Haldern/Hof. Auf den Hofer Filmtagen wurde die Dokumentation „Haldern Pop - Dorf mit Festival“ von Monika Pirch erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die ersten Einstellungen des Films zeigen Windmühlen, ein Autobahnkreuz und Impressionen der niederrheinischen Landschaft. „Spielen Sie manchmal auch mit dem Gedanken, aufs Land zu ziehen? Oder leben Sie in der Provinz und wollen da weg?“, fragt eine weibliche Stimme aus dem Off. „Unbestritten ist die Luft besser. Man hat mehr Platz. Grüner ist es, wahrscheinlich aber auch konservativer. Und es fahren maximal drei Busse am Tag. Kulturverwöhnte Menschen aus der Großstadt müssten da umdenken.“
So führt Regisseurin Monika Pirch in einen besonderen Film ein. Es ist die Dokumentation „Haldern Pop- Dorf mit Festival“, den die gebürtige Emmericherin über das gesamte Jahr 2018 vor Ort gedreht hat und die jetzt auf den Hofer Filmtage erstmals Premiere feiern durfte. Sie habe es gereizt herauszufinden, wie ein so erfolgreiches Festival funktionieren kann, erklärte Pirch unmittelbar nach der Filmpremiere in Hof im NRZ-Gespräch.
Konzerteindrücke in der Bar und vom Festival
„Da muss man ins Dorf gucken“, sagt sie. Und so warf sie die Frage auf: Wie wichtig ist Kultur für uns als Gemeinschaft und wie schaffen die Halderner das, das aufrecht zu erhalten, ihre eigene Kultur?
Bei dem Versuch, darauf eine Antwort zu finden, verbindet Pirch in ihrer Dokumentation die Aktivitäten der Musiker aus dem Dorf, das Leben vor Ort mit dem Blick auf die Entstehung und Durchführung des Haldern Pop Festivals und Konzerteindrücke in der Bar und vom Festival.
Wohltuend entspannte Filmatmosphäre
Herausgekommen ist ein sehr stimmiges, in sich geschlossenes Werk, das vor allem durch eine gewisse philosophische Tiefe, der Gelassenheit der Halderner selbst und einer insgesamt wohltuend entspannten Filmatmosphäre besticht.
Pirch pickt sich dabei einzelne Personen aus dem Dorf heraus, um das Ganze auf eine sehr persönliche Ebene zu bringen. Da ist die Chorleiterin Fabiola Hallen, die in sehr persönlichen Worten schildert, wie sie nach dem Tod der Eltern den Bezug zu Haldern wiedergefunden hat.
Die Bedeutung des Kirchturms
Über die Musik finde „jeder seine Rolle“ im Dorf. Da spielt das Blasorchester auf, wenn der neue Schützenkönig Helmut Burgschat jr. sich nach dem Siegesschuss ausgelassen im Zelt und später beim Umzug durch das Dorf – vorbei an der Haldern Pop Bar - feiern lässt.
Dieser beschreibt später mit Kind im Arm, als zu seinen Ehren auf dem Reitplatz die Fahnen geschwenkt werden, den Geist der Ortschaft. „Immer ist irgendjemand da, mit dem ich reden kann, wenn ich wohin gehe. Was soll ich soweit weg fahren, wenn es hier genauso schön ist? Viele Halderner sagen, wenn ich den Kirchturm sehe, weiß ich, ich bin zu Hause.“
Verbundenheit Halderns mit dem Festival
Und zur Verbundenheit Halderns mit dem Festival passt die Bemerkung eines Mannes in der Diskussion nach der Filmpräsentation „Wo die Linden rauschen“ in der Bar. „Alle treffen sich hier am zweiten August-Wochenende. Das hat sich so etabliert in den Jahren.“
Die Macherin der Dokumentation verfolgt über das Jahr die Besprechungen der Helfer und des engen Zirkels um Haldern-Pop-Mastermind Stefan Reichmann. Ob nun bei der Diskussion über die Gründung einer GmbH, der Zusammenstellung des Castings, der sehr relaxed ablaufenden Organisation und Strukturierung der Konzerte, mit den 467 Helfern im Zelt oder dem Aufbau der Gerüste auf dem Festivalgelände. Reichmann ist dabei ein „Grundfaden“ des Films, der ausführlich auf die Anfänge des Festivals in den 80er Jahren eingeht, sich beim Sichten von Bands über die Schulter schauen lässt, auf europäischen Veranstaltertreffen die Idee des Festivals vermittelt, mit dem Rad von Spielort zu Spielort fährt.
Angefangen mit 14 Messdienern
Er erzählt, wie die vierzehn Messdiener in den Anfängen „relativ unbemerkt experimentieren“ konnten mit den Scheunen und Jugendheim als Basis. Wie sie drei Jahre auf dem Reitplatz ihre Fete feierten, jeder dann als Veranstalter „500 Mark auf den Tisch legen“ durfte und er 47 Leute gesucht hatte, „sie alle bekloppt gemacht“ hat, um so letztendlich ein Festival zu begründen, das heute als Schneise „auf dem Weg von Paris, Brüssel nach Berlin“ funktioniert.
Man erfährt nachvollziehbar, was ihn an einzelnen Bands fasziniert, seine grundlegende Idee der Pop Bar. „Wir haben die Möglichkeit, gute Gastgeber zu sein, die Bands können hier Musik spiele, was essen, Platten verkaufen“, sagt er im Film. Von der Bar schwärmt Monika Pirch als „so eine Art Tankstelle“ für Musik und Kultur - mit der „uneingeschränkten Aufmerksamkeit“ für die Künstler und die „unglaubliche Qualität, die man dort erfährt.“
18 starke Formationen bereichern den Film mit Musik
Und auf einem Panel des „Boutique Festival“ in Groningen erfährt man von Reichmann die grundlegende Philosophie des Festivals. „Das Festival bringt Profit, aber der Profit ist nicht das Geld. Der Profit ist die Reaktion des Publikums und was mit dem Dorf passiert in den ganzen Jahren. Das ist eine lange Reise. Ein gutes Festival ist ein gelebter Traum – für mich.“
Dazu bereichern 18 starke Formationen aus aller Welt mit starken Konzertmomenten in der Bar und während des Festivals den Film. Die Ehrenfeld-Melodie von der „Reisegruppe Seltsam auf dem Weg ins Paradies“ fasst zum Schluss alles zusammen - und passend ist die Schlusseinstellung mit Fabiola Hallens Chor und „Gute Nacht Freunde“ im Abendlicht vor der Bar.
Informationen zum Film gibt es auch unter dorf-mit-festival.de.