Emmerich/Rees. Klima-Wandel ist für Milchviehhalter zu meistern, so der stellv. Kreislandwirt. Schlimmer sei nicht vorhandene Planungssicherheit durch Politik.
Die Lage für die Milchviehhalter auch in Emmerich und Rees hat sich durch die Dürre der letzten drei Jahre weiter verschlechtert. „In diesem Jahr hatten die meisten Landwirte keine Futterreserven mehr. Dadurch sind durch Zukauf enorme Zusatzkosten entstanden“, sagt Dr. Franz-Josef Stork von der Landwirtschaftskammer NRW auf Haus Riswick. „Mit dem Klimawandel kommen wir aber auf Dauer klar, darauf kann man sich einstellen“, ergänzt Christian Scheers. Er ist stellvertretender Kreislandwirt. Er hält die für Landwirte nicht vorhandene Planungssicherheit durch den Gesetzgeber für das viel größere Problem.
Die Stimmung unter den gut 550 Milchviehhalter im Kreis Kleve mit über 100 Kühen sei jedenfalls ziemlich schlecht. „Wir sind frustriert. Auch, weil unsere Arbeit, nicht nur für den Erhalt der Kulturlandschaft, gesellschaftlich nicht anerkannt wird“, findet der 43-jährige Emmericher. Er selbst führt den Budberger Hof, den es seit 1896 gibt, in der vierten Generation. Ob seine beiden 10 und 12 Jahre alten Kinder die Tradition fortsetzen, sei ungewiss. „Selbst die spüren schon in der Schule eine Stimmung gegen Landwirte“, meint Scheers.
Viele Betriebe leben nur noch von Substanz
Er selbst sei Landwirt aus Leidenschaft, finde wie viele seiner Kollegen einige der neuen Umweltauflagen durchaus begrüßenswert. „Das Problem ist nur, dass wir den zusätzlichen Aufwand dafür und die gestiegenen Kosten einfach nicht bezahlt bekommen“, ärgert er sich. Hinzu käme, dass die Milchviehhalter alleine schon wegen der hohen Investitionskosten für neue Ställe eine Planungssicherheit für 15 Jahren bräuchten.
„Die Milchviehhalter haben es wirklich sehr schwer“, bestätigt Sonja Mietz, Leiterin des Rinderteams West bei der Landwirtschaftskammer. Die Landwirtschafts-Beraterin weiß, dass mittlerweile nicht wenige Betriebe von der Substanz leben würden. „Denen kann man nur raten, den Betrieb weiter zu optimieren, wo es nur geht“, sagt Christian Scheers. Er selbst mache genau das, halte jetzt den Viehbestand konstant. „Denn einfach aufhören geht nicht, weil die meisten so wie ich auch ja hohe Kredite für notwendige Investitionen aufgenommen haben.“
„Bei uns werden die Kühe wieder älter“
Die Preise, die auch seine gut 50 Emmericher und vielleicht ebensoviele Reeser Kollegen für ihre Milch bekommen, seien jedenfalls zu niedrig für ein gutes Auskommen. „Viele im Kreis Kleve arbeiten wirtschaftlich am Limit“, weiß die Beraterin. Im Schnitt hätten sich die Produktionskosten je Liter Milch wegen des Futterzukaufs zwischen vier bis sechs Cent erhöht, meint dazu der Kreislandwirt. „Bei 10.000 Liter Milch im Jahr pro Kuh sind das pro Tier Mehrkosten von 500 Euro“, rechnet Christian Scheers vor.
Hier gibt es mehr Artikel aus Emmerich, Rees und IsselburgMit Blick aufs nächste Jahr könne man, zumindest was die witterungsbedingte Futter-Situation betreffe, nur nach dem Prinzip Hoffnung verfahren. Wobei Scheers Wert darauf legt, dass nicht nur er natürlich auch das Tierwohl im Auge hat. „Bei uns werden die Kühe auch wieder älter, nicht zuletzt wegen der guten Haltung“, betont er.
Landwirt würde Tiere bei besserer Bezahlung wieder auf die Weide lassen
Und er würde im Sommer auch gerne mehr Tiere statt im Boxen-Laufstall auf die Weide lassen. „Wenn das entsprechend bezahlt wird“, sagt er. Doch die sogenannte Weide-Prämie von den Molkereien mache hier pro Liter einen Cent aus, „in den Niederlanden bekommen die Bauern etwa von Campina dafür drei bis vier Cent mehr“. Das lohne sich.
Für die Zukunft sieht der staatlich geprüfte Landwirt, der übrigens auf Haus Riswick ausgebildet wurde, dunkle Wolken für die Milchviehhalter aufziehen. Und nicht nur er. „Es spricht Bände, wenn selbst Landwirte, deren Höfe noch ordentlich Geld verdienen, vor lauter Frust ans Aufhören denken“, weiß Sonja Mietz aus vielen Gesprächen. Die Zahl der Milchvieh-Betriebe, auch im Kreis Kleve, habe sich jedenfalls, so Dr. Stork, in den vergangenen zehn Jahren um fünf Prozent verringert, „übrigens auch in Emmerich“, sagt Christian Scheers.
Finanzieller Anreiz für Landwirte ist wichtig
Wenn das so weiter gehe und auch die Politik nicht eine Kurskorrektur vornehme, werde es hier bald nur noch ganz wenige Milchviehhalter geben, ist sich der stellvertretende Kreislandwirt sicher. Sein Appell, damit es nicht soweit kommt: „Es muss einen finanziellen Anreiz geben. Dann klappt es auch noch besser mit dem Umwelt- und Tierschutz!“
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