Rees-Haldern. In Haldern wurde bei Bauarbeiten in einem Wohnhaus am Markt, ehemals Tabak Kisters, zufällig gut erhaltener Kieselsteinboden von 1723 entdeckt.

Die Überraschung war perfekt: Eigentlich wollte Sebastian Herbst nur den Dielenboden im Haus am Markt an der Lindenstraße 1 in Rees-Haldern, früher Tabak Kisters, bearbeiten. Doch wegen eines Feuchtigkeitsschaden holte er die wahrscheinlich aus den 1933er Jahren stammenden und verfaulten Balken und Bretter heraus – und fand unter einer etwa 25 Zentimeter dicken Sandschicht einen in Fischgrätmuster verlegten Boden aus grauschwarzen, angeschliffenen Rheinkieseln, datiert von 1723. „Davon ist selbst der Landeskonservator begeistert“, erzählt der 42-Jährige.

Der will den etwa 20 Quadratmeter großen Raum zwar für seinen Betrieb zu einem Ausstellungs- und Büroraum ausbauen. „Der Kieselsteinboden wird aber auf alle Fälle durch ein 40 Millimeter starkes Sicherheitsglas weiter sichtbar und begehbar bleiben“, verspricht er. Auch wenn’s kostet. Seinen außergewöhnlichen Fund hatte Sebastian Herbst bereits auf Facebook zum Tag des offenen Denkmals veröffentlicht und sogar Besuch von Denkmalschützern aus Norddeutschland gehabt. „Die waren zufällig als Gäste im Hotel Doppeladler und sind gleich hierher gekommen, nachdem sie das gelesen hatten“, erzählt er.

In zwei Herz-Ornamenten aus Kieselsteinen sind Buchstaben erkennbar

Vor genau vier Wochen hatte er den Fund gemacht, als er mit Freunden in dem Raum des Hauses, das er 2018 mit seiner Frau Julia gekauft hatte, zunächst auf einen weißen Kieselstein mit der Zahl 2, dann 7 und 1 gestoßen war. Am Ende tauchte nicht nur die Jahreszahl 1723 auf, sondern noch symmetrisch angelegte Ornamente, und zwar zwei Herzen mit den Buchstaben SB und MvB, sowie in der Mitte noch ein nicht mehr ganz vollständiges Herz. „Vermutlich sind das die Initialen der Brautleute von damals“, vermutet Herbst.

Nachdem er die Untere Denkmalbehörde, sprich Manuela Himmelberg von der Stadt Rees, über seinen „Schatz“ informiert hatte, kam kurze Zeit später der Landeskonservator Dr. Andreas Stürmer persönlich nach Haldern. „Und war begeistert, auch weil der Kieselsteinboden noch fast ganz erhalten ist“, so Herbst, der nebenan ein Geschäft für Sicherheitstechnik betreibt.

In dem Haus könnten wohlhabende Händler gelebt haben

Die Entdeckung sei schon außergewöhnlich. Solche gut erhaltenen und damals teuren Böden, die dazu heute öffentlich zugänglich sind, gebe es selten, etwa im Gesindehaus Diersfort und im Wesendonkschen Haus in Haldern. „Hier bei Ihnen müssen reiche Händler in dem Haus gewohnt haben“, habe Dr. Stürmer vermutet. Wer damals dort gelebt und wohl kurz vorher geheiratet hat, will Herbst jetzt mit Hilfe von Freunden in alten Kirchenbüchern und unterstützt von Tina Oostendorp vom Stadtarchiv herausfinden.

Damals, im 18. Jahrhundert, ist der Raum wohl als Küche genutzt worden. „Wir haben hier zudem Reste eines Ofens gefunden“, berichtet er. Herbst möchte auf jeden Fall mehr über die Menschen erfahren, die in dieser Zeit in dem Haus gelebt haben. Um den Boden zu schützen, aber auch sichtbar zu lassen, hat er sich schon die Hilfe von Andre Venes aus Haldern geholt, der Fachmann in der Denkmalpflege ist.

Bauausschuss in Rees befasst sich am 22. September mit dem Thema

Was er genau unter Denkmalschutz-Gesichtspunkten beachten muss, wird der neue Eigentümer des alten Hauses in Kürze erfahren. Der Bauausschuss in Rees wird sich mit dem Thema wohl am 22. September befassen. Dann gehe es darum, ob der Boden in die städtische Denkmalliste aufgenommen wird und eventuell auch Zuschüsse für die Konservierung zu erwarten sind. „Darum geht’s mir aber nicht in erster Linie“, meint Sebastian Herbst. Dem die Begeisterung für seinen gefundenen „Schatz“ deutlich anzumerken ist.

Die Familie, berichtet er, hat übrigens schon sehr früh mit dem Haus 1 zu tun gehabt, nämlich 1933. „Damals war mein Großvater Bernhard Herbst Bauleiter, als das Haus um eine Etage aufgestockt worden ist“, weiß der Enkel durch entsprechende Bauzeichnungen aus der Zeit, die ihm sein Vater gegeben hat. Wie der darauf gestoßen ist, kann Sebastian Herbst nicht sagen. Vermutlich handelt es sich hier auch um einen Zufall, wie der Fund des Kieselbodens.

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