Emmerich. Fünf Landtagskandidaten diskutierten bei der KAB in Emmerich über die Themen Bildung, Verkehr, Gesundheit und Energie.

So langsam startet die heiße Phase des Landtagswahlkampfes. Am 15. Mai dürfen die Bürger in NRW ein neues Landesparlament wählen, aber viele entscheiden sich auch schon früher über die Briefwahl. Die Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB) Nikolaus Groß Emmerich lud daher bereits jetzt zu einer Podiumsdiskussion mit Kandidaten aus dem Nordkreis Kleve ein, um über die Themen Gesundheit, erneuerbare Energien, Bildung und Verkehr zu diskutieren. Es war der erste öffentliche Schlagabtausch zwischen den Politikern in diesem Wahlkampf.

Das fragile Gesundheitssystem

Viele Bürger nutzten die Chance, den Kandidaten Fragen zu stellen. Mit dabei waren die jetzigen Landtagsabgeordneten Dr. Günther Bergmann (CDU) und Stephan Haupt (FDP), die SPD-Kandidatin Christin Becker, Dr. Volkhard Wille von den Grünen und Lutz Kühnen von der Partei Freie Wähler NRW. Die informative Alternative zum Fernsehabend moderierte NRZ-Redaktionsleiter Andreas Gebbink.

36 Personen hatten sich für die KAB-Diskussion angemeldet. Wegen der Coronapandemie galt für alle eine Maskenpflicht.
36 Personen hatten sich für die KAB-Diskussion angemeldet. Wegen der Coronapandemie galt für alle eine Maskenpflicht. © FUNKE Foto Services | Michaelis, Judith (jumi)

Das Thema „Maske tragen – Ja oder Nein“ wurde auch von den Landtagskandidaten kontrovers diskutiert. Bergmann und Haupt wiesen auf die rechtlichen Voraussetzungen hin. Haupt sagte, dass es nicht mehr zu rechtfertigen sei, das ganze Land zu einem „Hotspot“ zu deklarieren. Das Gesundheitssystem sei nicht überlastet: „Außerdem muss man Beschränkungen begründen und nicht die Rückgabe der Freiheit.“

Um das Gesundheitssystem zu stärken, müsse jetzt mehr in Personal und Ausbildung investiert werden. Und hier habe das Land bereits viele Schritte unternommen – unter anderem mit der neuen Verbundausbildung für Kranken- und Altenpfleger.

Stephan Haupt (FDP) und Christin Becker von der SPD diskutierten leidenschaftlich über das Thema Schule und Bildung.
Stephan Haupt (FDP) und Christin Becker von der SPD diskutierten leidenschaftlich über das Thema Schule und Bildung. © FUNKE Foto Services | Michaelis, Judith (jumi)

Thema Maskenpflicht

SPD, Grüne und Freie Wähler sehen den Wegfall der Maskenpflicht kritisch. Aktuell gebe es hohe Inzidenzen, und eine vorübergehende Maskenpflicht würde kein verfassungsrechtliches Problem darstellen. „Das Tragen einer Maske ist der geringste Eingriff in unsere Freiheiten“, sagte Volkhard Wille. „Politik muss aus der Sicht der Schutzbedürftigen denken. Wir machen aktuell alte Fehler, indem wir zu schnell lockern“, kritisierte er.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine offenbart, wie wichtig die erneuerbaren Energien für die Versorgung Deutschlands werden. Eine Option sind Windräder, die im Kreis Kleve zuletzt jedoch keinen großen Zubau erfuhren. Dass sich das in rasantem Tempo ändern muss, betonte vor allem Dr. Günther Bergmann: „Wir brauchen einen gewaltigen Bürokratieabbau, um schneller eine Energiewende zu schaffen, die sich auch auf den Normalverbraucher positiv auswirken muss.“

Günther Bergmann (CDU, rechts) vertritt den Kreis Kleve im Landtag.
Günther Bergmann (CDU, rechts) vertritt den Kreis Kleve im Landtag. © FUNKE Foto Services | Michaelis, Judith (jumi)

