Wer nur wenig verdient oder arbeitslos ist, der weiß kaum noch, wie er seine Nebenkosten bezahlen soll. Höherer Ausgleich wird gefordert.
Emmerich/Rees. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach sprach in der NRZ über einen „Heizkostenhammer“ und einen „Energieschock“, den viele Bürger in diesem Jahr deutlich spüren werden. Gas- und Strompreise ziehen gewaltig an, auch wenn viele Kunden der hiesigen Stadtwerke noch durch Festverträge vor den Turbulenzen auf den Gasmärkten geschützt sind.
Energiepreis sind echtes Thema
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Dennoch sieht auch Udo Jessner, Geschäftsführer der Stadtwerke Emmerich, dass das Thema „Energiearmut“ seit vielen Jahren für Langzeitarbeitslose und Geringverdiener ein echtes Problem darstellt. Der Hartz-IV-Warenkorb für Energie sei sehr gering und reiche nicht aus, um die tatsächlichen Kosten zu decken. Vor allem beim Strom sei es offensichtlich, dass die Sätze nicht passen: „Der Stromverbrauch ist einfach gestiegen - für Streamingdienste, Computernutzung oder das Internet“, sagt Jessner, der höhere Regelsätze für Hartz-IV-Bezieher befürwortet: „Zu einer Teilhabe am Leben gehört auch ein gewisser Energieverbrauch“, so der Stadtwerke-Chef.
90 Prozent der Emmericher Stadtwerke-Kunden seien noch in günstigeren Tarifen gebunden. Wer allerdings jetzt in den Grundversorgertarif wechseln muss, weil er zum Beispiel von einer Insolvenz der Billiganbieter betroffen ist, der muss mit deutlich höheren Preisen rechnen.
Für Neukunden gebe es einen zusätzlichen Tarif, so Jessner, der aber auch deutlich über dem der Bestandskunden liegen. Die Schnäppchenjäger seien auf den Bauch gefallen. Allerdings seien unter den preisbewussten Kunden in der Regel viele Menschen, die sich intensiv mit dem Thema Energiekosten beschäftigen. Oftmals seien dies nicht unbedingt die Geringverdiener.
Energiesätze reichen nicht aus
Stefan Schraven, zuständig für Sozialberatung und Wohnhilfen bei der Caritas, sieht eine enorme Belastung für Geringverdiener und Leistungsbezieher: „Ja, es gibt eine Energiearmut - auch im Kreis Kleve.“ Der Hartz-IV-Regelsatz für eine alleinstehende Person sehe 35,77 Euro für Energiekosten vor. Mit diesem Geld könne man nicht auskommen. Wenn man noch Kinder habe oder eine etwas größere Wohnung, dann reiche dieser Satz nicht aus. „Hinzu kommt ja noch, dass die Mieten sehr teuer sind“, so Schraven. „Wir haben jetzt schon Menschen in der Beratung, die mit ihren Nebenkostenabrechnungen nicht klar kommen.“ Dabei seien die Energiekosten auch nur ein Kostenfaktor: „Die Menschen haben noch anderen Druck. Für Bildung ist im Regelsatz nur 1,12 Euro vorgesehen. Da wird einem schlecht.“
Prepaid-Zähler hilft bei der Kostentransparenz
Schraven fordert auch die Energiewirtschaft auf, Menschen mit geringem Einkommen zu helfen. Vorbildlich seien hier die Stadtwerke Kleve, die ein Guthaben-Modell anbieten. Hier könnten nicht-solvente Kunden etwa für 50 Euro einen Energie-Gutschein erwerben. Damit könne man Energie beziehen und zum Teil werden auch noch Altschulden getilgt. „Das ist eine gute Sache, weil man so mehr Kostentransparenz hat“, sagt Schraven.
Die Stadtwerke Kleve bieten diesen „Prepaid-Zähler“ zurzeit 100 Kunden an, die Probleme haben, die Rechnungen zu bezahlen: „Die Stromsperrung ist für uns nicht die erste Wahl“, sagt Geschäftsführerin Claudia Dercks. Und dieser Prepaid-Zähler helfe dieser Gruppe, besser mit den Kosten klar zu kommen. Wenn das Guthaben auf einem USB-Schlüssel aufgebraucht ist, kann man es bei den Stadtwerken wieder aufladen.
Auch in Emmerich werden diese Zähler angeboten, allerdings machen davon nur neun Personen Gebrauch. „Wir halten dieses Angebot für bestimmte Kunden vor, bei denen wir der Meinung sind, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Kosen im Überblick zu behalten“, so Udo Jessner. Der Prepaid-Zähler helfe dabei, den Verbrauch und die Kosten im Blick zu haben, damit man am Jahresanfang keine böse Überraschung erlebe.
Sozialämter haben noch Spielraum
Tim Terhorst, Sprecher der Stadt Emmerich, teilt der NRZ auf Anfrage mit, dass man sich bei Zahlungsproblemen durchaus bei den Sozialämtern melden sollte. Im Hartz-IV-Regelsatz liege die zulässige Bruttowarmmiete für eine Person bei 500 Euro. „Wenn die Warmmiete jetzt bei 480 Euro liegt, dann hätte man noch 20 Euro Spielraum“, so Terhorst. Das Problem sieht die Stadtverwaltung eher beim Strom. Hier sei die Hartz-IV-Leistung im Verhältnis zum Preisanstieg nicht mehr auskömmlich.
Herbert Looschelders, der im Kreis Kleve mehrere Sozialberatungsstellen unterhält, forderte im Kreis-Sozialausschuss Einmalzuschüsse für Hilfsbedürftige. „Die Heizkosten sind bis zu 80 Prozent gestiegen, da kann man sich vorstellen, dass es zurzeit Schwierigkeiten gibt bei Langzeitarbeitslosen oder Geringverdienern“, sagte er im Ausschuss. Andrea Schwan vom Fachbereich Soziales der Kreisverwaltung sagte, dass man die Diskussion verfolge. „Ich sehe im Moment aber keine Handlungsmöglichkeiten.“ Erst müsse der Gesetzgeber Möglichkeiten für Hilfen schaffen.