Gevelsberg. Das Geschäft für fair gehandelte Produkte hat sich auf der Mittelstraße etabliert. Warum es nun seinen Standort gewechselt hat.
Wer noch ein paar Schritte entfernt vom Schaufenster ist, kann durch die Glasscheibe bereits erkennen, dass sich etwas verändert hat im Ladenlokal an der Mittelstraße 11. Zu sehen sind Regale und wer näher kommt, erkennt Basteleien, etwas Kleidung und Lebensmittel. Manche schauen seit ein paar Tagen neugierig durch die Scheibe, andere trauen sich herein. In der Fußgängerzone hat der Weltladen nun seinen neuen Standort, er ist von der Mittelstraße 36 hinuntergezogen. Die offizielle Eröffnung erfolgte am Freitag im Zuge des Mondscheinbummels.
Direkt neben dem Haarstudio Koch by Anna hat sich der Weltladen sichtbarer gemacht. Das war das Ziel des über einen gemeinnützigen Verein geführten Geschäfts. Der ehemalige Standort sei doch recht unscheinbar gewesen, erzählen die ehrenamtlich Engagierten. Zwar war die Ladenfläche ein Stück weiter oben an der Mittelstraße mit 45 Quadratmetern nur unwesentlich kleiner. Aber die Verkaufsfläche war in die Länge gezogen, zwölf Meter lang und dafür nur drei Meter breit. Zudem war der Eingang nur über Treppen begehbar. Nun ist alles offener und ebenerdig gestaltet, nicht so beengt – wobei etwas weniger Regale zur Verfügung stehen. Anfang der Woche waren zwar so gut wie alle Produkte transportiert worden. Zwischendurch überlegte das Team um die Vorsitzende Angelika vom Bruch aber, wie möglicherweise manches doch noch etwas anders positioniert werden könnte.
Interesse an fair gehandelten Produkten ist größer geworden
Das Interesse an fair gehandelten Produkten, die früher in der Regel aus Ländern der „dritten Welt“ exportiert worden sind, sei über die Jahre größer geworden. Es geht dem Weltladen weiterhin um die fairen Bedingungen, die mit dem Handel und den Produzenten verbunden sind. Das war schon im Oktober 1999 so, als alles begann. Damals mit nur einem Verkaufsstand auf dem Weihnachtsmarkt. Eigentlich sollte lediglich für drei Monate eine Art Weihnachtsgeschäft laufen. „Wir hatten damals nicht damit gerechnet, dass die Nachfrage so groß war“, gesteht Heide Scherffig. Sie gehörte zu der kleinen Gruppe, die den Laden gründete. Der Wunsch war da, also fanden sich zehn Personen, die zum Jahrtausendwechsel in einer Filiale des ehemaligen Familar-Warenhauses weitermachten. Sechs Tage in der Woche war geöffnet. 2009 zog Kaufland in das Center ein und kündigte dem Weltladen, was bei dem Team überhaupt nicht gut ankam. Es entschloss sich, weiterzumachen und war fortan in der Mittelstraße 36 zu finden.
Neben Stammkundschaft kamen immer wieder mal neue Kunden hinzu. „Das war eine Bestätigung des Ladenbetriebs. Wir wollten außerdem immer Hintergrundinformationen zu der Ware geben“, so Scherffig, die gleichzeitig von einem „Aha-Effekt“ bei einigen spricht. Wie früher betreuen heute den Weltladen überwiegend Personen, die sich im Ruhestand befinden. „Nur eine Mitarbeiterin ist noch berufstätig“, verrät Angelika vom Bruch. Auf 20 Personen ist die Gruppe mittlerweile angewachsen. Immer wieder mal wurden neue Kontakte geknüpft, überwiegend über die evangelische Kirchengemeinde. Einer der Kollegen entdeckte dann im Oktober das freie Ladenlokal neben dem Haarstudio, in dem sich zuletzt eine Fußpflege befand. „Wir sind davon ausgegangen, dass es längst weitervermietet ist, doch das war nicht so. Für uns war es ein Geschenk des Himmels“, freut sich vom Bruch.
Vermieter des alten Standorts kam dem Weltladen entgegen
Der Vermieter des alten Standorts kam dem Weltladen zudem entgegen, sodass nur eine dreimonatige statt sechsmonatige Kündigungsfrist bestand. In Windeseile passierte der Umzug, nachdem am 9. November der Kündigungsvertrag unterzeichnet wurde. „Wir haben erst gedacht, dass wir bis zum 1. Dezember gar nicht den Transport schaffen, waren aber aufgrund vieler Helfer nun schon einige Tage eher fertig“, erzählt vom Bruch. Sie freut sich über die breite Palette an Angeboten. Die haben sich je nach Export der großen Unternehmen im fairen Handel in den vergangenen 24 Jahren in Gevelsberg erweitert oder etwas verändert. Manches lief auch mal nicht so gut: Bunte Röcke aus Afrika gefielen dem Team – aber keinen Kunden. Kleidung ist auch nur zu einem kleinen Teil im Verkauf.
Fair gehandelte Waren sind teurer
Die Produkte im Weltladen sind in der Regel teurer als üblich. Denn durch den fairen Handel und die Kette (Produktion und Lieferung), die damit zusammenhängt, sollen faire Preise gezahlt werden, von denen am Ende die Produzenten und Arbeiter etwas haben. Im Fachhandel findet man zudem keine exklusiven Produkte. Dafür gibt es im Weltladen keine günstigen Eigenmarken, sondern ausschließlich exportierte und qualitativ hochwertige Ware. Dem Laden geht es zudem nur um Refinanzierung. Formal darf ein gemeinnütziger Vereine ohnehin nicht gewinnbringend agieren.
Zum Sortiment gehört von Beginn an der Orgánico-Kaffee aus Bolivien (250 Gramm für 6 Euro) und der Cocola-Honigkakao aus Mexiko (400 Gramm für 12,50 Euro). „Der Kakao schmeckt vielen zu süß, er ist aber immer noch mit dabei“, sagt Heide Scherffig. Abwandlungen gab es dafür beim Tee, die Sorte Earl Grey sei zum Beispiel gefragt. Während Reis von Beginn an dabei war, folgten Nudelprodukte später – da sie kaum in der dritten Welt produziert werden. Sie kommen sogar aus Italien, wenn die Produktion dort nach europäisch festgelegten Regularien ebenso auf fairem Handel basiert. Neuere Waren sind zum Beispiel aus dem Hygiene- und Kosmetikbereich: Haarseife, Rasierseife oder Gesichtspflege aus dem Amazonas-Gebiet in Südamerika. Aktuell gibt‘s auch Weihnachtskarten (3 Euro) oder gebastelte Weihnachtsdeko aus Nepal (11,60 Euro) – deutlich sichtbar vom Schaufenster aus.