Windanlagen einfacher ermöglichen

So kritisierte er die komplizierten Auflagen für Windräder bezüglich des Artenschutzes. „Die Tierwelt hat kein Planungsrecht. Zudem muss Windenergie nicht nur auf den ländlichen Raum bezogen werden, sondern wir sollten auch Städte verpflichten“, forderte Bergmann eine Entlastung der ländlichen Gebiete. Volkhard Wille warf der CDU vor, selbst zu dieser Bürokratisierung beigetragen zu haben, indem man sich auf Bundesebene ein kompliziertes Vergabeverfahren für den Zubau von Windenergieanlagen ausgedacht habe. Das habe den Zubau massiv gebremst.

Lutz Kühnen (Freie Wähler) und Volkhard Wille (Grüne, rechts) diskutierten über die Ausbau der Windenergie.
Lutz Kühnen (Freie Wähler) und Volkhard Wille (Grüne, rechts) diskutierten über die Ausbau der Windenergie. © FUNKE Foto Services | Michaelis, Judith (jumi)

Für die Bildungspolitik setzt sich besonders Christin Becker (SPD) ein, dies sei ihr ein Herzensanliegen: „Wir müssen die Gehälter für Lehrer angleichen, um mehr Personal zu bekommen. Es ist eine Utopie zu glauben, ein Lehrer reiche für die individuelle Förderung von 30 Kindern.“ Nicht nur das rar gesäte Personal, sondern auch die Digitalisierung zu fördern, sei ein gemeinsames Anliegen aller.

Wo die SPD und die Grünen für mehr Fördergelder plädierten, legten CDU und FDP Widerspruch ein. Es gebe genügend Förderangebote, die jedoch kommunal nicht genutzt würden.

Lehrerstellen kaum zu besetzen

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Volkhard Wille (Grüne) machte einen vorsätzlichen Wahlbetrug der CDU aus. Diese würden 10.000 neue Lehrerstellen auf ihren Wahlplakaten in Aussicht stellen, wohl wissend, dass es so viele Lehrer am Markt gar nicht gebe. Das nicht abgerufene Geld im Haushalt würde man dann nicht mehr für Lehrer, sondern für andere Dinge ausgeben. Das sei nicht in Ordnung.

Stephan Haupt (FDP) entgegnete, dass man hart gekämpft habe mit Finanzminister Lutz Lienenkämper, um die 10.000 Lehrerstellen in den Haushalt zu bekommen. Man werde dieses Ziel in der kommenden Amtsperiode erreichen – auch mit vermehrten Seiteneinsteigern. Günther Bergmann (CDU) warf den Grünen vor, dass gerade unter Ex-Ministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) noch nicht einmal klar war, wie viele Lehrerstellen überhaupt zusätzlich benötigt würden, um etwa Unterrichtsausfälle zu kompensieren. Dies habe die aktuelle Regierung ins Reine gebracht.

ÖPNV und Radverkehr stärken

Größere Übereinstimmung gab es bei den verkehrspolitischen Plänen. Der Ausbau des Radwegenetzes und die Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) werden von allen Parteien favorisiert: „Dabei wollen wir Autofahrer nicht einschränken, sondern mehr Möglichkeiten schaffen“, sagte Lutz Kühnen. Günther Bergmann betonte, dass die Landesregierung deutlich in die Planungskapazitäten von Straßen NRW investiert habe. Es stehe viel Geld für den Radwegeausbau zur Verfügung und es sei auch viel investiert worden.

Bei allen Themen stand ein Problem im Zentrum: die ausgeuferte Bürokratie. Planungs- und Genehmigungsprozesse dauern zu lange, gesetzliche Regelungen sind zu kompliziert, und es fehlt auch ein Stück weit Unternehmergeist in der Gesellschaft. So gebe zum Beispiel das Land Geld für Tablets in der Schule, die Gelder müssten nur beantragt werden. „Rees will aber erst ein Konzept erarbeiten. Warum?“, fragte sich Stephan Haupt von der FDP.