Emmerich/Kleve. 31-jähriger Emmericher muss sich vor dem Landgericht Kleve für den Handel mit Cannabis verantworten. Etwa 7,1 Kilo hätten geerntet werden können.
Die vielen Jahre, in denen Richter Jürgen Ruby die 1. große Strafkammer am Landgericht Kleve leitete, waren geprägt von dem Glauben, dass auch der schillernde Ganove am Ende einsieht, dass es besser ist, sich an Recht und Gesetz zu halten. Seit Mitte des Jahres ist der erfahrene Jurist im Ruhestand, ihm folgte Winfried van der Grinten, der vom Oberlandesgericht Düsseldorf zurück in seine niederrheinische Heimat wechselte. Wie sein Vorgänger führt auch van der Grinten die Verhandlungen gelassen und verständnisvoll – und davon dürfte ein 31 Jahre alter Emmericher profitieren, der sich wegen des Handels mit Betäubungsmitteln verantworten musste.
Taten liegen schon lange zurück
Die Vorgänge, die zu dem Prozess führten, liegen inzwischen mehr als sechseinhalb und vier Jahre zurück – die Mühlen der Justiz mahlen manchmal sehr, sehr langsam. Die Anklage wurde bereits vor drei Jahren erhoben, offenbar sollte aber erst der Prozess gegeneinen Mittäter abgeschlossen werden, bevor diese Sache angegangen wurde.
Gemeinsam mit seinem Kiffer-Freund betrieb der Angeklagte in dessen Wohnung eine Cannabis-Plantage. Als die Polizei nach einem Hinweis den illegalen Gartenbaubetrieb hochnahm, entdeckten die Ermittler 255 mannshohe Cannabispflanzen, die nach Einschätzung eines Sachverständigen insgesamt rund 7,1 kg Marihuana abgeworfen hätten, wenn es denn zur Ernte gekommen wäre und die Pflanzen nicht unter polizeilicher Aufsichtvernichtet worden wären.
Beide Angeklagte beschuldigen sich gegenseitig
Wer aber war für den Betrieb verantwortlich? Der Angeklagte im vorangegangenen Prozess beschuldigte seinen Freund. Am Montag nun lief es genau andersrum. Er habe sich auf gärtnerische Hilfstätigkeiten beschränkt, ließ der 31-jährige Emmericher über seinen Anwalt Yücel Arslan (Duisburg) erklären. Wenn sein Freund keine Zeit gehabt habe, sei er dafür zuständig gewesen, die Pflanzen zu wässern, manchmal habe er auch bei den Kanistern mit Düngemittel die Deckel abgeschraubt. Dafür sei er mit Gratis-Joints entlohnt worden.
Auch der Umstand, dass zwei Jahre später bei einer Durchsuchung in seiner Wohnung 143 Gramm Marihuana sowie einige Gramm Amphetamine und eine Feinwaage entdeckt wurden, mochte Anwalt Arslan nicht unbedingt als Hinweis auf eine Tätigkeit im Drogenhandel gewertet wissen. „So ist das in der Kifferszene: Man hilft einander aus.“
Durchsuchung 2016 brachte den Wendepunkt
Die Durchsuchung im Jahr 2016 stellte für den Angeklagten offenbar einen Wendepunkt in seinem Leben dar. Glaubwürdig schilderte er, sich von den Drogen losgesagt zu haben. Er sagte: „Ich habe wirklich viel gekifft, schon morgens fing das an, aber ich habe immer meinen Job gemacht. Jetzt bin ich froh, dass ich mit dem Drogen fertig bin.“ Die ersten Wochen des Entzugs seien hart gewesen, er habe Bier getrunken, um überhaupt schlafen zu können, nun aber nehme er auch so gut wie keinen Alkohol mehr zu sich – „höchstens mal auf einer Party am Wochenende“.
Die lange Verfahrensdauer, keine einschlägigen Vorstrafen und der geläuterte Angeklagte – all dies waren Punkte, die für eine geringe Strafe sprachen. Zumal der Emmericher auch in einer festen Beziehung lebt und in wenigen Monaten Vater wird. Doch der Prozess war am Mittag noch nicht zu Ende, weil der ehemalige Komplize, als Zeuge geladen, nicht erschienen ist und auch von der Polizei nicht aufgespürt werden konnte. Das Urteil ergeht voraussichtlich am Mittwoch.
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