Anholt. Johannes Rau, Gerhard Schröder, Hans-Dietrich Genscher: Bekannte Politiker kamen vor 30 Jahren nach Anholt – für eine wichtige Unterschrift.

Vor 30 Jahren rückte die Wasserburg Anholt in den medialen Fokus. Kein Wunder: Bekannte Politikergrößen wie der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher sowie Johannes Rau und Gerhard Schröder als Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens fuhren in blitzenden Karossen auf dem Hof des Romantik Parkhotels vor.

Auch Repräsentanten wichtiger Ämter in den Niederlanden, das Bundesgesetzblatt nennt hier Hans van den Broek Dales, kamen. Denn es galt eine wichtige Unterschrift zu leisten, die von historischer Tragweite war.

Vier Unterzeichner des Vertrages

Der Anholter Vertrag wurde vor 30 Jahren, offiziell am 23. Mai 1991, auf der Wasserburg Anholt geschlossen. In dem Staatsvertrag bekunden die niederländische Regierung, die deutsche Bundesregierung sowie die Ministerpräsidenten der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsens vertraglich, den gemeinsamen Handel und die Entwicklung der Grenzgebiete zwischen dem Königreich der Niederlande und der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Länder Niedersachsens und Nordrhein-Westfalen zu fördern.

Damit markiert der Anholter Vertrag den Beginn einer verstärkten Kooperation in der Grenzregion auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene.

Auf Initiative der Niederlande

Johannes Rau (l.), Gerhard Schröder (r.) und Hans-Dietrich Genscher (Mitte) waren vor 30 Jahren zu Gast in Anholt.
Johannes Rau (l.), Gerhard Schröder (r.) und Hans-Dietrich Genscher (Mitte) waren vor 30 Jahren zu Gast in Anholt. © Dirk Schuster

Das Abkommen wurde auf Initiative der Niederlande mit Einwilligung der deutschen Bundesregierung von Vertretern der Landesregierungen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens zusammen mit Vertretern der Regierung der Niederlande ausgehandelt; die deutsche Bundesregierung war in dieser Zeit lediglich bei einer Verhandlungsrunde präsent.

Das Besondere: Als das Verhandlungsergebnis praktisch feststand, sprach die Bundesregierung den beiden beteiligten Bundesländern die Kompetenz zum Abschluss des Abkommens ab. Es wurde zunächst darauf verwiesen, dass ausschließlich der Bund Kompetenzen in „auswärtigen Beziehungen“ habe. Zunächst verweigerte damit der Bund den von den Ländern abgeschlossenen Vertrag die Zustimmung.

Kompromisslösung gefunden

Aus der Sicht der Bundesländer wiederum handelt es sich im Falle des Abkommens um einen völkerrechtlichen Vertrag, zu dessen Abschluss die Länder – mit Zustimmung der Bundesregierung – berechtigt sind.

Um die auf einer langjährigen Tradition mit gewachsenen Strukturen beruhende grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit dem Königreich der Niederlande nicht zu gefährden, einigte man sich schließlich auf eine Kompromisslösung: der Staatsvertrag wurde sowohl vom Bund als auch von den beiden Ländern unterzeichnet.

Schlüssel für den Erfolg der Euregios

Johannes Rau (2.v.r.) und Gerhard Schröder (2.v.l.) nahmen Einsicht.
Johannes Rau (2.v.r.) und Gerhard Schröder (2.v.l.) nahmen Einsicht. © Dirk Schuster

Einige öffentlich-rechtliche Kooperationsvereinbarungen beruhen nun eben auf dem Staatsvertrag von Anholt aus 1991. Dieser machte nun möglich, dass etwa Feuerwehren dies- und jenseits der Grenze einander im Notfall offiziell unterstützen dürfen.

Übrigens: Auf einem Staatsbankett zu Ehren Ihrer Majestät Königin Beatrix der Niederlande auf Schloss Bellevue im 12. April 2011 sagte der damalige Bundespräsident Christian Wulff: „Der Schlüssel für den Erfolg der Euregios ist der Anholter Vertrag, der vor 20 Jahren unterzeichnet wurde.“

>> Stimmen zum Anholter Vertrag

Als grenzübergreifender Zusammenschluss erläutert die Euregio den Sinn dieses Staatsvertrages zwischen der Bundesrepublik, den Niederlanden und den beiden beteiligten Bundesländern: Er habe der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf regionaler Ebene eine „formal-juristische Legitimation“ gegeben.

Das Zentrum für Niederlande-Studien (Niederlandenet) der Universität Münster erklärt zum Anholter Vertrag: Er habe der Zusammenarbeit innerhalb der Grenzregion „den formalen Rahmen eines grenzüberschreitenden öffentlich-rechtlichen Zweckverbandes“ gegeben. Damit seien die Europa-Regionen „im Vorfeld des Maastrichter Vertrages“ (unterzeichnet am 7. Februar 1992) „auf eine institutionelle Basis“ gestellt worden.

Das mediale Interesse an der Unterzeichnung war groß.
Das mediale Interesse an der Unterzeichnung war groß. © Dirk Schuster