Essen. . Innenministerium stellt klar, dass Weltkriegsbomben unverzüglich geräumt werden müssen. Trotz der Belastungen für Anwohner und Sicherheitskräfte.
Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg zu entschärfen – dies bleibt wohl auch künftig ein ebenso kurzfristiges wie kräftezehrendes Unterfangen: Nervig für Anwohner, die mitunter einen ganzen Abend lang aus ihren Wohnungen ausgesperrt bleiben; aufwendig für die Ordnungskräfte, die aus dem Stand großflächige Evakuierungen organisieren müssen; teuer für die Stadt, die „unverzüglich“ handeln muss, statt „komfortablere“ Termine zu wählen, um die seit mindestens 73 Jahren im Boden schlummernden Bomben unschädlich zu machen.
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Dies jedenfalls schließt Essens Ordnungsdezernent Christian Kromberg aus einigen klarstellenden Sätzen, die NRW-Innenminister Herbert Reul jetzt dem SPD-Landtagsabgeordneten Frank Müller übermittelte. Müller hatte jüngst in einer Kleinen Anfrage die Klage Krombergs aufgegriffen, der am Beispiel einer Bombenentschärfung in Altenessen Anfang Februar den Aufwand kritisiert hatte. Seine Leute, so mahnte der Dezernent, „gehen mittlerweile auf dem Zahnfleisch.“
Nur erneut auf die Gefahren hingewiesen
Geht nicht anders, signalisiert nun achselzuckend das Land – und bestreitet die Sicht der Essener Verantwortlichen, dass im Jahr 2014 die Regeln strenger gefasst worden seien. Die Bezirksregierung habe damals in Rundverfügungen nur „erneut“ auf die von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren und das Erfordernis einer unverzüglichen Entschärfung hingewiesen: „Dies entsprach bisheriger Verwaltungspraxis und stellte keine Verschärfung dar.“
Alle beteiligten Stellen im Essener Rathaus sahen das anders, weshalb Kromberg nun seufzend über den „Unterschied zwischen Normebene und Realebene“ sinniert. Will sagen: Blindgänger „unverzüglich“ zu entschärfen, das mag schon immer die Vorschrift gewesen sein, es hatte sich nur eine Praxis eingespielt, bei der man auch schon mal zwei, drei Tage ins Land gehen ließ, bevor dann zu kommoderen Zeiten – etwa am Wochenende – bei vielleicht überschaubarerem Aufwand der Kampfmittelräumdienst zur Arbeit schritt.
Kein Traute, Sicherheitsvorkehrungen zurückzudrehen
Heute vermag niemand mehr zu sagen, ob die Kommunalaufsicht das irgendwann mal als gefährlichen Schlendrian empfand, oder ob das böse Gerücht unter Praktikern stimmt, die Bombenentschärfer hätten einfach nur keine Lust mehr auf die vielen Samstagstermine gehabt.
Wo dann aber einmal die Sicherheitsvorkehrungen verschärft werden, traut sich aus Haftungsgründen keiner mehr, sie zurückzudrehen. Was auch für das Land gilt: Reuls Formulierung, vor Ort gelte der Grundsatz, den Sicherheitsrahmen „so groß wie notwendig – so klein wie vertretbar“ zu fassen, dürfte im Zweifelsfall stets eher zu weit als zu knapp interpretiert werden. Unterschiede zwischen den verschiedenen Regierungsbezirken im Land gebe es da im Übrigen nicht, betont der Innenmister: Die Evakuierungs-Bedingungen seien abhängig von der Bombengröße (und damit der Sprengstoffmenge), vom Zünderzustand und der Fundsituation mit Blick auf die Bebauung in der Umgebung.
Einschränkungen seien nun mal hinzunehmen
Die Gefahrenabwehr erfolge am Ende im allgemeinen Interesse, schreibt Reul weiter, „Einschränkungen sind hinzunehmen“. Einsätze wie Anfang Februar in Altenessen wird es also auch künftig geben: Evakuierte Altenheime, Straßensperren zur Rushhour – und Bürgers Rückkehr in die eigene Wohnung nachts um halb zwei.