Essen. . Die „alte“ Grundsteuer bringt 134 Millionen Euro in die Stadtkasse. Die „neue“ muss ebenso lukrativ sein, mahnt Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp.

Der Finanzchef einer Stadt muss seine Penunzen beisammen halten, kein Wunder also, dass bei Essens Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp gestern das rote Lämpchen anging, als Karlsruhe über die Grundsteuer urteilte: Er wolle ja, sagte Grabenkamp dann, „nicht mehr Geld einnehmen als bisher“. Kunstpause. „Aber eben auch nicht weniger.“

Damit ist zumindest aus gesamtstädtischer Essener Sicht der Kern des Problems klar umrissen: Die Grundsteuer B, die auf mehr als 156 000 bebaute und unbebaute Grundstücke erhoben wird, sie ist die zweitwichtigste Steuerquelle der Stadt. Sprudelt zwar nicht so üppig wie die Gewerbesteuer, dafür aber verlässlich, ohne große Aufs und Abs und saisonale Dellen. Rund 134 Millionen Euro beschert sie dem Stadtsäckel anno 2018 an Einnahmen, das ist mehr als jeder sechste Steuer-Euro in der Stadt.

Grabenkamp hofft auf das gerechteste Rechen-Modell

„Für Essen steht also sehr viel auf dem Spiel“, betont Gerhard Grabenkamp – und doch bleibt ihm angesichts des gesenkten Daumens der Verfassungsrichter nur der Appell an Bund und Land, möglichst schnell eine Gesetzesreform auf den Weg zu bringen. Eine, die dazu verhilft, die „alte“ Steuer durch eine „neue“ in etwa gleicher Höhe zu ersetzen.

Ein entsprechender Vorschlag liegt seit längerem vor, dem so genannten „Verkehrswert-Modell“ kann auch Grabenkamp am meisten abgewinnen, „es ist das gerechteste Modell“, glaubt der 55-Jährige, und es bietet ein eigenes Hebesatzrecht für die örtliche Politik. In Essen also, und nirgends sonst, würde über die Höhe entschieden.

„Man hat unnötig Zeit verstreichen lassen“

Allerdings hat die Sache wohl einen Haken: Es lässt sich zwar regeln, dass die Stadt alles in allem nicht weniger Grundsteuer einnimmt als vorher. Doch wie diese Summe zustande kommt, sprich: Wer im Stadtgebiet Gewinner und wer Verlierer des Modells wird, ist völlig offen. Bei Hauseigentümern wie auch bei den Mietern, denn an diese wird die Grundsteuerrechnung durchgereicht.

Dass es dabei zu sozialen Schieflagen kommen kann, wurde in Essen schon vor dreieinhalb Jahren diskutiert, als die Stadt aus Geldnot beschloss, die Grundsteuer B durch einen spürbar höheren Hebesatz um satte 13,6 Prozent anzuheben. Was damals die Linken beklagten, greift heute der Deutsche Mieterbund auf, der vor „erheblichen finanziellen Mehrbelastungen“ warnt.

Der damalige Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve räumte denn auch ein: „Wir müssen leider die Gefahr eingehen, dass es manchen doppelt trifft.“ Doch wer nun am Ende bei einer Neu-Regelung mehr und wer weniger als bisher zahlt, das bleibt noch auf Jahre hinaus unklar: Bis 2024 sämtliche Neubewertungen abzuschließen, so wie es die Karlsruher Richter fordern, „das ist sehr ambitioniert“, fürchtet Klieves Nachfolger im Amte, Gerhard Grabenkamp: „Man hat unnötig Zeit verstreichen lassen, und jetzt wird’s langsam knapp.“

>>> WER GRUNDSTEUER B SAGT, KANN A VERNACHLÄSSIGEN

Es gibt zwei Arten von Grundsteuern – eine für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A) und eine für bebaute und unbebaute Grundstücke (Grundsteuer B).

Die Grundsteuer A ist mit einem Aufkommen von knapp 124 000 Euro vernachlässigenswert, die Grundsteuer B für exakt 156 670 Grundstücke in Essen spielt ca. 134 Millionen Euro ein.