Haldern. Im Gleisschotter fühlen sich geschützte Zauneidechsen wohl. Jetzt ziehen Tiere wegen Betuwe-Gleis um. Bahn hat dafür Ausgleichsfläche geschaffen.

73 Kilometer lang ist die Betuwe-Strecke zwischen Oberhausen und Emmerich, die jetzt in den nächsten vier Jahren mit einem dritten Gleis ausgebaut wird. Entlang der Gleise leben Tiere, die unter Schutz stehen. Etwa die Zauneidechse. „Die Tiere leben hier gerne unter dem Gleisschotter. Der Lärm und die Erschütterung stören sie nicht“, weiß Stefan Ventzke, bei DB-Netz Projektleiter der Ausbaustrecke. Um die Echsen zu schützen, hat die Bahn ihr erstes Habitat-Projekt, sprich Ausgleichsfläche, in Angriff genommen – für die Umsiedlung der Tiere während des Strecken-Ausbaus.

Etwa 3,6 Kilometer lang ist der Streckenabschnitt des Planfeststellungsbeschlusses zwischen Rees und Haldern. Und an dieser Strecke hat die Bahn ein etwa 3.000 Quadratmeter großes Gelände, das mal als Baumschule genutzt wurde, gekauft. Es ist bereits rundherum mit einer grünen, vielleicht 40 Zentimeter hohen Kunststoff-Bahn umgeben, an den angrenzenden Wanderwegen steht ein hoher Drahtzaun. „Damit hier keine Hunde hinein kommen“, sagt der Bahn-Mann.

50 bis 60 Tieren leben derzeit im Abschnitt Haldern-Rees

Den Echsen dürfte gefallen, was unter der Regie von Stefan Förster, dem Umweltkoordinator der Bahn, so alles für sie angelegt wurde: nicht nur Holzhaufen, sondern auch eine Burg aus Steinen, mit Sand drum herum, und gut 50 Zentimeter tief. „Die Eidechsen lieben es warm“, erklärt Förster. Was noch fehlt, sind die Eidechsen. „Etwa 50 bis 60 Tiere leben hier laut Umweltverträglichkeitsstudie“, sagt der Fachmann. Gefangen und umgesiedelt haben wir aber noch keine, gibt er zu.

Wobei er nicht selbst aktiv wird, sondern dafür eigens geschulte Bahn-Mitarbeiter, und zwar bis zu vier. Die versuchen es mit Fangschlingen, Eimer-Fallen, die täglich kontrolliert werden, mit dunklen Folien, die die Tiere der Wärme wegen ansteuern. „Wir wissen ja, dass sie da sind“, lacht der Projektleiter. Zeitdruck habe man aber nicht. Bis Ende nächsten Jahres müssten die Tiere endgültig aus dem Schotter, sprich Gefahrenbereich heraus sein. „Gebaut wird ja erst frühestens 2022“, sagt Ventzke.

Arbeiten für 3.000 Quadratmeter großen Habitat vor drei Wochen gestartet

Insgesamt zwölf Planfeststellungsverfahren gibt’s auf der Strecke, vier Beschlüsse liege bereits vor. „Da werden wir noch einige Habitats schaffen müssen“, ahnt der DB-Projektleiter. Wie viele genau, stehe noch nicht fest. Eben auch noch nicht, wo überall noch Frösche, Fledermäuse und andere geschützte Arten auftauchen werden entlang der Strecke. Die nächste wird aber definitiv im Dinslaken entstehen.

Hier gibt es mehr Artikel aus Emmerich, Rees und IsselburgVor drei Wochen etwa ist mit dem Halderner Habitat begonnen worden. „Die Gestaltung und Pflege kostet etwa 48.000 Euro“, meint Projekt-Ingenieurin Henrike Arentzen, die die Ausgleichsflächen für die DB Netz betreut. Denn nicht nur die Burgen wurden für die Zauneidechsen angelegt. „Zwei Mal im Jahr wird von DB-Mitarbeitern hier nachgeschaut, ob auch alles in Ordnung ist“, erklärt sie. Auf dem Gelände wird nach der Bauphase, wenn die Eidechsen wieder zurück an die Gleise gewandert sind, übrigens nicht aufgeforstet, sondern ein Regenrückhaltebecken gebaut.

Bahn muss für Betuwe-Ausbau insgesamt 350 Hektar Ausgleichsfläche schaffen

Apropos wandern: Vor etwa fünf Jahren, erinnert sich Stefan Ventzke, habe es in dem Bereich noch gar keine Zauneidechsen gegeben, eigentlich nirgends an der 73 Kilometer langen Trasse, für die 350 Hektar an Ausgleichsflächen geschaffen werden müssten. „Das sind Wander-Eidechsen, die plötzlich da waren“, sagt er. Unterstützung hat die DB Netz bei ihren Umwelt-Aktivitäten übrigens unter anderem von Naturschutzverbänden wie dem BUND und NABU erhalten.

Voruntersuchungen für den Bau der Strecke liefen bereits, bestätigt der Projektleiter. Sichtbar würden sie ab November. Dann beginnen die ersten Rodungen. Und ob noch weitere Habitats zwischen Rees und Emmerich dazu kommen, wisse man heute nicht wirklich. „Sag niemals nie“, bringt es Umwelt-Koordinator Stefan Förster mit Blick auch auf Brutvögel, Frösche und auch Biber auf den Punkt. Immerhin müssten noch Fließgewässer überquert werden. In Oberhausen etwa habe man plötzlich und unerwartet mit einer geschützten Haselmaus zu tun bekommen...

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