Das Gedenken auf dem Emmericher Ehrenfriedhof muss sich verändern, wenn man 75 Jahre nach Kriegsende noch die Menschen erreichen will.
75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg – wie gedenkt man da der Toten? Es wird schwer, sich die Gräuel dieser Katastrophe vor Augen zu führen, wenn in wenigen Jahren niemand mehr da sein wird, der davon berichten kann. Als ich Kind war, haben meine Großeltern mir oft über den Krieg berichtet. Mit Spannung habe ich zugehört und meine Oma gefragt: Erzähl doch noch mal von früher. Aber schon in den 80ern klangen diese Geschichten wie aus einer völlig anderen Zeit. Ich frage mich: Wie soll die heutige Kindergeneration nur damit umgehen?
Emmericher Ehrenfriedhof ist nicht ehrenhaft
Das Erscheinungsbild des Emmericher Ehrenfriedhofes ist nicht gerade ehrenhaft: verwitterte Steine, Moos, Unkraut. Wer schon mal die Soldatenfriedhöfe in der Normandie oder auch nur den Englischen Friedhof in Kleve besucht hat, der erkennt, dass hier den Opfern bis heute deutlich mehr Wertschätzung entgegen gebracht wird. Die schneeweißen Steine sind stets gesäubert, mit Blumen und Stauden versehen. Die große Anzahl der Gräber beeindruckt auch heutige Generationen.
Welch ein Unterschied zu den grauen Natursteinplatten auf dem Emmericher Friedhof. Aber auch das ist ein Ausdruck unserer Zeit: Es scheint, dass die Deutschen der Kriegserinnerung überdrüssig geworden sind. Die betroffene Sprachregelung über Krieg, Elend, Vertreibung und Völkermord schleift sich nach 75 Jahren ab. Gedenken muss heute zwangsläufig anders sein als vor 40 Jahren, wenn man Menschen noch im Herzen erreichen möchte.
Es müssen neuen Formen gefunden werden
Es ist daher gut, dass eine Diskussion über den Emmericher Ehrenfriedhof angestoßen wurde. Mit den Namen der Toten verbindet in wenigen Jahren niemand mehr etwas. Es muss eine neue Form gefunden werden, die auch heutige Generationen anspricht. Und dies ist angesichts des aufkeimenden Nationalismus, des Internet-Hasses und neuer Ausgrenzungen auch bitter nötig. Der Ehrenfriedhof muss daher als mahnender Ort erhalten bleiben – nur anders.