Emmerich. . Die Grünen sehen kaum Akzente in der Sozial- und Umweltpolitik im Emmericher Haushalt 2019. Deshalb lehnen sie ihn ab. Kritik am Sondervermögen.

Für die Grünen-Ratsfraktion hielt die Vorsitzende Sabine Siebers die Haushaltsrede 2019. Hier der komplette Text unter der Überschrift „Politik ist die Kunst des Machbaren“ (Zitat Otto von Bismarck):

„Politik hat geprägt zu sein von der Demut der verliehenen und geliehenen Macht, die die Bürgerinnen und Bürger uns Ratsmitgliedern auf Zeit erteilt haben. Sicher können wir stolz darauf sein, viel Geld in unsere Schulen und damit in unsere Kinder investiert zu haben. Das war machbar und damit auch enkeltauglich und positiv.

Wirkungen für Kinder, Ältere, Behinderte nicht im Blick

Unsere Fraktion denkt, dass darüber hinaus noch mehr machbar für Emmerich am Rhein wäre, wenn wir mehr Gewicht auf unsere Sozialpolitik und auf unsere Umweltpolitik legen würden. Die Sozialpolitik als Herzstück menschlichen Zusammenlebens ist ganzheitlicher anzugehen.

Bei allen anstehenden Entscheidungen, wie zum Beispiel im Ausschuss für Stadtentwicklung, sind die Auswirkungen auf Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer, Ältere und Behinderte intensiver zu berücksichtigen.

Antrag fahrradfreundliche Stadt bis jetzt nicht behandelt

Der Sozialausschuss braucht mehr Sitzungen für diese Themen und für aktuelle Entwicklungen. Die Einbindung von direkt Betroffenen und Fachpersonal im Rahmen einer Bürgerbeteiligung sollte selbstverständlich sein.

Vor diesem Hintergrund finden wir es blamabel, dass unser Antrag auf eine fahrradfreundliche und behindertengerechte Stadt, den wir im Juli 2018 gestellt haben, noch immer nicht beraten wurde! Damit müssen Rollstuhlfahrer und Senioren weiterhin auf Maßnahmen warten und fragen sich zu Recht, warum ihre Wünsche und Sorgen so wenig Gehör finden.

Sozialen Mehrwert können wir auch durch die Erhöhung der Lebensqualität, insbesondere der weniger Begüterten schaffen. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus hat hier oberste Priorität. Ein Schlüssel für eine inklusive Stadtgesellschaft ist auch bezahlbares Wohnen, das ist ein Menschenrecht!

Plan B für den Neumarkt: Wohnen für Jung und Alt

Wir könnten uns sozusagen als Plan B für den Neumarkt sehr gut ein gefördertes Wohnprojekt für junge Familien und für Senioren und Behinderte auf dem Neumarkt vorstellen. Damit könnten wir erreichen, dass wieder mehr Familien in der Innenstadt wohnen können und nicht nur in den Eigenheimen auf dem Land.

Seit Jahren fordern wir mehr Grün und Erholungsflächen in der Innenstadt, in den Stadtteilen und am Stadtrand zur Naherholung vor Ort. Gerade im letzten Jahr hat der menschengemachte Klimawandel seine negativen Auswirkungen deutlich gezeigt. Auch Emmerich am Rhein muss sich seiner Verantwortung stellen und den Klimaschutz ernsthaft umsetzen.

Nicht Klimaschutz auf die lange Bank schieben

Die Bürgerinnen und Bürger haben die immense Bedeutung längst erkannt, die die Aufrechterhaltung einer lebenswerten Umwelt für uns alle hat. Es ist wichtig, den Grünraum der Stadt zu erhalten und auszuweiten. Bäume müssen besser geschützt werden und gefällte Bäume müssen mindestens 1:1 ersetzt werden.

Klimaschutzmaßnahmen dürfen nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Wir müssen aktiver werden, die Artenvielfalt stärken und in städtischen Grünbereichen positive Beispiele für vorbildliche ökologische Gestaltung aufzeigen.

