Emmerich. . Die Verwaltung hat noch einmal nachgefragt und herausgefunden: NRW-Gesetz schreibt vor, dass Elternwille bindend ist. Die Stadt müsste also eine neue Gesamtschule errichten, die Sekundarschule ist somit vom Tisch. Dafür will die CDU der Realschule doch noch eine Chance geben.
Und der Elternwille zählt doch! Noch vor der entscheidenden Ratssitzung im Juli scheinen die Würfel gefallen: Emmerich bekommt eine Gesamtschule und keine Sekundarschule. Grund ist ein Paragraf im NRW-Schulgesetz, der vorschreibt, dass der Elternwille bei der Errichtung einer neuen Schulform eben doch bindend ist – und nicht, wie bislang angenommen, nur empfehlenden Charakter hat. Bei der Elternbefragung im Mai sprachen sich bekanntlich zwei Drittel der Befragten für eine Gesamtschule aus.
Die Verwaltung habe noch einmal explizit in Düsseldorf nachgefragt, so Herbert Ulrich, schulpolitischer Sprecher der Emmericher CDU. Die Antwort ist auch auf NRZ-Nachfrage bei der zuständigen Bezirksregierung deutlich: „Der Elternwille ist grundsätzlich und selbstverständlich bindend“, so eine Sprecherin. Dies stünde so im Gesetz und sei allgemein bekannt. Zum konkreten Emmericher Fall konnte sie allerdings nichts sagen: „Wir haben die Ergebnisse der Elternbefragung von der Stadt noch nicht bekommen.“
Hat da jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht? Ulrich sieht das nicht so. Die Verlautbarungen seitens der Bezirksregierung seien bis jetzt einfach andere gewesen, sagt er. Bislang habe es geheißen, der Elternwille habe lediglich empfehlenden Charakter. Herbert Ulrich fürchtet, dass der Stadt die Gesamtschule aufgezwungen wird.
Einen klaren Dissens zwischen Schulgesetz und kommunaler Selbstverwaltung sieht auch Bürgermeister Johannes Diks (CDU). Mehrfach sei er sowohl mit Vertretern der Bezirksregierung als auch des Städte- und Gemeindebundes das geplante Vorgehen der Stadt durchgegangen, sagt er. Mehrfach habe er nachgefragt, ob das Verfahren seinen richtigen Gang nimmt, auch bei der Schulträgerberatung in Düsseldorf. Das Okay habe er sogar schriftlich, so Diks.
Dann hätten sie den besagten Paragrafen aber doch noch einmal „intensivst hinterfragt“, so Diks. Und zwar während der Überlegungen, ob es für einen Antrag, eine Sekundarschule zu errichten, wohl eine Mehrheit im Rat gebe. Dieses intensive Hinterfragen habe in der Tat ergeben: Der Rat kann sich nicht über den Elternwillen stellen.
CDU bleibt beim Nein
Um eine Sekundarschule zu errichten, braucht eine Gemeinde pro Schuljahr 75 Ja-Stimmen der Eltern. Bei einer Gesamtschule sind es 100. Und das Gesetz geht noch weiter: Gibt es diese 75 beziehungsweise 100 Stimmen, ist die Stadt sogar verpflichtet, die entsprechende Schulform zu errichten. Nur, wenn die 75 Sekundar-Stimmen UND die 100 Gesamtschul-Stimmen zusammenkommen, liege es in der Hand des Schulträgers, selbst zu entscheiden, welche Schule für die Stadt am besten sei, so die Sprecherin der Bezirksregierung.
Das Ergebnis der Emmericher Elternbefragung (drei Jahrgänge): 324 Stimmen für die Gesamtschule, 122 für die Sekundarschule. Teilt man die Stimmen durch Drei, gibt es pro Jahrgang im Schnitt 108 Stimmen für die Gesamtschule und gut 40 für die Sekundarschule.
Die Stadt müsste also eine Gesamtschule errichten. „Das ändert aber nichts daran, dass wir die Gesamtschule nach wie vor für die schlechtere Alternative für Emmerich halten“, betont Herbert Ulrich. Seine Argumente haben sich nicht geändert: „Eine Gesamtschule passt nicht zu den Emmericher Bedürfnissen, das Gymnasium würde geschwächt.“ Und außerdem: „Was ist mit den Eltern, die sich gegen eine Gesamtschule ausgesprochen haben?“ 122 wollen eine Sekundarschule, 177 wünschen sich den Fortbestand des alten Systems. „Wenn wir schon eine Gesamtschule errichten müssen, müssen wir für diese Eltern ein weiteres Angebot schaffen“, ist Ulrich überzeugt. Er plädiert dafür, die Realschule nicht, wie bislang geplant, auslaufen zu lassen, sondern zumindest für die Dauer von einem Jahr fortzuführen. Diese Idee will er im Schulausschuss am kommenden Mittwoch einbringen. Einem möglichen Antrag auf die Errichtung einer Gesamtschule werde die CDU nicht zustimmen.