Emmerich. An den Schulen in Emmerich findet seit heute kein Unterricht mehr statt. Wie in der Grenzstadt das Leben in Zeiten des Coronavirus verläuft.
Der Gong zur großen Pause ertönt. Der Schulhof am Willibrord-Gymnasium füllt sich nicht. Nur eine Handvoll Schüler trottet über den gepflasterten Platz. Die Abstellflächen für die Fahrräder sind zum größten Teil leer geblieben.
Zwei Schülerinnen steigen aus dem Bus
Unterricht findet bekanntlich wegen des Coronavirus an den NRW-Schulen nicht statt. Am Montag und Dienstag wird es auch in Emmerich noch das Betreuungsangebot geben. Der Linienbus fährt vor. Neben dem Fahrer befinden sich im hinteren Bereich des Fahrzeugs zwei ältere Damen und zwei Schülerinnen. Die Schülerinnen steigen an der Bushaltestelle an der Hansastraße aus. Sie rennen über die Straße, so als ob sie zu Beginn der dritten Stunde pünktlich im Unterricht sitzen müssen. Die Gewohnheit halt.
Wie Schulleiter Stephan Bieke am Sonntag über die Homepage der Schule bekannt gegeben hat, sollen Schüler, die betreut werden müssen, um 8 Uhr ins PZ kommen. Gymnasiasten, die Bücher und Materialien abholen wollen, werden gebeten erst später vorbeizuschauen und nicht alle gleichzeitig, um eine größere Ansammlung an Menschen zu verhindern.
Klassenarbeiten und Klausuren fallen aus
„Wir möchten selbstverständlich den Lernfortschritt ihrer Kinder weiterhin unterstützen“, erläutert der Schulleitern den Eltern. „In den nächsten Tagen werden wir eine Lösung für den Transfer von Aufgaben, vorrangig für die Q2, finden. Da dies rechtlich und logistisch ein komplexes Thema ist, bitte ich um etwas Geduld. Alle bisher terminierten Klassenarbeiten und Klausuren fallen natürlich aus und werden zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.“
Es sind wirklich nur wenige Schüler an diesem Morgen am großen Betonklotz an der Hansastraße zu sehen. Das gilt auch für die Gesamtschule. Am Standort Grollscher Weg herrscht eine fast gespenstige Ruhe. Normalerweise treffen sich in den Pausen an den umliegenden Straßen immer kleine Grüppchen von Schülern. Jetzt sind die Geh- und Fahrradwege menschenleer.
Kaffee-Trinken an der Rheinpromenade
Die Sonnenstrahlen sind die ersten Frühlingsboten. Die Temperatur erwärmt sich im Laufe des Montagsvormittags schnell in den zweistelligen Grad-Celsius-Bereich. Emmerich ist zu diesem Zeitpunkt aber noch alles andere als eine Geisterstadt. An der Rheinpromenade sitzen in den Restaurants bereits einige Gäste, trinken Kaffee. Der Blick auf den Rhein lenkt ab. Auf den Parkplätzen vor den Supermärkten der Stadt ist Geschäftigkeit zu beobachten.
Embricana ist geschlossen
Apropos Parkplatz. Vor dem Embricana herrscht hingegen gähnende Leere. Sowohl das Freizeitbad als auch die Sauna haben geschlossen. Hier sind die Auswirkungen der Pandemie zu spüren.
Gefühlt gibt es weniger Verkehr auf den Straßen rund um die Innenstadt. Die Weseler Straße ist kaum frequentiert. Selbst auf der B220 gibt es immer wieder größere Lücken im fließenden Verkehr. So ist es kein Problem, von der Hüthumer Straße aus links Richtung Autobahn abzubiegen. Im normalen Berufsverkehr zu Wochenbeginn sonst ein echtes Geduldsspiel.
Natürlich sind empirische Werte nicht zu ermitteln. Aber auch Berufspendler haben das Gefühl, dass die Situation auf den Straßen entspannter ist. Das einfach weniger Autos fahren. Ein Blick auf die A3 bestätigt diese gefühlte Meinung.
Grenze nach ‘s-Heerenberg ist geöffnet
Emmerich ist Grenzstadt. Teilweise sind die Übergänge zu Deutschlands Nachbarstaaten dicht gemacht worden. Für die Niederlande gilt das noch nicht. Der Weg nach ‘s-Heerenberg ist genauso offen, wie es seit dem Schengener Abkommen vorgesehen ist. Der Wegfall der Grenzkontrollen zwischen den Niederlanden und Deutschland jährt sich im Übrigen in der kommenden Woche zum 25. Mal. Autos mit Klever Kennzeichen fahren in Richtung ‘s-Heerenberg. Pkw aus den Niederlanden passieren den nicht mehr vorhandenen Grenzübergang in der Nähe von Gouden Handen, um nach Deutschland zu kommen.
Mehrere Fietser nutzen das schöne Wetter für eine kleine Tour. Es sind zumeist Einzelpersonen. Gelegentlich auch Paare. Vorwiegend Rentner, was logischerweise an der vormittäglichen Uhrzeit liegt.
Arbeitsleben kommt nicht zum Erliegen
Denn beim Gang durch die Stadt ist klar, dass das Arbeitsleben nicht zum Erliegen kommt. Die Mitarbeiter in den Geschäften sind vor Ort. An den zahlreichen Baustellen in Emmerich wird kräftig gearbeitet. Wie etwa an der neuen Wohneinrichtung der Lebenshilfe Unterer Niederrhein am Polderbusch. Ende der vergangenen Woche ist hier Richtfest gefeiert worden. Durch den nassen Winter liegt man hinter dem eigentlich Zeitplan. Die frühlingshaften Temperaturen werden daher genutzt, um mit den Arbeiten am Dach voran zu kommen.
Doch nicht nur auf dem Bau geht vieles in diesen Tagen noch seinen normalen Gang. An der ein oder anderen Stelle wird im Garten gewerkelt. So wird das erste Mal in diesem Jahr der Rasenmäher aus dem Schuppen geholt. Es ist wie das Fähnchen der Normalität, das über der Stadt weht – noch nicht auf halbmast.