Emmerich/Rees/Isselburg. Internetportal Scoperty stellt ungefragt Schätzwerte von Immobilien aus Emmerich, Rees und Isselburg online. Hiesige Makler äußern sich kritisch.

Das Internetportal Scoperty nennt sich selbst „Vormarkt für Immobilien“ und bewertet Millionen Wohnhäuser deutscher Städte – auch in Emmerich, Rees oder Isselburg. Jedes Haus wird mit einem virtuellen Preisschild versehen, ohne Einverständnis der Eigentümer und für jeden einsehbar. Aber ist die Seite seriös? Örtliche Immobilienmakler haben da erhebliche Zweifel.

Errechnet wird der Preis bei Scoperty anhand mehrerer Parameter, etwa Adresse, geschätzte Wohnfläche, Baujahr, Objekttyp und Anzahl der Haushalte. Doch: Weder das Baujahr, noch die Wohnungszahl oder die Wohnfläche stimmen in manchen Fällen mit den echten Daten überein. Wer den Schätzwert verbessern möchte, muss sich registrieren. Gegen eine Gebühr unterstützen Scoperty-Mitarbeiter den Eigentümer bei der Vermarktung des Objektes oder vermitteln Käufern auf Wunsch eine Finanzierung.

Rainer Elsmann: „Das ist im Prinzip unseriös.“

Rainer Elsmann, Immobilienmakler aus Elten, der auch in Rees und Isselburg aktiv ist, hat einfach mal eine Immobilie an der Birkenallee in Hochelten eingegeben, die er jüngst verkauft hat. Innerhalb von zwei Minuten erkennt der Experte: „Die Wohnfläche stimmt nicht, das Baujahr stimmt nicht, der Preis passt nicht. Das ist im Prinzip unseriös.“ Für die grobe Preisspanne, die Scoperty für Immobilien hier schätzt, brauche ein Eigentümer das Portal nicht.

Um zu verdeutlichen, wie grob die Spannen sind: Zwischen 800.000 und 1,2 Millionen Euro wird eine Immobilie an der Lindenallee in Elten geschätzt. An der Klosterstraße in Haldern wird ein Haus auf 101.000 bis 180.000 Euro taxiert. 224.000 und 336.000 Euro sollen es bei einem Haus mit Blick auf die Issel an der Drengfurter Straße in Isselburg sein.

Sigrid Bisschop sieht Gefahr, seine Immobilie unter Wert zu verkaufen

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Auch Sigrid Bisschop, Immobilienmaklerin aus Emmerich, wundert sich über die Angaben. Sie hat eine Immobilie an der Fischerstraße in Rees überprüft, die sie jüngst verkauft hat. Zwischen 174.000 und 260.000 Euro gibt Scoperty für dieses Haus an. „Wir sind mit 279.000 Euro in den Markt gegangen“, erklärt Bisschop. Dieses Beispiel so wie viele weitere, die Bisschop überprüft hat, zeige, das Risiko: „Man läuft Gefahr, seine Immobilie unter Wert zu verkaufen.“

Die Maklerin stolpert auch über die Option, Eigentümer zu kontaktieren: „Ob das datenschutzkonform ist?“ Die Nachrichten werden offenbar eher allgemein formuliert und an mehrere Eigentümer verschickt, die in der jeweiligen Stadt passende Immobilien besitzen. Wer nicht möchte, dass seine Immobilie mit Schätzpreis angezeigt wird, kann übrigens auch Widerspruch einlegen. Hierfür die entsprechende Immobilie anklicken.

Betreiber sehen die Seite als ersten Test

Vielleicht muss man Scoperty eher als Spielerei sehen. Auch wer nicht verkaufen will, kann einfach mal gucken und vergleichen. Auch spannend: Wie viel würde mein Nachbar für sein Haus bekommen?

Das Unternehmen mit Sitz in München sieht sein Angebot vor allem als Dienstleistung für Immobilienbesitzer. „Eigentümer können erstmals ohne Zutun den aktuellen Marktwert ihres Wohneigentums erfahren und ein reales Marktinteresse testen – ohne in einen verbindlicheren Kaufprozess einsteigen zu müssen und ohne Geld zu investieren“, erklärte Michael Kasch, Gründer und Geschäftsführer der Scoperty GmbH, zum Start der Plattform im November 2020. Aber auch Kaufinteressenten können dort unverbindliche Angebote abgeben.

Geht es nur darum, Daten zu sammeln?

Was bezweckt dieses neue Internetportal? Sigrid Bisschop hat einen Verdacht: „Es sieht so aus, als wäre es ein Lead-Generator.“ Lead-Generatoren sammeln Daten von interessierten Nutzern. Somit entstehen also qualifizierte Kontakte für Unternehmen.

Rainer Elsmann kann da nur empfehlen, sich besser auf die örtlichen Immobilienmakler zu verlassen. „Dann kann man vor Ort einen Termin machen und es wird ein seriöser Marktwert ermittelt, der auf den Unterlagen des Hauses basiert. Und wenn etwas fehlt, dann wird das besorgt.“ Außerdem sei die Verkaufsstrategie des jeweiligen Maklers für die Erfolgsaussichten nicht zu unterschätzen, ergänzt Bisschop.

>> Gutachterausschuss Kreis Kleve schätzt ebenfalls nur

Übrigens: Auch der Gutachterausschuss des Kreises Kleve schätzt den Wert der Immobilien. Auch diese Werte können bis zu 30 Prozent abweichen und stellen somit auch nur eine Hilfe dar, um ein Gefühl für die Immobilien zu bekommen.