Die Grünen sorgen sich um den Wald in Emmerich

Hier hat die Stadt mit gutem Beispiel voranzugehen. Ein Wettbewerb zum Beispiel zu Artenvielfalt mit Staudenpflanzen auf städtischen Flächen oder zur Dach- und Fassadenbegrünung könnte eine tolle Signalwirkung auf den privaten Bereich haben. Auch ist es wünschenswert, wenn wir die unökologischen Steinwüsten in vielen Vorgärten unserer Stadt durch Vorgärten ersetzen, die die Insektenvielfalt fördern.

Unser Wald hat ebenfalls einen ökologischen Mehrwert. Er dient der Erholung und der Klimaverbesserung in unserer Stadt. Seit Jahren fordern wir mehr Wald und wenden uns gegen sinnloses Abholzen. Schöne alte Bäume brauchen ihre Zeit und sind nicht einfach zu kaufen und zu ersetzen. Gerade beim Kampf gegen Klimawandel brauchen wir ältere Bäume.

Hier zitiere ich gerne ein afrikanisches Sprichwort: Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren, die zweitbeste Zeit ist jetzt.

Sondervermögen: nur CDU, SPD und BGE im Beirat

Ich komme zurück auf die oben angesprochene Macht, die uns auf Zeit erteilt worden ist. Diese Macht bekamen die kleineren Fraktionen mal wieder zu spüren, als es um die Erschließungsgesellschaft Emmerich am Rhein mbH (EGE) ging, welche von den Mehrheitsfraktionen mit der Umsetzung der Maßnahmen aus der strategischen Innenstadtentwicklung beauftragt wurde.

Dem gebildeten Beirat gehören nur die CDU,SPD und BGE an. Die kleinen Fraktionen bleiben draußen. Das kann man so machen, das ist politisch legitim. Ob es politisch geschickt ist, da haben wir so unsere Zweifel.

Macht hat den Vorteil, aber auch gleichzeitig den Nachteil, dass man eine überzeugende Sachdebatte nicht führen muss. Es wird mehrheitlich entschieden, und es gibt kaum Raum für ergebnisoffene politische Diskussionen.

City: Kein gutes Signal an die Grundstückseigentümer

Jetzt wird groß proklamiert, dass die strategische Innenstadtentwicklung der große Wurf für unsere schwächelnde Innenstadt darstellt. Jedes Jahr fließen zwei Millionen, um unsere Innenstadt zu reanimieren. Wofür? Das wissen wir nicht so genau!

Wir haben keine Investoren, die in Emmerich am Rhein Schlange stehen. Wäre dies der Fall, hätten die Interessenten beim Bürgermeister sicher ein offenes Ohr gefunden, und man hätte Mittel und Wege gefunden, die Investition voranzutreiben.

Jetzt gibt es das Signal, hier gibt es ordentlich Geld. Das nährt die überzogenen Erwartungen so mancher Grundstückseigentümer in der Innenstadt. Jetzt können für viel Geld Grundstücke in der Innenstadt von der EGE gekauft werden und preiswert den Investoren angeboten werden. Angebliche Gewinne der EGE, die in den Emmericher Haushalt fließen, sind dabei kaum zu erwarten.

Die Neumarkt-Versager sollen es nun richten?

Ausgerechnet die Mehrzahl der Ratsmitglieder der Mehrheitsfraktionen, denen wir das Dilemma in der Innenstadt und die jahrelange katastrophale Entwicklung am Neumarkt zu verdanken haben und die jahrelang einem unzuverlässigen Investor die Stange gehalten haben, sitzen im Beirat der EGE und entscheiden über zehn Millionen Sondervermögen für die Innenstadt! Sorry, dafür haben wir kein Verständnis, und das lehnen wir ab.

Zusammenfassend sehen wir in dem vorgelegten Haushalt 2019 nicht genügend Perspektiven für die von mir beschriebenen umwelt-und sozialpolitischen Erfordernisse für unsere Stadt und haben kein Vertrauen in die proklamierte strategische Innenstadtentwicklung.

Abschließend möchte ich die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenberg zitieren: ‘Für das Können gibt es nur einen Beweis, das Tun.’ Dieser Beweis wurde bisher nicht erbracht. Deshalb lehnen wir den Haushalt 2019 ab.“