Emmerich/Rees. Coronavirus: Volker Kullmann, Dehoga-Ehrenpräsident, erwartet das Aus für viele Lokale. Druck bei Umgang mit Soforthilfen hat etwas bewirkt.
Sehr skeptisch stimmt Volker Kullmann die aktuelle Corona-Lage: „Es wird ein Massensterben in der Gastronomie geben“, ist sich der Betreiber des Sport- und Freizeitzentrums in Rees sicher. Um so mehr ärgert sich der Dehoga-Ehrenpräsident darüber, dass die Wirte womöglich von den Soforthilfen mehr zurück zahlen müssen, als ursprünglich verkündet, wie die NRZ berichtete.
Es hatte sich heraus gestellt, dass nur tatsächlich geleistete Zahlungen an Vermieter und Lieferanten von März bis Mai als Belege eingereicht werden können. Allerdings haben viele Wirte Stundungen vereinbaren können, um liquide zu bleiben. Forderungen von Gläubigern sowie angefallene Personalkosten können demnach nicht geltend gemacht werden.
Volker Kullmann: Nachher die Spielregeln zu ändern ist „nicht in Ordnung“
Auch interessant
„Das ist nicht in Ordnung“, sagt der 74-Jährige, „erst Geld geben und dann nachher die Spielregeln ändern“. Die Dehoga habe beim Land NRW Druck gemacht und immerhin erreicht, „dass sie es erstmal ruhen lassen“.
Die Kapitaldecke der Gastronome sei sehr dünn. Viele hätten seit drei Monaten keine Einnahmen generieren können. Er selbst eröffne sein Sport- und Freizeitzentrum inklusive der Gastronomie auch erst zum 1. August. Zugleich hätten die Wirte für eine Wiedereröffnung oft investieren müssen: in neue Speisekarten, in eine Kassenumstellung (Steuer angepasst), in Schutzvorrichtungen oder Desinfektionsspender etc.
Für einige Gastronome lohnte sich die Öffnung nicht
Auch interessant
Als Mitte März die Lokale von heute auf morgen schließen mussten, waren die Kühlhäuser und die Bierfässer gefüllt. „Das wird ja nicht erstattet“, erinnert Kullmann. Gekühlt halte sich zum Beispiel das Bier drei bis vier Monate – es droht also manchem Wirt nun eine kritische Phase.
„Einige Gastronome haben auch wieder geschlossen, weil es sich wirtschaftlich einfach nicht darstellen lässt“, weiß Kullmann, der von vielen Reeser Wirten kontaktiert wird. Oftmals lohne es sich nicht mit weniger Tischen, weil ja die Abstandsregeln einzuhalten seien. Und die Gäste seien eben auch noch zurückhaltend.
Inhaber von zwei Lokalen mussten sich erklären
Sollte das Land nun noch mehr Gelder zurück verlangen, als es die zweckgebundene Förderung ursprünglich mal vorsah, dann werde das Gastronomie-Sterben noch heftiger ausfallen.
Mit den Corona-Soforthilfen sei bisher „alles gut gelaufen“, erklärt Ljupco Djordjevski, Betreiber der Lokale Schlemmerich und Rheinblick an der Rheinpromenade in Emmerich. Allerdings sei es schon etwas problematisch zu erklären gewesen, dass er zwei Lokale betreibt. Ein Umstand, den auch andere Gastronome bestätigen oder jene, die gar zwei unterschiedliche Gewerbe betreiben. Wenn er nun etwas zurückzahlen müsse, „dann müssten wir halt damit arbeiten“, nimmt es Djordjevski gelassen.
Dogan Tolukan: „Das gesprochene Wort galt nicht immer“
Dogan Tolukan, Inhaber des Restaurants Vitas an der Rheinpromenade in Emmerich, findet, dass es insgesamt mit den gerade am Anfang zügig ausgezahlten Soforthilfen gut funktioniert habe. Dass es ggf. Rückzahlungen geben würde, sei so auch schriftlich mitgeteilt worden. Aber Tolukan hat sehr auf die Worte der Politiker geachtet: „Da wurde vieles zur Beruhigung gesagt, dann aber in der Praxis geändert. Das hat einen faden Beigeschmack. Das gesprochene Wort galt nicht immer.“
Andre „Ente“ Miesen, Betreiber der Kneipe Onder de Poort, wird die Unterlagen im August prüfen, da er bis 30. September Rückmeldung geben muss, rechnet aber damit, dass er 500 oder 1000 Euro zurück zahlen muss. Er ist also nicht überrascht: „Ich habe keine Gehälter davon bezahlt, also schon mal ein Problem weniger.“
[In unserem lokalen Newsletter berichten wir jeden Abend aus Emmerich, Rees und Isselburg. Den E-Mail-Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen.]