Rees. Die Reden zum Haushalt 2020 mutierten bei den Ansprachen der Fraktionschef auch zu Wahlkampfreden. Nur die Grünen stimmten dem Haushalt nicht zu.

Der Haushalt der Stadt Rees für das Jahr 2020 wurde mit fünf Gegenstimmen der Grünen verabschiedet. Vorangegangen waren die Haushaltsreden der vier Fraktionsvorsitzenden, die teilweise, die Gunst der Stunde nutzend, vom Thema Haushalt abrückten, um mehr oder weniger ausführliche Wahlkampfreden zu schwingen.

Die FDP freut sich auf einen zusätzlichen Wirtschaftsförderer

Dabei brachte es Heinz Schneider, FDP Fraktionschef, auf den Punkt. Würde ein Drittel der ordentlichen Transferaufwendungen, die 36,05 Prozent betragen, vom Bund bzw. vom Land geleistet, „wir sprechen alleine bei der Kreisumlage von 15,91 Mio. €, die für Aufwendungen im Sozial- und Jugendbereich von uns zu schultern sind, würde sich unser Anteil um 5,3 Mio. verringern.“

Bei erwarteten Einnahmen von 48 Mio. Euro und Kosten von 51,5 Mio. Euro könnte dann nämlich Rees sogar einen Überschuss von 1,8 Mio. Euro verbuchen und müsste nicht erneut auf die Ausgleichsrücklage zurückgreifen. Eine fiktive Rechnung, die zeigt, wie wenig Spielraum dem Kämmerer bleibt. Somit stimmt die FDP dem Haushalt 2020 uneingeschränkt zu.

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Kritik übt Schneider hingegen an der „nicht zeitgemäßen“ Empfehlung des Gestaltungsbeirates, keine Photovoltaikanlagen im historischen Stadtkern zu erlauben. Die FDP sei nicht gegen Neuanpflanzungen, doch sei zu bedenken, dass Rees eine einnahmeschwache Kommune sei, geprägt von einer großen Fläche an Naturschutzgebieten, die es nicht ermöglichen, diese Flächen gewerblich zu nutzen. Positiv bewertet die FDP, dass ihr Antrag, einen zusätzlichen Wirtschaftsförderer einzustellen, umgesetzt wird.

CDU ist mit dem Haushalt zufrieden

Dieter Karczewski, Fraktionschef der CDU, zeigte sich zufrieden mit dem ausgeglichenen Haushalt, der zwar mit einem Defizit von 2,96 Mio. Euro abschließe, aber durch die entsprechende Entnahme fiktiv ausgeglichen sei. Positiv für die Bürger: Steuersätze bleiben unverändert, Gebühren weitgehend stabil. Die Gewerbesteuer habe sich auf 6,5 Mio. Euro eingependelt, die Ausgleichsrücklage sei wieder mit 7,5 Millionen Euro vollständig aufgefüllt.

Karczewski erinnerte daran, dass Ende 2015 diese Ausgleichsrücklage fast vollständig aufgezehrt war. Die aktuelle Pro-Kopf-Verschulung in Rees sei bei 871 Euro absolut moderat (z.B. Oberhausen 9000 Euro). Der Kämmerer plane wie ein vorsichtiger Kaufmann, so dass man darauf hoffe könne, dass es am Ende ein deutlich besseres Ergebnis als geplant geben werde.

Dennoch sei Vorsicht geboten. So müsse man bei den Steuereinnahmen mit Rückgängen rechnen. Die sozialen Lasten steigen, die Jugendamtszulage habe sich in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt auf 6,2 Mio. Euro, 2021 rechne der Kämmerer mit einer Kreisumlage von 16,5 Mio. Euro. „Es gibt überhaupt keinen Anlass für Wahlkampfgeschenke im Kommunalwahljahr!“

Der SPD fehlen im Haushalt Visionen

Das sieht SPD-Fraktionschef Peter Friedmann etwas anders. Er bemängelte das Interesse daran, Gewerbeansiedlungen voranzubringen und somit der jungen Generation in der Stadt keine Perfektive zu bieten. Die Gemeindeprüfanstalt NRW habe die Kommune geprüft und folgende Feststellungen getroffen. „Die Kreditverbindlichkeiten haben sich seit 2010 verdoppelt und liegen jetzt bei 16,7 Mio. €. Da die Tilgung der Kredite durch liquide Mittel, also durch Einnahmen erfolgt, stehen diese Steuermittel nicht mehr für andere Ausgaben z.B. Sanierung, Schulen oder Straßen zur Verfügung.“

Weiter stellte Friedmann fest, dass die Infrastruktur der Straßen ein Risiko darstelle. „Hier gibt es zu geringe Investitionen.“ Ein weiteres Thema: Jugendamtszulage. „Vor Jahren hatten wir durch den Kämmerer prüfen lassen, ob wir uns dem Jugendamt Emmerich anschließen könnten.“ Schließlich sei Emmerich in der Lage, die Kita Gebühren zu senken. „Vielleicht könnte unser Kämmerer den damaligen Vorschlag nochmal aufnehmen.“

Die SPD halte es für notwendig, „dass endlich eine Grund und Bodensteuer für unbebaute aber baureife Baugrundstücke eingeführt wird und der Wertzuwachs des Grund und Bodens der Landwirtschaft, der oft eine Wertsteigerung von mehr als 100 Prozent zu verzeichnen hat, eingeführt wird.“ Insgesamt fehle im Haushalt die Reflexion auf die Ziele der Stadt und darüber hinaus ein Blick in die Zukunft. Nichtsdestotrotz stimmte die SPD dem Haushalt geschlossen zu.

Die Grünen hätten sich mehr Sparsamkeit gewünscht

Grünen Fraktionschef Helmut Wesser kann das für seine Partei nicht. Sorgen bereiten den Grünen die sprunghafte Entwicklungen in Millionenhöhe bei den beabsichtigten Investitionen. Wie bei der deutlichen Verteuerung des Baus des Sozialrathauses auf dem NIAG-Gelände, des Weiteren halten die Grünen den Bau einer zusätzlichen Sporthalle am Schulzentrum fragwürdig. Statt dessen dringend erwünscht: Geförderter, preisgebundener Wohnraum, hier sei die Stadt Rees in der Pflicht, weil sie eigenen günstigen Wohnraum vernichtet habe, Stichwort Kassmöllstraße und Empfängerstraße. Keine Einigkeit gibt es beim Bau von Kunstrasenplätzen. Allerdings Dank dafür, dass im Rathaus von einer Klimaanlage aus Kostengründen Abstand genommen wurde.

„Natürlich sind wir Grünen auch nicht zufrieden damit, wenn alle unsere Anträge zu zukunftsorientierter Ausrichtung unserer Stadt nicht in den Haushalt aufgenommen worden sind“, so Wesser.

„Unsere Anregung zur Optimierung des Nahverkehrs wurde verworfen. Dabei ist im diesjährigen Kreisetat eine Summe von ca. 1 Million € zur Verbesserung des ÖPNV ohne bisherige Zweckbestimmung zurückgestellt worden. Es müsste denkbar sein, für Rees einen Anteil davon wirksam zu machen.“

Zusammenfassend sagte Wesser: „Die Investitions-Politik in der Stadt Rees ist nach Meinung der Grünen falsch angesetzt. Es ginge nach wie vor deutlich sparsamer. Dort wo die Zukunft unserer Nachkommen gestützt werden sollte, tun wir dagegen eher zu wenig.“