Emmerich/’s-Heerenberg. Das Unternehmen Permadental aus Emmerich ist einer der größten Anbieter für Zahnkronen oder Prothesen in Deutschland. Darum kennt man ihn kaum.
Wer die Dienste von Permadental benötigt, der hat meist schon eine kleine Leidensgeschichte beim Zahnarzt hinter sich: Karies, Wurzelkanalbehandlung, Krone gesetzt, im schlimmsten Fall den ganzen Zahn entfernt - das ganze Programm halt, bis Klaus Spitznagel mit seinem Unternehmen für Zahnersatz ins Spiel kommt.
Seit 1985 fertigt Permadental in ‘s-Heerenberg und Emmerich Kronen, Brücken, Inlays, Implantate, Schienen oder Prothesen. 2014 wurde das Fräszentrum in Emmerich für Monolithische Kronen gegründet. Mittlerweile ist Permadental einer der größten Anbieter für zahntechnische Sonderanfertigungen in ganz Deutschland. Nur: Warum kennen so wenig Menschen diesen „Hidden Champion“ vom Niederrhein?
Tja, warum? An der Arbeit kann es nicht liegen. Denn Permadental macht seit Jahren einen richtig guten Job: Der Betrieb wächst stetig, ist innovativ, hat geringe Reklamationsquoten und sucht fortlaufend Personal. Ein Gutteil der in Deutschland verarbeiteten Zahnersatzteile wurde von dem deutsch-niederländischen Unternehmen aus ‘s-Heerenberg und Emmerich erstellt. Aber erstaunlicherweise wollen die meisten Patienten gar nicht so genau wissen, woher die Krone oder die Prothese kommt, die sie ein Leben lang tragen: Wird das nicht eh alles „irgendwo“ anonym produziert?
Produktion in China, Vorbereitung in Deutschland
Mitnichten! Zahnersatz wird zwar häufig im Ausland angefertigt, aber wesentliche Arbeiten erfolgen nach wie vor in Deutschland. Ganz konkret: im Gewerbegebiet von Emmerich und ‘s-Heerenberg. Hier sitzen 120 Mitarbeitende, die täglich 500 bis 700 zahntechnische Patientenfälle individuell auf den Weg bringen. Geschäftsführer Klaus Spitznagel legt zudem großen Wert darauf, dass die Beziehungen zum Dental-Labor im Großwirtschaftsraum Hongkong langfristig ist und die Mitarbeitenden dort auch eine fachbezogene Ausbildung haben und nach europäischen CE-Normen arbeiten. Dort sitzen keine anonymen Asiaten – sondern Kollegen.
Immer häufiger werden Zahnersatzteile auch direkt vor Ort in Emmerich oder ‘s-Heerenberg hergestellt: Moderne Fräsmaschinen erstellen mikrometergenau Prothesen und Kronen.
Geschäftsführer Klaus Spitznagel berichtet, dass 2700 Zahnärzte aus ganz Deutschland mit Permadental zusammenarbeiten. In ‘s-Heerenberg gründete Paul de Vries 1985 das Unternehmen und in Emmerich gibt es seit mehreren Jahren an der Marie-Curie-Straße eine große – von außen fast unscheinbare – Zweigstelle. 38 Millionen Euro wurden 2022 umgesetzt – Tendenz steigend. Denn mit neuen, digitalen Produktionsverfahren werden immer mehr Zahnärzte überzeugt.
Digitale Zahnabdrücke sind die Zukunft
In der Zentrale an der Industriestraat in ‘s-Heerenberg sind fast ausnahmslos deutsche Fachkräfte tätig. Hier wird der Kontakt zu den deutschen Zahnärzten gehalten und hier wird ein wesentlicher Teil der aufwendigen Arbeitsvorbereitung gemacht – ehe die Zahnabdrücke nach China überführt werden. Mittlerweile gehen immer mehr Datensätze digital rüber - das vereinfacht die Arbeit. „Wir sind hier das administrative Bindeglied zwischen Zahnarzt und Produktion. Und diese Arbeit ist enorm wichtig“, sagt Klaus Spitznagel.
