Emmerich. . Nachfahren der Familie Gompertz, die bis Ende der 1930er-Jahre auf der Steinstraße ein Schuhgeschäft betrieben, besuchten erstmals Emmerich.

Bradley Richard Rubin trägt seinen zweiten Vornamen in Erinnerung an seinen Ur-Großvater. Richard Gompertz stammt aus der ältesten mit einem Stammbaum nachweisbaren Familie Emmerichs. „Mein Ur-Großvater ist ein paar Jahre vor meiner Geburt gestorben und in jüdischen Familien hat es Tradition, dass dann der Name zur Erinnerung weitergegeben wird“, erklärt der 35-jährige US-Amerikaner, der jetzt zum ersten Mal mit seiner Frau Nancy und Sohn Sage die Heimat seiner Vorfahren besuchte.

Oma Hedwig lebt bei Miami

Dazu gehörte auch der Gang zum Haus Steinstraße 1, wo die Gompertz bis Ende der 1930er-Jahre ein Schuhgeschäft betrieben. Über das Geschäft hat Brad Rubin von seiner Oma Hedwig gehört, die 1930 in Emmerich das Licht der Welt erblickte und heute in der Nähe von Miami lebt. Den Holocaust überlebte Hedwig mit ihren Eltern, da ihnen 1939 doch noch die Flucht in die USA gelang. Einen Besuch in ihrer Geburtsstadt lehnte sie fortan ab. „Emmerich gehört zu einem Kapitel ihres Lebens, mit dem sie abgeschlossen hat“, erklärt Nancy Hite-Rubin. „Sie freut sich aber, dass wir jetzt hier sind und möchte sich dann auch die Bilder anschauen.“

Pro Kultur versucht Erinnerung dauerhaft zu bewahren

Der Stoplerstein für Hedwig Gompertz, die heute in der Nähe von Miami lebt.
Der Stoplerstein für Hedwig Gompertz, die heute in der Nähe von Miami lebt. © Thorsten Lindekamp

Dass die Rubins von Boston nach Emmerich gekommen sind, freut auch die Mitglieder der Bürgeraktion Pro Kultur. „Unser Anliegen ist es, die Erinnerung an die jüdischen Familien dauerhaft zu bewahren“, sagt dann auch Vorsitzende Irene Möllenbeck. „Emmerich verfügt über eine über 600-jährige Geschichte mit jüdischen Familien. Es freut uns sehr, wenn sich Nachfahren dieser jüdischen Familien dann für die Heimatstadt interessieren, und das aus eigenem Antrieb.“

Es liegen Stolpersteine vor dem ehemaligen Geschäft

Durch die Stolpersteine vor dem ehemaligen Geschäft der Gompertz’ ist auch Brad Rubin auf diese Seite seiner Familiengeschichte aufmerksam geworden. Denn sein Urgroßvater Richard Gompertz heiratete seine Frau Martha, die eine geborene Einstein war. Eine Internet-Suchmaschine lieferte dann die entsprechenden Treffer.

Großmutter wollte aus Emmerich nicht weg

Auch wenn seine Großmutter nicht viel über die Zeit in Emmerich spricht,

© Thorsten Lindekamp

weiß Brad Rubin, dass sie und ihre Eltern eigentlich nicht weg wollten. Als sie sich dann doch zur Flucht entschlossen hatten, waren die Grenzen bereits geschlossen und über einen Schleichweg verließen sie das Deutsche Reich, um die Überfahrt in die neue Welt anzutreten.

Studium der Chemie

Hedwig Gompertz studierte in der neuen Heimat dann als eine der ersten Frauen Chemie. Als ihr Enkel Brad seine Frau Nancy heiratete überraschte sie dann doch die Familie. Denn Nancy Hite-Rubin wurde in Kaiserslautern geboren und hat eine deutsche Mutter. Zur Hochzeit nach Texas kamen dann auch einige Verwandte aus Deutschland. „Ich wusste nicht, dass Hedi, wie sie in der Familie genannt wird, noch so gut Deutsch spricht“, so Nancy Hite-Rubin.

<<<JÜDISCHER KULTURRAUM IM PAN

Die Bürgeraktion Pro Kultur wird einen jüdischen Kulturraum im PAN Kunstforum einrichten. Das Archiv vom 2016 verstorbenen Herbert Schüürman, der das jüdische Leben in Emmerich erforscht hatte und viele persönliche Kontakte pflegte, wird nun im Januar in einen der beiden Räume eingelagert.

Am Freitag, 7. Juni, wird dann der Kulturraum eröffnet. Neben dem Schüürman-Archiv soll das jüdische Leben in Emmerich anhand zweier Familien exemplarisch dargestellt werden. Neben Familie Gompertz wird dies noch die Familie Nathan sein. Auch Nachfahren der Nathans besuchten schon Emmerich.