Rees. Naturschutzzentrum Kreis Kleve hat Förderantrag für Projekt „Klimawandel vor Ort“ gestellt. Ergebnisse dienen Unterricht am Wahrsmannshof.

Das Klima verändert sich, die Erderwärmung nimmt zu. „Das ist unstrittig“, sagt Tuve von Bremen. Der Diplom-Biologe sitzt im Büro des Naturschutzzentrums des Kreises Kleve in Bienen. Vor ihm stehen auf dem Tisch zwei ausgestopfte Blässgänse. „Wir beobachten schon länger, dass der Klimawandel auch Veränderungen bei uns vor Ort zur Folge hat“, sagt der 55-Jährige. Zum Beispiel würden immer weniger junge Blässgänse im Winter an den Niederrhein kommen. Wie sich der Klimawandel vor Ort auswirkt, will man jetzt mit einem entsprechenden Projekt erarbeiten.

„Der Förderantrag ist gestellt“, sagt Tuve von Bremen. Denn die Auswertung aller Daten, die das Naturschutzzentrum, etwa über Vögel, Pflanzen und Gewässer in den gut 30 Jahren seines Bestehens gesammelt hat, sollen jetzt speziell mit Blick auf den Klimawandel untersucht werden. „Die Frage ist, wie sich hier Zahlen verändert haben“, so der Fachmann.

„Es ist spannend, was dabei heraus kommt“

Von Bremen ist Projektleiter am Wahrsmannshof in Rees, einer Tochter des Naturschutzzentrums. Zum einen soll das gesammelte Datenmaterial ausgewertet, zum anderen ein Unterrichtsmodul didaktisch entwickelt werden. Denn der Wahrsmannshof kümmert sich bekanntlich um Natur- und Umweltbildung. „Es ist spannend, was dabei herauskommt“, sagt von Bremen. Voraussetzung für das Projekt Klimawandel vor Ort sei aber eine Förderung, damit entsprechendes Personal eingestellt werden kann.

Ein farbenprächtiger Vogel: der Bienenfresser.
Ein farbenprächtiger Vogel: der Bienenfresser. © Ursula Foriahn

Dass es Veränderungen durch die Erderwärmung auch am Niederrhein gibt, stehe außer Frage. „Für welche Tier- und Pflanzenarten sie sich positiv oder negativ auswirken, können wir aber noch nicht sagen“, so von Breme.

Zu beobachten sei beispielsweise, dass immer weniger junge Blässgänse, die noch keine typischen schwarzen Streifen am Gefieder haben, an den Niederrhein kommen würden. „Was wohl daran liegt, dass sie in der Arktis immer häufiger Opfer von Füchsen werden. Die sich wiederum aufgrund klimatischer Veränderungen dort neue Futterquellen erschließen müssen“, erklärt der Biologe.

Weniger junge Blässgänse

Noch sei die Zahl der Blässgänse hier nicht messbar zurückgegangen. Davon sei aber künftig auszugehen. Dass die Störche mittlerweile früher aus dem Süden hierher kämen, liege eher am Menschen. „Die Störche, die die Westroute über Spanien nach Afrika wählen, bleiben oft auf der iberischen Halbinsel. Weil sie dort leichter Futter finden als in Afrika, etwa an Müllkippen“, weiß er. So sei für sie der Weg zurück an den Niederrhein natürlich viel kürzer als für die Vögel, die von Afrika aus über die längere Ostroute hier fliegen würden.

Zu einer sehr „farbenfrohen Bereicherung“ komme es durch die Erderwärmung übrigens auch. „Der Bienenfresser etwa, ein bunter Vogel, der im Flug herrlich trillert und eigentlich im Mittelmeer-Raum beheimatet ist, brütet jetzt schon in einer gut 15 Meter hohen Sandwand einer Kiesgrube im Düsseldorfer Raum“, erklärt Tuve von Bremen. Zwei mal gesichtet wurde am Niederrhein schon der Wiedekopf, der ebenfalls in mediterranen Gefilden zuhause ist.

Insekten wie die Tigermücke wandern ein

Nicht so angenehm seien bestimmte Insekten-Arten, die sich jetzt verstärkt auf den Weg in Richtung Norden machen würden. Etwa die Tigermücke, die das Nil-Fieber und den Zika-Virus übertrage. Geschaut werden sollen zudem, welche Auswirkungen die steigenden Temperaturen für die hiesigen Gewässer zur Folge haben.

Ob das Projekt an den Start gehen kann, hänge wie gesagt von der Förderung ab. Mit einer Entscheidung rechne er frühestens in einem Jahr. „Dann können wir im besten Fall auch gleich mit einem ersten Unterrichts-Modul starten“, ist Tuve von Bremen optimistisch.