Bei einer Führung durch den Betrieb bekommt man eine kleine Vorstellung davon, was alles gemacht werden muss: Jeder Zahnersatz in individuell und oft müssen Zahnabdrücke digitalisiert und dann am Rechner noch einmal nachbearbeitet werden, damit der Ersatz gut sitzt. Dass Waren aus China nach wie vor mit einem Makel behaftet sind, kann Spitznagel nicht nachvollziehen: „Alles, was man nicht kennt, wird kritisch beäugt. Es wird auch in Fernost nach europäischen Standards gearbeitet - sonst dürften wir die Kronen und anderen Zahnersatzteile gar nicht einführen“, sagt er.
Handarbeit ist nach wie vor wichtig
Handarbeit sei bei der Erstellung von Zahnersatz nach wie vor wichtig. Gerade die Arbeit mit Keramik-Kronen erfordere eine versierte Technik. „Der Fräsbohrer kommt mittlerweile in die Nähe dieser Arbeiten, aber die Beschichtung handgefertigter Keramikkronen wirkt immer noch lebendiger“, findet Spitznagel. Ohne die chinesischen Produktionsstätten würde es gar nicht gehen: „Ich halte es für eine Illusion zu glauben, wir könnten uns von fernöstlichen Märkten lösen. Wir leben in einer Weltwirtschaft“, sagt er.
Die Digitalisierung wird auch beim Zahnersatz in den nächsten Jahren zu großen Veränderungen führen. Der klassische Zahnabdruck wird vermutlich bald der Vergangenheit angehören, weil mit Hilfe von digitalen Mundscannern (Intra-Oral-Scanner) ein viel genaueres Ergebnis erzielt werden kann. Mit einer Kamera fährt der Zahnarzt gut zwei Minuten durch den Mund, die Daten werden digital an Permadental überspielt und nach einer Aufbereitung digital ins Dental-Labor nach Hongkong übermittelt. Das spart ordentlich Zeit.
3-D-Drucker und Fräsmaschinen sind im Einsatz
Die Corona-Pandemie hat auch die Abläufe in den Laboren beeinträchtigt. Die restriktive Corona-Politik in Fernost hat dazu geführt, dass zwischenzeitlich Lieferwege verzögert waren. Zwei bis zweieinhalb Wochen dauert es jetzt, bis der Zahnersatz wieder in Deutschland ist.
An der Marie-Curie-Straße in Emmerich werden Prothesen und monolithische Zirkon-Kronen gefräst – gut 300 bis 500 Kroneinheiten am Tag und in ganz Europa verschickt. Die 3-D-Drucker und Fräsmaschinen arbeiten auf die dritte Nachkommastelle genau: „Das ist schon sehr präzise“, sagt Timo Dickmann, der die stellvertretende Produktionsleitung in Emmerich innehat. Zahntechniker und zahnmedizinische Assistenten arbeiten die Produkte nach und passen sie farblich individuell an.
Die modernen Materialien sorgen dafür, dass Prothesen oder Brücken wesentlich stabiler sind: „Man muss keine Angst mehr haben, dass die Prothese, die ins Waschbecken fällt, sofort kaputt ist“, sagt Spitznagel. Auch auf diesem Gebiet hat die Forschung große Fortschritte gemacht.
>> Der Markt für Implantate
In Deutschland werden jährlich bis zu 1,3 Millionen Implantate gesetzt. „Aber es gibt nach wie vor noch viele Menschen, die eine Prothese tragen“, sagt Klaus Spitznagel. Gleichwohl stellt er fest, dass jüngere Menschen heute sehr viel stärker auf ihre Zahngesundheit achten.
In Deutschland gibt es etwa 6500 gewerbliche Zahnlabore, hinzu kommen noch Praxislabore, die meist beim Zahnarzt direkt angeschlossen sind. Nur 38 Labore erzielen in Deutschland einen Umsatz von über fünf Millionen Euro. In Deutschland arbeiten 65.000 Zahntechniker, die insgesamt gut 5 Milliarden Euro umsetzen.
Über die Hälfte des im Ausland gefertigten Zahnersatzes wird in China gefertigt, weitere Länder sind die Türkei und die Philippinen, heißt es in einer Studie von der Gesellschaft zur Förderung der Dental-Industrie.
Klaus Spitznagel arbeitet seit 1995 bei Permadental und ist seit 2009 Geschäftsführer. Seine schulische Laufbahn hat er in Emmerich absolviert.