Rees. Trotz Corona-Krise läuft Planung für Stromautobahn weiter. Amprion hat Bundesnetzagentur einen Korridor durch den Halderner Wald vorgeschlagen.

In Rees wird man nicht begeistert sein: Die Firma Amprion hat der Bundesnetzagentur im April vorgeschlagen, die Stromtrasse A-Nord nicht wie zunächst geplant durchs Wasserschutzgebiet Wittenhorst, sondern durch den Halderner Wald zu führen. „Entscheiden wird darüber letztlich Ende des Jahres die Bundesnetzagentur, nicht wir“, sagt Amprion-Pressesprecher Jonas Knoop im NRZ-Gespräch.

Irgendwie muss ja der Strom, der durch die Windräder in der Nordsee erzeugt wird, in den Süden der Bundesrepublik transportiert werden, hatte Bürgermeister Christoph Gerwers vor gut einem Jahr gesagt. Notfalls müsse die Stromtrasse eben wie vom Energie-Unternehmen Amprion unter fünf möglichen Varianten favorisiert über Reeser Stadtgebiet. „Dafür dürfen aber, wenn irgendwie vermeidbar, nicht wieder wie 2016 Hunderte Bäume im Halderner Wald gefällt werden“, forderte Gerwers damals.

„Rees hat ja so schon kaum Wald“

Doch genau das wird passieren, wenn die eigentlich zunächst durch das Wasserschutzgebiet Wittenhorst bei Haldern geplante Trasse nach Nordwesten verlagert würde – eben mitten durch den Halderner Wald, beklagt der Verwaltungschef. Grund für die jetzt vom Energieversorger empfohlenen Planung ist, dass nicht nur der Wasserverband, sondern auch die Unteren Wasserbehörden der Kreise Wesel und Kleve Bedenken gegen die Trasse durchs Wasserschutzgebiet angemeldet hatten.

Gerwers hatte damals bei einem gemeinsamen Termin der Bedenken-Träger vom Energie-Unternehmen wissen wollen, wie groß denn eigentlich das Risiko fürs Trink- und Grundwasser wäre, wenn dort die Trasse gebaut würde. „Da wurde von Amprion deutlich gesagt, dass nur während der Bauzeit ein erhöhtes Risiko, etwa durch auslaufendes Öl, existiert“, so der Bürgermeister. Für diesen Fall sei er klar für die Trasse durchs Wasserschutzgebiet. „Die Bäume wären sonst für immer verschwunden. Und Rees hat ja so schon kaum Wald“, beklagt Gerwers.

Amprion will Thema Wasserschutz aus dem Weg gehen

Das Argument könne Amprion gut verstehen, so Knoop. Deshalb habe man mit der Stadt schon über das Thema Ersatzaufforstung gesprochen und wolle dabei helfen. Man wisse aber auch, dass Rees dafür kaum Flächen zur Verfügung habe und dafür schon heute Land in Isselburg gepachtet hat. Für Amprion sei es dennoch unterm Strich wichtiger, „dem Thema Wasserschutz aus dem Weg zu gehen“, stellt Knoop klar. Wobei dieser Korridor weiter „eine erstzunehmende Variante bleibt, bis die Bundesnetzagentur entschieden hat“.

Nennenswerte Verzögerungen wegen der Corona-Krise gibt es bei der Planung für die Stromtrasse übrigens nicht, betont der Pressesprecher. Demnach wird die Öffentlichkeitsbeteiligung für das Projekt Mitte Juni starten, und zwar für Träger öffentlicher Belange wie Kommunen und Kreise, und ab dem 22. Juni bis Mitte August auch für Bürger.

Unterlagen werden Behörden digital zur Verfügung gestellt

Wobei so gut wie alles online passieren wird. „Man findet ja auch bei den Behörden wegen der Abstandsregelungen kaum Räume für die mittlerweile 55 Aktenordner, die für das Projekt zusammen gekommen sind“, erklärt Jonas Knoop. Deshalb werde Amprion die Unterlagen digital zur Verfügung stellen.

Auf Bürgerversammlungen will man trotzt Corona-Zeiten aber nicht verzichten. „Die Termine stehen wohl noch nicht fest. Auch, weil sich die Kommunen zur Zeit damit noch etwas schwer tun wegen Corona. Aber sie werden am Niederrhein ab Anfang Juli stattfinden und rechtzeitig unter anderem auf www.nord.net und via Anzeigen bekannt gegeben“, sagt der Pressesprecher. Die Erörterungstermine sind dann für September und Oktober vorgesehen.

Knoop geht davon aus, dass mit dem Bau der Trasse nicht vor 2023 gestartet wird. Die Fertigstellung ist für 2025 anvisiert.

Wie viele Bäume gefällt werden müssten, ist noch nicht bekannt

„Genaue Zahlen, wie viele Bäume gefällt werden müssten, liegen uns noch nicht vor“, bestätigt Jonas Knoop, beim Unternehmen zuständiger Presse-Mann für Energie-Politik. Wie sich die Stadt endgültig positionieren wird, hatte Gerwers gesagt, werde sich zeigen, „wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen“.

Dass die Strom-Trasse letztlich, wie von Amprion favorisiert, über Reeser Stadtgebiet verlaufen und den Rhein bei Haffen queren wird, daran hegt der Bürgermeister keine Zweifel. Es gehe nur noch um die Frage, ob sie dann durchs Wasserschutzgebiet oder den Halderner Wald verläuft.