Emmerich. . Zum 1. April geht Dr. Erich Lycko, der einzige Kinderarzt in Emmerich, in Rente. Chancen auf eine Nachfolge, die schon geregelt war, stehen gut.
In 26 Jahren als Kinderarzt in Emmerich hat Dr. Erich Lycko rund 64.000 Patienten betreut. Damit ist zum 1. April Schluss. Der beliebte Mediziner geht in Rente. Damit wird es vorerst keine Kinderarztpraxis in Emmerich geben. Die Allgemeinmedizinerin Dr. Beate Lycko wird in der Praxis am Neuer Steinweg aber weiterhin die Kinder behandeln. Die Patienten sind informiert.
„Es gibt eine sehr reelle Chance auf eine Nachfolge“, sagt der 67-Jährige. Bis dahin werde seine 54-jährige Frau, die pädiatrische Erfahrung vorweisen kann, die Versorgung überbrücken: „Wir nehmen weiterhin Neugeborene auf“, betont Dr. Beate Lycko.
Eigentlich sollte ein MVZ entstehen
Auch interessant
Mit Dr. Peter Schieferdecker gibt es in Emmerich einen weiteren Kinderarzt, der aber dafür keinen kassenärztlichen Sitz in der Stadt bekommen hat. Er praktiziert als Allgemeinmediziner und kann bei Bedarf Kinder behandeln.
Eigentlich hätten die Lyckos die Nachfolgerin gerne präsentiert. Seit 2010 wurde ein Nachfolger gesucht. Vor vier Jahren meldete sich ein Interessent, der die Praxis aufkaufen und ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) errichten wollte, bei dem die Ärzte also die Angestellten sind.
Elke Hinze-Gebhardt ist seit dem ersten Tag an Bord
Die Lyckos fanden eine Kinderärztin, die bereit war, hier einzusteigen. „Die Verträge lagen unterschriftsreif bereit“, sagt Dr. Beate Lycko. In letzter Sekunde zog der Interessent für das MVZ zurück und wollte lieber in einer Großstadt investieren.
Der Oberschlesier Erich Lycko eröffnete zum 15. Februar 1993 seine Praxis in Emmerich. Seit diesem Tag schon managt Elke Hinze-Gebhardt am Tresen die Abläufe. Sie, wie die drei weiteren Mitarbeiter, bleiben erhalten. Die Öffnungszeiten gelten weiterhin: montags, dienstags und donnerstags von 8.30 bis 12 und 14 bis 17.30 Uhr. Mittwochs und freitags nur vormittags.
Job bei der Sparkasse? Papa sagte „Nö!“
Auch interessant
Als junger Kerl wollte Dr. Lycko zur Sparkasse. „Mein Papa sagte: ‘Nö!’.“ Also studierte Lycko Medizin in Münster, machte an der Kinderklinik in Minden seinen Facharzt. Er hatte damals schon so ein Bauchgefühl: „Ich wollte an den Niederrhein.“ Zunächst landete er 1986 im damals neuen Bocholter St. Agnes-Hospital, wo er als Oberarzt und stellvertretender Chefarzt arbeitete.
Ende 1992 wurde angekündigt, dass ab März Zulassungssperren für den Niederrhein erlassen würden. Der Ruf aus Emmerich, wo Dr. Göpel schon zwei Jahre vorher die Kinderarztpraxis geschlossen hatte, lockte Dr. Lycko recht fix nach Emmerich.
Und trotzdem besucht Dr. Lycko eine Weiterbildung
Bürgermeister Peter Hinze lobt die Leistungen des Kinderarztes: „Er hat vielen kleinen Patienten und ihren Eltern aus Emmerich und Umgebung mit seinem großen medizinischen Fachwissen und seiner enormen Erfahrung zur Seite gestanden. Die Lücke, die er in der kinderärztlichen Versorgung hinterlässt ist, wird groß sein.“
Dr. Lycko wird nun vor seinem offiziellen Renteneintritt Urlaub machen. Dann besucht er eine Weiterbildung in Leipzig zum Thema Blutgerinnung. Als Rentner. „Seine“ Kinder werden ihm fehlen.
>> BÜRGERMEISTER IN KONTAKT MIT DER KV
Bürgermeister Peter Hinze ist sehr beunruhigt, da es trotz intensivster Bemühungen Lyckos bisher nicht gelungen ist, einen Nachfolger zu finden: „Ich weiß, dass deshalb viele Emmericher Eltern Ende des Monats ein großes Problem bekommen werden. Eine Versorgung in den Nachbarstädten ist auch nicht ohne weiteres möglich, weil dort die Situation teilweise sogar noch angespannter ist“, so Hinze in einer Pressemitteilung vom Mittwochnachmittag.
Deshalb habe er sich jetzt in einem Schreiben direkt an Dr. Frank Bergmann, den Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KV NO), gewandt. Die KV NO ist zuständig für die lokale und regionale kassenärztliche Versorgung.
Bürgermeister wirbt für den Erhalt des Kassenarztsitzes
In dem Brief wies Hinze auf die schwierige kinderärztliche Versorgungssituation hin. Um punktuell für Entlastungseffekte zu sorgen und eine Zukunftsperspektive zu schaffen, bat er Dr. Bergmann, den mit der Praxis von Dr. Lycko verbundenen Kassensitz auf jeden Fall in Emmerich zu belassen.
„Nach der aktuellen Rechtslage bliebe der Kassensitz maximal sechs Monate an den Ort gebunden. Danach könnte er auch an einen anderen Ort im Kreis Kleve vergeben werden. Mir ist aber wichtig, dass etwas mehr Puffer geschaffen wird, um doch noch einen neuen Kinderarzt oder eine Kinderärztin für Emmerich zu finden. Und da ist der mögliche Kassensitz ein ganz entscheidender Faktor“, so Hinze weiter.
Gemeinsam ein Konzept realisieren
Außerdem schlägt er der KV NO eine kurzfristige Zusammenarbeit vor, um gemeinsam ein auf die gesamte Emmericher kassenärztliche Versorgung zugeschnittenes Kommunikations- und Beratungskonzept zu realisieren.
Weiterhin plant der Bürgermeister für die nächsten Wochen Gespräche mit anderen Akteuren aus der lokalen und regionalen Gesundheitslandschaft, um weitere mögliche Lösungswege auszuloten. „Auch wenn ich nach der Gesetzeslage keinen direkten Einfluss auf die medizinische Versorgungslage vor Ort habe, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, dass es Säuglingen, Kindern und Jugendlichen in Emmerich auch in Zukunft nicht an der notwendigen medizinischen Betreuung mangelt“, so Peter Hinze.