Rees. Trauerbegleitung findet in der Pandemie nur online statt. Das ist ein Problem, findet Eva Kersting und hat deshalb eine Petition mitgestartet.

Corona hat viel Trauer verursacht. Trauer über verstorbene Menschen, über verschlechterte Gesundheitszustände, über verlorene Arbeitsplätze oder auch über ein verschenktes Schuljahr. Und doch gilt die Trauerbegleitung nicht als systemrelevant. Das darf so nicht sein, findet Eva Kersting aus Rees-Haldern und hat gemeinsam mit ihren Vorstandskollegen des Bundesverbandes Trauerbegleitung die Petition „Trauer ist systemrelevant“ gestartet.

Der Bundesverband ist kein Berufs-, sondern ein Fachverband für Trauerbegleitung und setzt den Fokus vor allem auf die fachlichen Inhalte rund um Trauerarbeit. Kersting ist seit 2016 Mitglied und seit 2019 im Vorstand vertreten. Denn als Bestatterin hat sie mit der Zeit gemerkt, dass es heutzutage mehr braucht als eine handwerklich gute Bestattung: „Wir verstehen uns auch als Begleiter der Angehörigen.“ Durch den Bundesverband habe sie einmal mehr erfahren, wie vielfältig Trauerbegleitung und wie wichtig die fachliche Auseinandersetzung damit ist.

Hilflosigkeit bei den Angehörigen

Doch die Pandemie hat den Umgang mit Tod, Sterben und Trauer verändert. So gibt es beispielsweise noch immer einige Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen, in denen ein striktes Besuchsverbot gilt. Auch für Sterbende. „Das löst bei den Angehörigen eine unglaubliche Hilflosigkeit und Trauer aus“, sagt Kersting. „Das ist seelisch kaum auszuhalten.“ Gerade in solchen Situationen bräuchte es professionelle Trauerbegleitung, die momentan jedoch nur online stattfinden darf. „Das ist zwar eine Lösung, aber keine gute“, findet sie.

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Nur die schwerbelasteten trauernden Menschen haben ein Anrecht auf eine Begleitung durch Psychotherapeuten, diese seien allerdings oft nicht ausreichend für die Arbeit mit Menschen in Trauer qualifiziert und in der aktuellen Situation ohnehin überlastet. „Schnelle Unterstützung ist so nicht möglich“, heißt es in der Petition. Und das kann langfristige Folgen für die Psyche eines Menschen haben. „Die Menschen werden vereinsamen“, betont Kersting. „Und Einsamkeit kann auch zu einem verfrühten Tod führen.“

Verwirrung beim Thema Beerdigung

Dabei benötige es eigentlich für Trauer keine Psychotherapie, so Kersting. Jeder erlerne den Umgang mit Trauer bereits im Kindesalter, brauche dabei aber eben manchmal auch qualifizierte Unterstützung. Für eben jene Unterstützung – zuhause, im Krankenhaus oder in Pflegeeinrichtungen – dafür setzt sich der Bundesverband ein. Gleichzeitig fordert er von den Gesundheitsministerien Unterstützung bei der Organisation von Schutzmaßnahmen wie Masken oder auch Schnelltests.

Neben der Trauerbegleitung verweist der Bundesverband in seiner Petition aber auch auf eine weitere Problematik, die sich derzeit zeigt. Gerade beim Thema Beerdigung und die vom Land Corona-Regeln herrsche Verwirrung, weiß auch Kersting aus der Praxis. Denn auf Schulungen oder Informationen hat die Bestatterin bislang vergeblich gewartet. Sie nimmt hierbei die Handwerkskammer und den Bestatterverband in die Pflicht, gleichzeitig verweist sie auf die aus ihrer Sicht sinnvollen Handreichungen des RKI. „Es braucht klare und kommunizierte Regeln“, sagt sie.

Gedenktag der Trauer in der Pandemie

Und dann ist da noch diese letzte Forderung des Bundesverbandes, die nach einem öffentlichen Gedenktag der Trauer in der weltweiten Pandemie. Als Datum schlägt er den 22. März vor, der Tag des ersten Lockdowns in Deutschland. „Jeder Verstorbene hinterlässt vier bis fünf trauernde Menschen“, sagt Kersting. „Wie soll eine Gesellschaft das auffangen?“ Ein Schritt könnte sein, an einem Gedenktag gemeinsam um die Verluste während der Pandemie zu trauern. Und damit die Trauer als Kulturgut anzuerkennen.

>> Petition „Trauer ist systemrelevant“

Die Petition „Trauer ist systemrelevant“ ist auf der Internetseite des Vereins Bundesverband Trauerbegleitung zu finden www.bv-trauerbegleitung.de.

Bislang haben über 3000 Menschen die Petition unterschrieben, die noch bis zum 21. März läuft.