Kleve/Emmerich. Auf dem Gelände des Versuchs- und Bildungszentrums in Kleve werden vier Millionen Euro investiert. Worum es bei dem Projekt geht.
Vor drei Jahren war noch angedacht, den bestehenden Öko-Stall zu modernisieren, den die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen an ihrem Standort in Kleve seit Jahren betreibt. Knapp 50 Milchkühe hätten hier dann auch automatisch gemolken werden sollen. „Das Projekt haben wir aber nicht umgesetzt“, sagt Dr. Franz-Josef Stork, Leiter des Versuchs- und Bildungszentrums Haus Riswick in Kleve. Aktuell wächst aber ein anderes Vorhaben – ein TUI-Stall, was für „Tierwohl-Umwelt-Interaktionen“ steht. Knapp vier Millionen Euro, gefördert durch den Bund, kostet das Versuchs-Gebäude.
Das steht etwa 200 Meter entfernt von den übrigen Gebäuden der Versuchsanstalt, „und das aus gutem Grund“, klärt der 61-Jährige auf. Denn in dem offenen Stall soll ab Ende des Jahres mit dem Blick auf Emissions-Werte, und zwar speziell ausgerichtet auf das für Mensch und Umwelt schädliche Ammoniak, die Luft gemessen werden. „Bei dem Versuch geht es um Umwelt und Tierwohl, aber auch darum, wie sich unterschiedliche Böden auf die Ammoniak-Werte und die Gesundheit der Kühe auswirken“, sagt Stork.
Fünf Boden-Typen
Gleich fünf Bodentypen, unter anderem Spalten, Stroh- oder Kompostuntergrund, werden bei dem ab 2025 laufenden Versuch wissenschaftlich gemessen. Mit dabei sind die Uni Bonn und die Tierärztliche Hochschule Hannover. Denn die Luftmessungen in einem offenen Stall seien schon sehr anspruchsvoll, weiß Dr. Stork, der nicht nur Haus Riswick schon seit gut zehn Jahren leitet, sondern auch Geschäftsführer der Kreisstelle Kleve/Wesel der Landwirtschaftskammer ist und zudem der Landwirtschaftsschule in Kleve-Kellen vorsteht.
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Der Stall, der für 120 Tiere ausgelegt ist und im Herbst fertigstellt sein soll, wird 20 Meter breit und 100 Meter lang sein. Was eher außergewöhnlich ist. „Der Stall muss aber quer zum Wind ausgerichtet sein, um unbelastete Luft messen zu können“, erläutert der Fachmann. Im Vordergrund des Projektes stehe ausdrücklich das Thema Ammoniak. Im Zuge des TUI-Stalls werde Riswick aber nicht mehr Kühe anschaffen. Stork: „Von den 275 Milchkühen, die wir haben, werden zirka 120 für die Untersuchungen in den neuen Stall umziehen“.
Der Regen, von dem es „seit Jahrzehnten nicht mehr soviel an einem Stück gegeben hat“, ist sich Dr. Stork ziemlich sicher, beschäftigt auch ihn in den Gesprächen mit den Landwirten. „Für den ein oder anderen ist das ein großes Problem, ganz sicher“, weiß er. Grund: Wintergetreide sei auf vielen Flächen wegen der regelrechten Seen-Landschaften verloren, „da versuchen einige Landwirte jetzt stattdessen Mais anzubauen“. Und für die Kartoffel-Pflanzungen hoffe man bald auf trockeneres Wetter.
Getreidepreis bereitet Sorgen
Die größten Sorgen mit Blick auf die Getreideernte machen sich die Landwirte wohl aber nicht wegen des Wetters, sondern wegen des Preisverfalls. „Der hat sich seit des Ukraine-Krieges halbiert, liegt pro Doppelzentner nur noch bei etwa 17 Euro“, so der Leiter von Haus Riswick. Grund sei die Weltpolitik, „die schlägt bis zu uns hier am Niederrhein durch“. Wobei die abgestürzten Getreide-Preise wiederum sehr gut für Viehbetriebe seien, die Kraftfutter zukaufen würden. Das sei nun mal jetzt richtig günstig. Des einen Freud ist des anderen Leid, auch in der Landwirtschaft...
Perspektiv-Losigkeit ein Problem
In zwei, drei Wochen, schätzt Dr. Stork, würden viele Bauer beginnen, jetzt dann mehr Kartoffeln zu pflanzen, aber auch zusätzlich Rüben zu säen. Bei den Kartoffeln ist allerdings das Pflanzgut sehr knapp und bei Zucherrüben ist zusätzliche Ware kaum zu vermarkten.
Die Stimmung in der Landwirtschaft einzuschätzen, das sei schon schwierig, sagt Franz-Josef Stork. Zwar lägen jetzt gerade wirtschaftlich auch ganz gute Jahre hinter vielen, „aber die allermeisten haben Probleme mit einer gefühlten ‚Perspektiv-Losigkeit‘ wegen der unklaren gesetzlichen Rahmenbedingungen, die ihnen zu schaffen machten, etwa beim Bau von Ställen. „Weil sie nicht wissen, ob die Investition in fünf Jahren noch rechtens ist“, sagt er.
Etwas mehr Optimismus angebracht
Wobei die Landwirte doch eigentlich auch mit etwas mehr Optimismus in die Zukunft schauen könnten, findet er. Nicht nur, weil das Höfe-Sterben sich im Kreis Kleve verlangsamt habe. Derzeit dürften es noch rund 1500 sein. „Obwohl es immer weniger Hofnachfolger gibt, ist die Zahl der jungen Leute, die Landwirt werden wollen, selbst aber nicht von einem elterlichen Hof kommen, seit Jahren steigend“, betont Dr. Stork. Das sei doch wirklich ein gutes Zeichen. Das sehe in anderen Berufen komplett anders aus.
Erfreulich sei übrigens auch der Trend, dass die Nitrat-Belastung auf den Kreis Klever Flächen weiter zurück gehe. Was sicher auch an der Kooperation zwischen Landwirten und Wasser- beziehungsweise Stadtwerken in der Region liege, so Dr. Stork. Denn die Wasserwerke würden schon seit Jahren in den Kooperationsgebieten den Betrieben, die grundwasserschonend wirtschaften und bei denen die freiwillig vereinbarten Ziele eingehalten werden, Prämien zahlen. Stork: „Da machen 95 Prozent alle Landwirte in diesen Gebieten mit, und zwar freiwillig“.
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