem Ministerium kam und nie vorher Sozialrichter war.

Aber auf diese „gespaltene Zunge“ kam es dem Verwaltungsgericht nicht an, frei nach dem Motto: Selbst eine Behörde muss denselben Fehler nicht zweimal machen. Mitbewerber Martin Löns, der das LSG schon dreimal erfolgreich kommissarisch geleitet hat, besitzt nach Ansicht des Verwaltungsgerichts unter den noch verbliebenen Bewerbern eindeutig die beste Qualifikation für den Präsidentensessel. Deshalb wurde seinem Antrag, das derzeitige Ernennungsverfahren zu stoppen, stattgegeben (AZ.: 12 L 284/18).

Anforderungsprofil ist unbekannt

Das Gericht hat aus diesem Grund auch den Antrag der Präsidentin des Sozialgerichts Gelsenkirchen, Sylvia Fleck, zurückgewiesen. Sie sei gegenüber Martin Löns als Vizechef des LSG schon wegen dessen ranghöherer Stelle statusrechtlich im Nachteil (12 L 265/18).

Ein Sprecher des NRW-Justizministeriums kündigte am Donnerstag an, gegen das Votum aus Gelsenkirchen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzulegen. Zur Begründung hieß es, das vom Verwaltungsgericht formulierte Anforderungsprofil gebe es so gar nicht.

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Die Sozialgerichtsbarkeit ist in allen Belangen des Sozialrechts tätig. Ihre Gerichte kontrollieren die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der meisten Sozialverwaltungen. Daher dient sie im Wesentlichen dem Schutz der sozialen Rechte des Bürgers.

Seit der frühere Präsident Joachim Nieding in Ruhestand ging, ist der Chefposten unbesetzt. Seit mittlerweile über einem Jahr.