Gevelsberg. Familie Kruse sorgte mit einem Projektor für Weihnachtsstimmung. Er wurde gestohlen. Es gibt Beweise. Aber dürfen die verwendet werden?

Es waren Lichtprojektionen, die in der Gevelsberger Straße „Im Himmel“ zuletzt ein Blickfang waren und in den vergangenen Wochen viele Personen auf Weihnachten einstimmten. Doch sie sind verschwunden. Familie Kruse würde ihren Projektor auch gerne wieder anschalten. Das geht nur nicht, weil er gestohlen worden ist.

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Ereignet hat sich der Diebstahl in der Nacht von dem 9. auf den 10. Dezember. Um genau zu sein, um 2.24 Uhr. Diese Angabe ist einem Überwachungsvideo zu entnehmen, das über die Ringschelle des Hauses aufgenommen wurde. Sie wird aktiviert, sobald sich der Bewegungsmelder an der Haustür einschaltet. Einige Minuten vorher filmte die Kamera schon einmal. Der Dieb stand auf einem Zuweg zum Haus und schaute sogar einmal in Richtung Klingel. Er wusste womöglich, dass er aufgenommen wurde. Er betrachtete ganz in Ruhe den Vorgarten, dekoriert mit Lichterketten und Zuckerstangen. Dort stand auch der Projektor, der sonst in verschiedenen Farben animierte Weihnachtsformen an die Hauswand wirft. Über Nacht war er ausgeschaltet.

Familie hat noch keine Anzeige gestellt

Der Dieb ging weg und kam kurz darauf wieder zurück. In seiner linken Jackentasche hatte er einen Seitenschneider dabei, den er ohne Hemmungen zückte und das Stromkabel des Projektors glatt durchtrennte. Dann schnappte er sich den Projektor und rannte mit ihm in der Hand zurück auf die Straße in Richtung Heidestraße. Zu erkennen ist auf dem Video: Der Täter hat eine schwarze Kapuze über den Kopf gezogen, trug eine braune Jacke mit einem roten Gegenstand in der rechten Seitentasche, eine dunkle Hose sowie schwarze Schuhe mit weißer Sohle (leicht über die Außenseite laufend).

Der Projektor hat viele weihnachtliche Motive auf die Hauswand geworfen.
Der Projektor hat viele weihnachtliche Motive auf die Hauswand geworfen. © Tatjana Kruse | Tatjana Kruse

Tatjana Kruse, die sich den Projektor vor drei Jahren gekauft hatte, war fassungslos. Seitdem die Hauswand nicht mehr angestrahlt wird, haben sogar Nachbarn und Passanten gefragt, was passiert ist. Eine Anzeige bei der Polizei haben die Kruses bisher nicht gestellt. „Ich glaube nicht, dass wir damit Erfolg hätten“, schätzt Nico Kruse. Wobei die Polizeibehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises immer dazu animiert. Möglicherweise kann es doch mal einen Hinweis geben, sobald ein Fall öffentlich wird. Im Optimalfall wird ein Diebstahl aufgedeckt und der Täter treibt danach keinen Unfug mehr.

Material von Videokameras unterliegt rechtlichen Vorschriften

Die Hausbesitzer haben zudem Zweifel, dass das Videomaterial benutzt werden darf. „Darauf sind neben dem Vorgarten und Zugang zum Haus auch der Bürgersteig und die Straße zu erkennen, also öffentlicher Raum“, geben sie zu bedenken. Eine zweite Überwachungskamera, die sie besitzen, filmt lediglich das eigene Grundstück. Dort muss allerdings die Batterie ausgewechselt werden, die vor zwei Wochen den Geist aufgegeben hatte. „Ich hatte noch keine Zeit, das zu tun und natürlich nie damit gerechnet, dass ausgerechnet in dem Zeitraum etwas passieren würde“, erzählt Nico Kruse.

Nico und Tatjana Kruse sind fassungslos. Die Kassetten mit den Motiven, die Fernbedienung sowie das Stromkabel haben sie noch übrig.
Nico und Tatjana Kruse sind fassungslos. Die Kassetten mit den Motiven, die Fernbedienung sowie das Stromkabel haben sie noch übrig. © Hendrik Steimann | Hendrik Steimann

Auf Nachfrage unserer Redaktion bei der Polizei heißt es, dass Privatpersonen streng genommen Hinweise auf eine Überwachungskamera geben müssen. Das gelte auch für eine Kamera in einer Schelle, weil Videomaterial aufgezeichnet werde. „Eigentlich darf man nur seinen Privatraum filmen“, erklärt Polizeisprecher Christoph Neuhaus. Kommt es hart auf hart, könnte die Aufnahme im Fall vor Ort in Gevelsberg dennoch als Beweis dienen. „Es gibt viele höchstrichterliche Urteile, die besagen, dass Videomaterial als Beweis verwendet werden darf – auch, wenn öffentlicher Raum zu sehen ist“, sagt Neuhaus. Dies müsse allerdings vorher mit der Datenschutzgrundverordnung abgeglichen werden.

Zweiter Vorfall in derselben Straße Ende November

Tatjana Kruse hat dem Dieb die Chance gegeben, den Projektor im Wert von 30 Euro zurückzubringen. Sie würde ihn auch direkt wieder aufstellen. Erkannt haben sie und die Nachbarn den Täter nicht. Laut den Kruses könne der mit dem Projektor nichts anfangen. „Das Stromkabel ist bei uns. Über Nacht haben wir keine Kassette eingelegt und die Fernbedienung ist auch noch hier“, zeigt die Besitzerin auf.

Ihre Familie und Nachbarn haben nun ein mulmiges Gefühl und sind besonders achtsam. Die Weihnachtsdeko ist zur Sicherheit fast komplett abgeräumt. Bei einer Familie zwei Häuser weiter gab es in der Nacht des 22. auf den 23. November ebenfalls einen unheimlichen Moment: „Es schnellte um 3.04 plötzlich und jemand klopfte an die Tür“, erzählt Irina Baier, die sich erschreckte und froh war, nicht alleine zu sein. Sie und ihr Mann schauten vorsichtig nach, es war aber niemand zu sehen. Auch sie haben eine Kamera in der Ringschelle. Zu sehen war: Möglicherweise genau derselbe Mann wie bei Familie Kruse. Gestohlen oder zerstört wurde nichts. Der Polizei ist zudem derzeit keine Tatserie bekannt.

Ab Herbst, wie hier zu Halloween, ist der Projektor bei Familie Kruse im Einsatz.
Ab Herbst, wie hier zu Halloween, ist der Projektor bei Familie Kruse im Einsatz. © Tatjana Kruse | Tatjana Kruse

Die Zwillingsjungs Lars und Luis (6 Jahre) von nebenan sind traurig. „Wenn wir irgendwo hin fahren, schaue ich mir die Bilder immer gerne an. Und auch, wenn ich wieder nach Hause komme“, berichtet Lars. Sein Bruder sagt: „Die Bilder gefallen mir sehr, vor allem die Motive zu Halloween.“ Denn ab dem Herbst läuft der Projektor, bis ins Frühjahr zum Ende der Winterzeit. Tatjana Kruse hat verschiedene Kassetten mit passenden Motiven. „Mein Mann und mein Sohn haben im Januar Geburtstag, daher gibt‘s in dem Zeitraum immer Geschenk-Motive“, verrät die Gevelsbergerin. Ein besonderes Geschenk wird sie wohl an Heiligabend unter dem Tannenbaum liegen haben, wie ihr Mann dezent verlauten lässt. „Ich habe so etwas von meinen Schwiegereltern gehört“, sagt er zwinkernd.

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