Essen. . Viele Gebrauchtwarenhändler in Essen bleiben als Folge des Abgas-Skandals auf ihren Diesel-Fahrzeugen sitzen. Diesel-Autos verlieren an Wert.
- Wegen des Abgas-Skandals bleiben viele Autohändler in essen auf Dieselwagen sitzen.
- Sie klagen: Bürger vertrauen der gesamten Automobil-Industrie nicht mehr.
- Neuwagen-Händler in Essen loben Umwelt-Prämien für alte Diesel-Fahrzeuge aus.
Vor nicht allzu langer Zeit waren Dieselfahrzeuge bei der Autoboutique eine sichere Bank, fast 60 Prozent der Autos, die Karim Kheiri mit seinem Essener Gebrauchtwarenhandel verkauft hat, fuhren mit Diesel. Seit rund zwei Monaten ist das anders: In dieser Zeit ist der Skandal um manipulierte Abgaswerte richtig ins Rollen gekommen. Und Kheiri bleibt auf seinen Diesel-Modellen sitzen – so wie viele andere Autohändler in dieser Stadt auch.
„Es ist eine Katastrophe“, seufzt Kheiri und deutet auf einen Diesel betriebenen Seat Ibiza, Baujahr 2014: „Vor dem Skandal wäre ich den ganz schnell für 8000 Euro losgeworden“, sagt er. Und heute? Heute wiegt der Wagen schwerer als Blei im Benzin. „Zwei Anfragen aus dem Ausland gab es, eine aus Bulgarien, eine aus Rumänien.“ Gekauft hat ihn niemand, hierzulande interessiere sich niemand dafür.
Viele Händler stehen kurz vorm Bankrott
Aus dem Grund kaufe er selbst auch keine Dieselfahrzeuge mehr an. „Die werde ich dann ja selbst nicht mehr los“, sagt er. Von großen Händlern in der Stadt wisse er, dass es auch dort Probleme gebe: „Die Mitarbeiter sind angehalten, für Dieselfahrzeuge höchstens 25 Prozent unter Schwacke zu nehmen“, berichtet er. Schuld seien Hersteller und Politik, die Leidtragenden seien die Bürger und gerade die kleinen Händler: „Viele Kollegen stehen kurz vorm Bankrott.“
Frank von Pigage geht es da etwas besser: „Ich merke das nicht so extrem, denn ich habe mich eigentlich in den 33 Jahren, in dem ich im Geschäft bin, schon immer mehr auf Benziner konzentriert.“ Da komme der an der Alfredistraße ansässige Händler bislang nicht in die Verlegenheit, extreme Preisnachlässe anbieten zu müssen, um etwaige Ladenhüter loszuwerden. Jedoch beobachte er, dass – vor allem bei Neu- und Jahreswagen – die Krise auch auf Benziner hinüberschwappe. „Die Leute haben das Vertrauen in die Branche verloren“, ist er überzeugt. „Wenn das sich noch lange so hinschleppt, ist das schlecht für die gesamte Wirtschaft in Deutschland: Denn hier hängt viel an der Autoindustrie.
Doch sei er überzeugt, dass die Verantwortlichen mit Hochdruck an Lösungen arbeiteten. Ein Fahrverbot für Diesel könne diese Lösung aber nicht sein: „Das wäre katastrophal, wenn zum Beispiel Zulieferer nicht mehr in die Städte könnten.“ Doch von Pigage gibt sich optimistisch: „Die Branche hat in den 1970ern die Ölkrise überstanden, und wir werden auch die Dieselkrise überstehen – das Auto ist nun mal des Deutschen liebstes Spielzeug.“
Umweltbonus für Alt-Diesel
Ganz so viel Vertrauen in den Staat hat Anush Shahi nicht. Der Inhaber des Essener Unternehmens „Shahi-Automobile“ glaubt, dass der Staat am liebsten Dieselfahrzeuge vom Markt verschwinden lassen würde – und nicht nur die: „Benzin gibt es ja nicht unendlich, und dadurch, dass der Gaspreis steigt, ist diese Alternative auch zunehmend uninteressant.“ Der an der Schederhofstraße ansässige Händler meint, die Regierung wolle so E-Autos unterstützen: „Aber die kann sich noch kein normaler Mensch leisten.“ Er selbst bekomme die Folgen des Abgas-Skandals stark zu spüren: „Bei Diesel geht momentan kaum etwas.“ Höchstens im Export-Bereich könne man Wagen verkaufen, allerdings mit extremem Werteverlust. Wie ernst die Entwicklung sei, sehe man daran, dass Hersteller nun Abwrackprämien für alte Dieselmodelle nehmen. „Bis zu 10 000 Euro – da kann man sich ja ausrechnen, was übrig bleibt.“
Einen Umweltbonus bietet in Essen auch das Autohaus Reintges an: „Zurzeit kaufen wir keine Euro-1, -2, und 3-Dieselfahrzeuge mehr an“, so Geschäftsführer Klaus-Peter Reintges. „ Allerdings bieten wir für diese Fahrzeuge einen Umweltbonus von 2000 bis 8000 Euro bei Kauf eines Ford Neuwagens. Die Altfahrzeuge werden dann verschrottet und so dauerhaft aus dem Verkehr gezogen.“
Auch Reintges hat im Privatkundenbereich eine Verlagerung vom Diesel zu modernen Benzinern beobachtet. „Gewerbekunden mit höheren Fahrleistungen bevorzugen nach wie vor den Dieselmotor aufgrund des günstigeren Verbrauchs.“ Der Abgas-Skandal habe aber in erster Linie den Marken geschadet, die Manipulations-Software eingesetzt haben, stellt der Geschäftsführer des auf Kia und Ford spezialisierten Autohauses fest.