Emmerich. Irene Möllenbeck hat sich vom jüdischen Leben anstecken lassen. Die ehemalige Bürgermeisterin Emmerichs möchte das Alltagsleben gerne vermitteln.
Irene Möllenbeck, Vorsitzende der Bürgeraktion Pro Kultur, die den Jüdischen Kulturraum im PAN ins Leben gerufen hat, war in den 90er Jahren mit Dr. Jan Heiner Schneider auf einer Rundreise durch Israel. Seitdem ist sie, wie sie zugibt, infiziert: „Was wir erlebt und gesehen haben, ging wirklich unter die Haut. Der Boden zum Thema Judentum war für mich bereitet.“ Hatte sie bisher „nur das Schulwissen im Kopf“, kniete sie sich dann tiefer in die Materie hinein. „Besonders das jüdische Leben interessierte mich, das ist total spannend“, begeistert sich die ehemalige Bürgermeisterin und Landtagsabgeordnete immer noch für das Thema.
Was unterscheidet die jüdische Kultur vom christlichen Alltag?
Koschere Küche
In der koscheren Küche ist der gemeinsame Verzehr von Milch- und Fleischprodukten nicht erlaubt. Dies stützt sich auf den Bibelvers „Koche nicht ein Böcklein in der Milch seiner Mutter“.
Nach einer Fleischspeise wird einige Stunden – je nach Tradition bis zu sechs Stunden – abgewartet, bevor man eine Milchspeise zu sich nimmt. Umgekehrt wartet man nach dem Genuss eines milchigen Produktes nur bis zu einer Stunde, um Wurst oder Fleisch zu essen.
Dabei sei ihr Ansatz nicht theologisch gewesen. „Ich wollte sehen, was die jüdische Kultur von unserem christlichen Alltag unterscheidet.“ Und konnte feststellen: „Viele Feste sind ähnlich, und es gibt viele Verbindungen zu den christlichen Festen.“ Man merke, dass das Christentum auf dem Judentum fuße. Beispielsweise das Chanukka-Fest, vergleichbar mit der Adventszeit. Acht Tage lang wird es gefeiert, und jeden Tag eine weitere Kerze angezündet. Interessiert hat die 68-Jährige auch, was zu den einzelnen Festen gegessen wird. „Vielleicht, weil ich selber gerne koche“, schmunzelt sie.
Den traditionellen Nusskuchen, der zum Pessach-Fest auf den Tisch kommt, hat sie schon gebacken. „Der erste ist ziemlich flach geworden, beim zweiten hat es schon besser geklappt.“ Die Rezepte der jüdischen Küche könne man „kreativ abwandeln“. „Statt des Mazzemehls habe ich anderes Mehl genommen, da Mehl generell koscher ist.“ Zum Thema koschere Küche informiert der Jüdische Kulturraum auf einer Thementafel ebenfalls. „Dass es auch koscheren Wein gibt, wusste ich vorher auch nicht“, sagt das „Mädchen von der Mosel“.
Was ist denn koscherer Wein?
„Mein erster Gedanke war: Hat der keinen Alkohol?“ Viele Informationen zur Kaschrut, den jüdischen Speisegesetzen, hat sich Irene Möllenbeck von Barbara Nathan aus den USA geben lassen, die bereits mehrfach mit ihrem Mann George auf den Spuren der Vorfahren in Emmerich war. „Koscher bedeutet rein oder auch erlaubt“, weiß sie.
„Blut ist streng verboten, da nach jüdischer Auffassung die Seele des Tieres im Blut wohnt.“ Das Schächten, eine jüdische Schlachtmethode, gewährleiste, dass das Tier ausblute. „Schächten ist in Deutschland laut Tierschutzgesetz verboten. Für Religionsgemeinschaften gibt es aber Ausnahmen“, so Möllenbeck. Und der koschere Wein? „Der wird auch an der Mosel angebaut, aber die Winzer müssen sich an die jüdischen Regel halten. Zum Beispiel nicht am Schabbat arbeiten und den Wein mit keinerlei Zusätzen versehen“, erzählt Möllenbeck.
Kochveranstaltungen werden geplant
Ein Vortrag über diese besondere Thematik steht auf jeden Fall noch auf dem Veranstaltungsplan des Jüdischen Kulturraumes. Auch eine Kochveranstaltung nach den allgemeinen jüdischen Speisegesetzen kann sich Irene Möllenbeck gut vorstellen, ebenso ein Laubhüttenfest, bei dem mit Kindern gemeinsam eine Laubhütte gebaut wird. Apropos Feste: Die jüdischen Feste, u.a. Purim, Jom Kippur oder das Thora-Fest, werden im Kulturraum plakativ auf Chagall-Bildern dargestellt, gestaltet von Dr. Jan Heiner Schneider. Der ausgewiesene Israel-Kenner hat auch die Texte dazu verfasst.
Der Eintritt zum Jüdischen Kulturraum ist frei. Adresse: Plakatmuseum am Niederrhein, Agnetenstraße 2 in Emmerich.