Emmerich. Sonntag wird ein neuer Bürgermeister gewählt. Es ist die Nr. 65 in einer langen Liste. Ist es wieder der alte? Urkundlich ist von einem Bürgermeister zuerst 1316 die Rede. Namentlich als erster Bürgermeister bekannt ist ein Cracht van Offlande, der 1449, 1450 und 1461 das Amt innehatte

64 Bürgermeister sind seit der Stadterhebung 1233 nachgewiesen. Einige regierten auch mehrfach, wie nach dem Krieg Paul Maria van Aaken. Einige präsidierten nur kurz, einige schier endlos. Einige verwalteten im Stillen, andere repräsentierten mit sichtbarem Vergnügen. Einige spielten harmonisch auf der Klaviatur mit Rat und Verwaltung, andere traten gern mal ins Fettnäpfchen. Einge gestalteten, andere verwalteten.

In seinem gesetzlichen Rahmen war jeder Bürgermeister - ob ernannt oder vom Rat bzw. Volk gewählt, ob in ehren- oder hauptamtlicher Funktion - bestrebt, das Beste für die Stadt zu leisten. Die NRZ stellt die Bürgermeister seit 1945 kurz vor.

Hubert Fink

Er wurde 1945 noch vom englischen Ortskommandanten Norton eingesetzt. Ab 1946 amtierte er als Stadtdirektor. Fink kam 1953 bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Eine Straße trägt seinen Namen.

P.M. van Aaken

Er war von Beruf Architekt und wurde einer der Baumeister Emmerichs nach dem Zweiten Weltkrieg. Er amtierte von 1946 bis 1948 und 1952 bis 1961. Er war Mitbegründer der CDU. Mit seinem „Notschrei” machte er auf die unerträglichen Zustände in Emmerich aufmerksam. Der Appell fruchtete. Das Landeskabinett Karl Arnold tagte in Emmerich und half der gebeutelten Rheinstadt. Paul Maria van Aaken starb 1985. Eine Straße im Wohngebiet am Nollenburger Weg ist nach ihm benannt.

Wilhelm Meenen

Besonderheit in der Amtszeit des Malermeisters (1948-1950): Bei der Wahl 1949 gab es im Rat ein Patt zwischen Meenen (CDU) und Willi Schmitz (SPD). Die Bürger mussten entscheiden - und votierten für Meenen. Fast 50 Jahre musste es noch dauern, bis die Urwahl des Bürgermeisters durch das Volk eingeführt wurde. Mennen verstarb 1983.

Josef Thies

Er stammte aus Trier und zählte zu den Gründern der katholischen Zentrumspartei und rief die Volkshochschule ins Leben. Außerdem war er Vorsitzender des Blasorchesters. Thies war von 1950 bis 1952 Erster Bürger und starb 1972.

Willi Pieper

Er ist als „politisches Urgestein” bezeichnet worden. Der Postbeamte war mit allen Wassern gewaschen. Das „Phänomen” Pieper amtierte 1961 bis 1970. Mit seinem Namen verbunden bleiben der Bau der Brücke 1965 und die kommunale Neuordnung. 21 Jahre gehörte der CDU-Mann dem Landtag an. Am 27. Dezember 2007 starb er.

Franz Wolters

Er verkörperte den Idealfall des ehrenamtlichen Bürgermeisters. Mit seinem Gespür für die Anliegen der Bürger und seiner ungezwungenen Art erwarb sich der Christdemokrat Respekt und Vertrauen. Der Schneidermeister mit den flotten Sprüchen schaffte die längste Strecke als Erster Bürger von 1970 bis 1988. Er starb 1993. Ein Platz auf der Kaßstraße ist nach ihm benannt.

Norbert Giltjes

Er war 1988/1989 nur 411 Tage Stadtoberhaupt. In dieser kurzen Zeit setzte der Schulrat einige Akzente. So wies er auf die Chancen und Risiken des EU-Binnenmarktes hin. 1989 fielen die CDU und er dem „Genossen Trend” zum Opfer. Danach war er Landtagsabgeordneter. 1998 ist er gestorben. Auch er wurde mit einer Straßenbenennung geehrt.

Willi Heering

Er kam aus einem politischen Elternhaus, der Vater war USPD-Mitglied. 1989 eroberte er zum ersten Mal für die SPD das Rathaus. Der Schichtarbeiter bei der Trumpf-Spinnerei verstand sich als Anwalt der kleinen Leute. Nur ungern ließ sich das Temperamentbündel an die Kandare binden. Nach einer Abstimmungsschlappe der SPD im Rat warf er 1992 das Handtuch. Unter der Kanzlerschaft Schröders trat er aus der SPD aus.

Irene Möllenbeck

Sie war die erste Frau auf dem Bürgermeisterstuhl. Bei ihrer Wahl stiegen im Ratssaal lila Luftballons auf. Mit Fleiß und Courage packte die SPD-Frau ihr Amt an, das sie als ein politisches betrachtete. Vor allem setzte sie sich für Kindergartenplätze ein. Nach der Kommunalwahl 1994 musste sie ihren Platz im Rathaus schweren Herzens räumen. Von 1998 bis 2000 saß sie für die SPD im Landtag. Heute ist die gelernte Postbeamtin politisch nicht mehr aktiv. Beruflich ist sie Geschäftsführerin des Konzern-Betriebsrates der Deutschen Telekom in Bonn.

Dr. Klaus Krebber

Wenn es einem gelang, die konfliktträchtige Patt-Situation im Rat zwischen SPD und CDU zu meistern, dann Krebber, im Beruf Ärztlicher Direktor des Willibrord-Spitals. Zwar CDU-Mann, bewahrte sich der Mann des Ausgleichs jedoch seine Unabhängigkeit. Er war von 1994 bis 1999 der letzte ehrenamtliche Bürgermeister. Sein politisches Comeback startete er im Klever Kreistag. Krebber ist Vorsitzender der Seniorenvertetung.

Horst Boch

Der vormalige Stadtdirektor wurde 1999 der erste von den Bürgern gewählte hauptamtliche Bürgermeister. Als unabhängiger Kandidat setzte er sich in der Stichwahl gegen Udo Jessner (SPD) klar durch. Er sah seine Aufgabe vor allem als Chef der Verwaltung. In seine Amtszeit (bis 2004) fielen wichtige Entscheidungen und Weichenstellungen: städtisches Jugendcafe´ Brink, Rheinpromenade, Lohmann/PAN und Masterplan Innenstadt. Heute ist er hauptamtliches Vorstandsmitglied der Emmericher Baugenossenschaft.

Johannes Diks

Der frühere CDU-Fraktionschef empfahl sich 2004 als Mann der Wirtschaft für den Chefposten im Rathaus und wurde gleich im ersten Wahlgang mit gut 50 Prozent gewählt. Sein Hauptkonkurrent hieß Peter Hinze (SPD), der ihn auch morgen wieder herausfordert. Höhepunkt der Amtszeit des überall präsenten Diks' war die Eröffnung der gelungenen Rheinpromenade. Sie vor allem hat das Selbstbild der Emmericher zum Positiveren verändert. In den letzten fünf Jahren wurde auch die Innenstadt mit ihren Plätzen moderner gestaltet.