Millingen. Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit der Bestatter verändert – auch die von Achim und Anja Klaczynski in Rees. So erleben sie die Corona-Zeit.
Als das Video über den Bildschirm ihres Smartphones läuft, sieht Anja Klaczynski darin zuerst die nächste Aufnahme aus einem der besonders betroffenen Gebiete der Corona-Pandemie: Eine Gestalt im Overall mit Atemschutzmaske ist in einem Krankenhaus unterwegs.
Erst dann schreibt ihr Mitarbeiter darunter, dass es ihr Mann ist, der sich hier auf den Weg zu einer Überführung macht. Achim Klaczynski holt einen verstorbenen Corona-Patienten aus einem Krankenhaus ab. Nicht der einzige Einsatz dieser Art für den Inhaber der Firma Hessling und Klaczynski Bestattungen in Rees-Millingen.
Passende Ausrüstung war vorhanden
Dass er die passende Schutzausrüstung schon in seiner Firma hatte, war eher dem Zufall geschuldet. „Ich hatte früher eine Schreinerei und da hatten wir die Masken noch übrig“, erzählt er. Zur Überführungen von Corona-Patienten ging es für ihn nur mit Vollmontur – und jeder Menge Desinfektionsmittel. „Der Sarg musste von innen und außen desinfiziert werden“, erklärt der Bestatter.
Im Krankenhaus holte er den Verstorbenen ab, der dort schon in einer so genannten Unfallhülle eingebettet war. „Damit man nicht nochmal mit dem Verstorbenen in Kontakt kommt“, erklärt Achim Klaczynski. Bei Corona-Patienten ging es dann meist direkt in Richtung Krematorium – zur Einäscherung. „Die Angehörigen sind meist in Quarantäne und man kann einen Toten ja nicht zwei Wochen irgendwo aufbewahren“, sagt Anja Klaczynski. „Außerdem wurde empfohlen, Verstorbene, die an Corona erkrankt waren, einzuäschern“, ergänzt ihr Mann.
Mitfühlen mit den Angehörigen
Die Hinterbliebenen tun dem Bestatter-Ehepaar besonders Leid. „Sie können sich nicht richtig verabschieden“, sagt Achim Klaczynski. „Ich hatte mehrere Angehörige, die ihren Verwandten schon länger nicht mehr gesehen hatten und das auch zum Abschied nicht mehr durften“, berichtet seine Ehefrau Anja. Dafür sorgten die Vorgaben aufgrund der Corona-Pandemie – bei allen Beerdigungen und nicht nur bei jenen von Corona-Patienten.
Kein offener Sarg in der Abschiedshalle. Kein Kaffeetrinken nach der Beisetzung als Gelegenheit, sich noch einmal mit anderen an den Verstorbenen zu erinnern. Und natürlich nur eine begrenzte Zahl von Beerdigungsgästen. „Es ist sehr schwer, so etwas trauernden Menschen vermitteln zu müssen“, sagt Achim Klaczynski. Lange waren nur 20 Teilnehmer pro Beerdigung erlaubt. „Das Ordnungsamt Rees war bei jeder Beerdigung mit dabei und hat geschaut, ob das auch eingehalten wird – und überzählige Gäste nach Haus geschickt“, berichtet Anja Klaczynski.
Änderungen im Betrieb
Doch auch im Betrieb des Ehepaars Klaczynski gab es Änderungen. Zu Beginn der Corona-Pandemie schickten sie ihre Bürokräfte in den Urlaub, ließen sie sich im Wochentakt abwechseln. „Die Trauergespräche finden teilweise per Telefon statt – oder mit Mund-Nasen-Schutz im Garten“, erzählt Anja Klaczynski. Zudem fiel auch vieles weg, was sonst zu einer Beerdigung mit dazugehört: Weniger Einladungen, die verschickt werden mussten, keine Gedenkzettel für die Messen oder Karten für das Kaffeetrinken nach der Beerdigung.
Dafür galt es, bei den Beerdigungen Schilder aufzustellen, die auf Abstandsregeln und die maximale Teilnehmerzahl hinweisen. Dazu kommt das Führen einer Teilnehmerliste. Und auch den Trägerdienst für den Sarg haben sie umgestellt: Nur noch vier Träger mit Mund-Nasen-Schutz kamen zum Einsatz. „Das hat der Friedhof Emmerich so vorgemacht“, erklärt Anja Klaczynski.
Hoffnung auf Normalität
Mittlerweile wurde schon einiges gelockert. „Es darf zum Beispiel wieder ein Kaffeetrinken nach der Beerdigung stattfinden“, erzählt Anja Klaczynski. Teilweise dürfen an Beerdigungen – zumindest im Außenbereich, auch schon wieder bis zu 100 Personen teilnehmen. Aber von der Normalität vor der Corona-Pandemie ist man natürlich noch weit entfernt.
„Wir haben auch einige positive Rückmeldungen bekommen“, erzählt Anja Klaczynski. „Einige fanden die Trauerfeiern im kleinen Kreis intensiver und familiärer“, berichtet sie. Trotzdem wünschen sie und ihr Mann sich die Normalität zurück. Damit die Angehörigen wieder in Ruhe und nach ihren Wünschen von den Verstorbenen Abschied nehmen können.